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Was nicht in der GLas-DIN steht (Teil 03)

Was tun bei speziellen Einbaubedingungen?

_ Bereits bei der Anwendung der bisherigen abweichenden Einbaubedingungen von MIG nach TRLV/DIN 18008 stößt man bei der Bemessung schnell an Grenzen: In welche Absorptionsklasse gehört ein 3-fach-ISO? Wird dabei der Einfluss der Mittelscheibe oder Sonnenschutzbeschichtungen berücksichtigt? So einfach und allgemein wie bis dahin können diese Fragen nicht beantwortet werden. Weiter müssen viele Einbausituationen genauer betrachtet werden, da sie sich auch gegenseitig beeinflussen können.

So kommt es z. B. in Glasfassaden, die als DHF ausgebildet sind, leicht zu sommerlichen Überhitzungen bzw. zu sehr warmen Abluftströmen. Auch der Einfluss von Sonnenschutzvorrichtungen wurde bisher oft nicht berücksichtigt. Obwohl diese meist außen liegend sind, können sie je nach Eigenschaft und Konstruktion zu höheren Temperaturen im Isolierglas führen. Dies lässt den Schluss zu, dass eigentlich die meisten Einbaubedingungen als abweichend/speziell gelten.

Gesamtabsorption und Glasaufbau

Bei den Absorptionsklassen nach TRLV ( 50 %) ist teilweise unklar, wo ein MIG einzureihen ist. Die 30 % entsprechen bei einem 2-fach-ISO ca. 2 x 10 mm Floatglas, ein 3-fach-ISO erreicht diese Grenze etwa mit 3 x 5 mm Floatglas. In [1] wurde festgehalten, dass bei 3-fach-ISO insbesondere die Mittelscheibe für die Erwärmung verantwortlich ist. Dies macht eine Einreihung anhand der Absorption nahezu unmöglich. Erschwerend wirken auch Sonnenschutzbeschichtungen, welche den Solareintrag zwar reduzieren, die Gesamtabsorption aber erhöhen.

Die durchgeführten Studien zeigen, dass die Einteilung nach der Gesamtabsorption für 2-fach-ISO durchaus zielführend ist, bei 3-fach-ISO aber gänzlich versagt. Mit der dominierenden Absorption der Mittelscheibe am 3-fach-ISO gemäß [1] ist eine klarere Klassifizierung anhand der Mittelscheibendicken möglich. Weitere Einflüsse wie z. B. Sonnenschutz-Beschichtungen lassen sich, sofern Sie die Aufheizung beeinflussen, bequem über Korrekturfaktoren berücksichtigen.

Blendschutz

In [2] wurde der Einfluss von Blendschutzvorrichtungen angeschnitten. Bereits die TRLV gibt Korrekturfaktoren für die stärkere Erwärmung des MIG in Verbindung mit innen liegenden Sonnenschutzvorrichtungen an. Aus den zugänglichen Daten kann nicht eindeutig bestimmt werden, welche Eigenschaften für die Berechnungen der TRLV verwendet wurden. Dabei ist Blendschutz nicht gleich Blendschutz und auch, ob es sich um eine Kombination mit 2-fach-ISO oder 3-fach-ISO handelt, macht einen Unterschied. Dazu werden Temperaturprofile von Blendschutzvorrichtungen in Kombination mit MIG berechnet wie in Bild 01 dargestellt. Die strahlungsphysikalischen Eigenschaften sind gemäß [3] für mittel lichtdurchlässige ( = 20%) Sonnenschutzeinrichtungen in Weiß und Dunkel berücksichtigt.

Bei einem 2-fach-ISO 4-14-4 steigen die Temperaturen im SZR von weißem zu dunklem Farbton leicht. Von den ursprünglichen 35 °C im SZR ohne Blendschutz sind +7 bzw. +8 K Erwärmung zu erwarten. Am 3-fach-ISO steigen die Temperaturen von 55 / 58 °C ohne Blendschutz um bis zu + 6 / 11 K. Hier zeigt sich aber bereits ein wesentlicher Unterschied zwischen 2-fach-ISO und 3-fach-ISO.

Während beim 2-fach-ISO die Gastemperaturen von hellem zu dunklem Blendschutz steigen, verhält es sich beim 3-fach-ISO gegensätzlich! Aufgrund der höheren Reflexion der weißen Oberfläche wird mehr Strahlung auf das 3-fach-ISO und insbesondere die Mittelscheibe zurückgeworfen. Diese reflektierte Strahlung führt zu einer stärkeren Erwärmung der Mittelscheibe und SZR.

Doppelhautfassade

Der Einfluss von Doppelhautfassade (DHF) auf die Klimalast von MIG wurde bisher noch kaum berücksichtigt. Dies obwohl die erhöhten thermischen Belastungen auf die übrige Konstruktion und den Innenraum seit Längerem auch mit CFD-Simulationen geprüft werden. Neben den herkömmlichen, natürlich belüfteten DHF, werden seit einiger Zeit auch unbelüftete DHF eingesetzt. Dabei baut man, ähnlich wie beim Wechsel von 2-fach-ISO auf 3-fach-ISO, einen zusätzlichen isolierten Strahlungsabsorber in die Fassade ein.

Auf Bild 02 und 03 erkennt man eine deutliche Tendenz zu höheren Temperaturen von einschichtiger über zweischichtige zur zweischichtig geschlossenen Fassade. Dabei lässt sich auch hier feststellen, dass das 3-fach-ISO deutlich stärker reagiert als eine 2-fach-Einheit. Während sich das 2-fach-ISO insgesamt um 8 K erwärmt, sind es am 3-fach-ISO satte 14 K im äußeren SZR. Dabei wechselt die Richtung des Temperaturgefälles von 3 K nach außen zu 9 K nach innen.

