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Interview mit Jochen Grönegräs

Kommen nun bessere Zeiten?

Glaswelt – Herr Grönegräs, können jetzt die Flachglasveredler wieder aufatmen?

Jochen Grönegräs – Die Mengenentwicklung in Summe ist positiv; darin sind wir mit dem BV Glas einig. Der Baumarkt in Deutschland ist in Europa eine Insel der Seligen. Die energetische Sanierung und die einschlägigen Förderprogramme tragen dazu bei. Die Mengenentwicklung ist insgesamt positiv; darin sind wir mit dem BV Glas einig. Die Mengenentwicklung alleine sagt aber nichts über die Ertragslage aus und auch nichts darüber, wo die Unternehmen sitzen, die diese Mengen produzieren. Die Branche sieht sich in der nächsten Zeit sicher mit einigen Herausforderungen konfrontiert – wachsender Wettbewerb aus dem EU-Binnenmarkt auf der einen und eine zunehmende bauaufsichtliche Regelungsdichte auf der anderen Seite.

Glaswelt – Wie kommt es, dass die Zahlen des BF von denen des BV Glas abweichen?

Grönegräs – Der BV Glas folgt eng den Daten des statistischen Bundesamtes. Wir haben eigene Zahlen durch ein erfahrenes Marktforschungs-Institut erheben zu lassen, da wir erstens eine Einteilung in unsere eigenen Produktkategorien wollten und zweitens das Problem sahen, dass viele (kleinere) Hersteller möglicherweise ihre Zahlen nicht korrekt für die offizielle Statistik melden. Wir stimmen uns aber eng mit den Kollegen vom BV Glas ab und kommen immer wieder zum Ergebnis, dass unsere Zahlen, wenn man diese Faktoren berücksichtigt, gut zusammen passen.

Glaswelt – Warum ist die DIN 18008 heute das brennende Thema für die Glasverarbeiter?

Grönegräs – Die DIN 18008 ist in neun Bundesländern als technische Baubestimmung eingeführt. Sie macht Vorgaben für die Glasdimensionierung, hat also weitreichenden Einfluss auf die tägliche Arbeit unserer Mitglieder. Glaslieferanten müssen sich damit befassen – und Fensterlieferanten auch, denn diese schulden ihren Kunden ein Fenster mit korrekt bemessenem Glas.

Wir arbeiten in enger Abstimmung mit unseren Mitgliedern im Normenausschuss und informieren über die Auswirkungen der Norm. Wir positionieren uns aber nicht mit einer Haltung der Totalverweigerung, obwohl manch einer das gerne sähe – frei nach: Es ging doch immer gut, wenn man nach „Erfahrungswerten“ dimensioniert hat, wir brauchen keine neuen Anforderungen.

Ich kann auf der einen Seite jeden Glaslieferanten gut verstehen, der unter der Last zunehmender Anforderungen stöhnt – erst Bauregelliste und Leistungserklärung und jetzt auch noch 18008. Aber ich bin überzeugt, dass wir den Zug der Zeit hier nicht aufhalten werden und das auch gar nicht versuchen sollten. Es ist der Branche in den letzten Jahren gelungen, dem Produkt Glas neue Anwendungsbereiche zu erobern und seinen Stellenwert im Bau erheblich zu steigern, was ich für einen großen Erfolg halte. Dann darf man sich aber nicht wundern, wenn an das Produkt auch moderne Maßstäbe angelegt werden.

Glaswelt – Wie geht es zusammen, dass häufig Aussagen kommen – auch vom BF – mit der neuen Glas-DIN ändere sich kaum etwas. Warum wurde an dieser Norm dann 14 Jahre gearbeitet?

Grönegräs – Es wird von Marktteilnehmern manchmal etwas undifferenziert behauptet, dass jetzt auf einmal jede Scheibe dimensioniert werden müsse und man das gar nicht leisten könne oder dass jetzt plötzlich alle Gläser dicker würden. Hier sagen wir: Da hat sich nicht so viel geändert. Auch bislang konnte man nicht machen, was man wollte. Vielleicht war es vielen nicht bewusst, dass sie ihre Scheiben korrekt dimensionieren mussten. Dass solange an der Norm gearbeitet wurde liegt daran, dass europäisch einheitliche Bemessungsregeln nach dem semiprobabilistischen Sicherheitskonzept des Eurocodes entwickelt werden mussten. Jetzt werden die Auswirkungen klar, und in einigen Fällen müssen Scheiben tatsächlich entweder dicker oder vorgespannt werden. Im Normenausschuss wird mit unserer Beteiligung diskutiert, wie man mit dieser Erkenntnis weiter umgeht. Die bekannten Nachweiserleichterungen, z. B. für kleinere Abmessungen, gelten unverändert wie bisher: Für eine fachlich korrekte Ausführung haftet der Anbieter natürlich trotzdem.

Glaswelt – Die Anforderungen der Fensterbauer an ISO steigen, dazu kommen unterschiedliche Toleranzen, die beim Glas höher sind als im Fenster- /Fassadenbau, wie steht der BF dazu?

Grönegräs – Allgemein gesagt kann man höhere Ansprüche ja ruhig haben, so lange man bereit ist, höhere Preise dafür zu bezahlen – aber Preise sind ausdrücklich nicht unser Thema als Verband. Toleranzen kann man als Verband normativ mit gestalten – etwa die Dickentoleranzen für Isolierglas in der EN 1279.

Glaswelt – Was erwartet die Besucher Ihres „Glaskongresses 2015“ Ende April, worauf können sich diese besonders freuen?

Grönegräs – Wir sind diesmal in Braunschweig, und ich kann versichern: Auch da ist es schön! Mit auf dem Programm stehen die wirtschaftliche Rahmendaten ebenso wie konkrete Produktentwicklungen und Forschungsprojekte, die der BF initiiert hat. Ich persönlich bin auch gespannt auf die Diskussion mit Professor Christian Niemöller (SMNG) zum Thema „Glaslieferant und Kunde – gemeinsame Interessen oder natürlicher Interessenkonflikt?“, wobei Professor Niemöller ja eher als Anwalt des VFF bekannt ist.—

Die Fragen stellte Matthias Rehberger

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