Außen liegender Sonnenschutz

Auch der außenliegende Sonnenschutz ist in [2] erwähnt. Im Beispiel einer einschichtigen Fassade mit außen liegendem Sonnenschutz wurde auf das Temperaturgefälle im 3-fach-ISO hingewiesen. Die Verwendung des Sonnenschutzes führte dabei zu geringeren Temperaturen in den SZR. Dies ist aber nur die halbe Wahrheit, je nach Eigenschaften und Konstruktion kann auch eine zusätzliche Erwärmung herbeigeführt werden.

Bild 04 zeigt, dass ein Sonnenschutz in einer DHF sehr heiß werden kann. Dies führt zu höheren Temperaturen der Lufträume und des äußeren SZR. Mit ansteigender Temperatur steigt auch das Temperaturgefälle zwischen den beiden SZR.

Während ein äußerer Sonnenschutz bei einer einschichtigen Fassade das MIG thermisch entlastet, führt er in einer Doppelhautfassade zu einer deutlich höheren thermischen Belastung. Dies zeigt deutlich, dass die Einbausituation nicht nur von Ort und Ausrichtung, sondern auch stark von der Fassadenkonstruktion abhängig ist.

Randverbund

Neben all den Auswirkungen, welche die Einbausituation und die Temperatur auf das statische System des MIG haben, wird auch der Randverbund stärker belastet. Bisher wurde dessen Belastung bei einem 3-fach-ISO oft mit der eines 2-fach-ISO unter TRLV-Bedingungen verglichen [4]. Steigende Temperaturen und Klimalasten gefährden die Stabilität und Dauerhaftigkeit des Randverbunds. Zudem sind Temperaturen über 70 °C für das Butyl bedrohliche Werte. Für Fachplaner wurden die erforderlichen Nachweise mit der Einführung der DIN 18008 umfangreicher, gerade bei 3-fach-ISO mit maßgebender Klimalast werden die Nachweise schwieriger.

Mit den in dieser Artikelreihe vorgestellten höheren Temperaturen bei 3-fach-ISO wird diese Problematik nochmals verschärft.

Das Fazit der Autoren

Aus den Beispielen in [2] ist ersichtlich, dass die Spannungen im 3-fach-ISO mit Klimalast nach DIN 18008 inklusive Sicherheitsfaktoren etwa gleich hoch sind wie jene, die mit den höheren Temperaturen ohne Sicherheitsfaktoren berechnet werden.

Dies zeigt, dass Schäden bzw. Reklamationen bei 3-fach-ISO nur eine Frage der Zeit sind, da die Sicherheitsmarge erschöpft ist [5].

Die Klimalastbemessung aus der TRLV war anwenderfreundlich und für den eingeschränkten Anwendungsbereich durchaus korrekt, kann aber die Komplexität von 3-fach-ISO und der breiteren Anwendung nicht mehr abbilden. Nach TRLV wurden Standard 2-fach-ISO mit dünnen Scheiben in Bezug auf Klimalasten bisher eher überdimensioniert, im Gegenzug werden 3-fach-ISO nun rechnerisch bis an die Materialgrenzen belastet. Es lohnt sich also durchaus, die örtlichen Gegebenheiten und konstruktiven Randbedingungen bei der Bemessung von MIG zu berücksichtigen.

Es wurde bereits darüber diskutiert, ob Klimalasten mit dem semi-probabilistischen Konzept der DIN 18008 nun zu streng bewertet werden und tiefere Sicherheitsfaktoren sinnvoll wären [5].

Der Normenentwurf prEN 13830 für Vorhangfassaden beinhaltet den Vorschlag, die bisherigen Sicherheitsfaktoren von 1.35 und 1.5 für die Vorhangfassadenstruktur und Ausfachungen zu reduzieren. Auf der Materialseite könnte der kmod und somit der Materialwiderstand für Klimaeinflüsse erhöht werden, dieser ist nach DIN 18008 mit der Einwirkungsdauer von Schneelasten gleichgestellt.

Die Temperaturveränderung ist bereits nach TRLV der dominierende Anteil unter den Klimalasten. Da die Übertemperatur der SZR zur umgebenden Luft vereinfacht linear von der Strahlungsintensität abhängt, würde der Faktor 1.5 auch etwa die 1,5-fache Strahlungsintensität bedeuten.

Eine solche Abweichung ist physikalisch kaum vorstellbar. So ist es gerade bei den sommerlichen Temperaturen sinnvoll, eine Reduktion des Lastsicherheitsbeiwerts in Betracht zu ziehen.—

Literatur

[1] Wüest, T., Luible A.: Was nicht in der DIN 18008 steht. GLASWELT 5/2015, Seite 90–92

[2] Wüest, T., Luible A.: Kräfte aus dem Lot. GLASWELT 6/2015, Seite 94–96

[3] EN 13363: Sonnenschutzeinrichtungen in Kombination mit Verglasungen – Berechnung der Solarstrahlung und des Lichttransmissionsgrades. Teil 1: Vereinfachtes Verfahren. Anhang A. September 2007.

[4] Feldmeier, Franz, Hart im Nehmen, GLASWELT 01/2013, Seite 22

[5] Rehberger M., Reick. M.: DIN 18008: Mehr Leid als Freud? GLASWELT-Newsletter 3b-2015

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