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Digitales Bauen (Teil 2): neue Anforderungen an Metall-, Glas und Fensterbauer

Der Handwerker muss BIM können

_ Das digitale Bauen im Hinblick auf den Fassadenmarkt erfordert für den Handwerker zum einen das Aufrüsten mit leistungsfähigen Computersystemen. Zum anderen werden diese Investitionen durch die Neueinstellung von Fachkräften als Bediener der BIM-Software begleitet werden müssen, oder alternativ müssen vorhandene Mitarbeiter im Arbeiten mit BIM geschult oder Fachkräfte (Azubis) entsprechend ausgebildet werden.

Im jetzt einsetzenden Zeitalter des digital vernetzten Bauens sollten die Verarbeitungsbetriebe dringend ihre gesamten Anforderungsprofile an (zukünftige) Mitarbeiter überdenken und ggf. entsprechend anpassen.

Dabei spielen sekundäre Ausbildungsebenen sowie Hochschulausbildungen eine entscheidende Rolle. Die Anpassung bestehender Ausbildungssysteme sowie das Schaffen neuer Aus- und Fortbildungen beleuchtet der folgende Beitrag.

BIM-Anforderungen formen die Ausbildungsziele neu

Die Anforderung an eine Arbeitsstelle im Segment Fassade baut in der Regel auf einer Grundausbildung des Bewerbers auf. Diese Ausbildung ist im deutschsprachigen Raum teils sehr unterschiedlich. Im sekundären Bildungsbereich (Berufsschulbereich) ist das wie folgt (vereinfacht):

  • Deutschland mit Fachschulen für Metall-, Glas- und Fensterbau
  • Österreich mit der Höheren Technischen Lehranstalt (HTL), spezialisiert auf Metall und Glasbau
  • Schweiz mit Techniker Ausbildung HF im Bereich Metall und/oder Fenster-/Fassadenbau.

Das vorrangige Ausbildungsziel, die Ausbildung eines technischen Angestellten in seiner Fachrichtung als Einstieg in das Berufsleben, kann trotz der verschiedenen Bezeichnungen der Lehranstalten als gleich angenommen werden.

Neben einer fundierten technischen Ausbildung sind zudem kaufmännische Grundlagen ein Schwerpunkt in diesen Ausbildungszweigen.

Das Planen von Konstruktionen nimmt bis dato nur einen sehr geringen Teil im Stundenplan ein. Dies spiegelt sich ebenfalls in Stellenbeschreibungen von offenen Stellen wider. Das bedeutet, abhängig vom Einsatzgebiet müssen Absolventen meist nur grundlegende Planungskenntnisse nachweisen.

Für das Arbeiten mit 3D-Modellen muss der Konstrukteur jedoch ein umfassendes Grundverständnis für eine softwarebasierte Planung mitbringen.

Diese Anforderung liegt im Prinzip des BIM: Früher wurde eine Planung bzw. ein Plan zur Freigabe der verantwortlichen Stelle(n) abgegeben und im Anschluss korrigiert. Übersehene Fehler in der Planung, die in der Ausführung zutage kommen beschränkten sich meist lokal auf den Einbauort.

Bei BIM ist das anders: Geschieht ein Fehler im Ablauf einer BIM Planung oder im Bauprozess und wird nicht erkannt, so wird aufgrund der digitalen Vernetzung des 3D-Plans an dem alle gemeinsam arbeiten, der Fehler auch an andere Gewerke kommuniziert und weitergegeben.

Unterm Strich bedeutet dies, dass der Planer auch ein Verständnis dafür entwickeln muss, was das System BIM im Planungsprozess für Auswirkungen für die beteiligten Handwerker hat.

Partnerschaft statt Vorherrschaft

Die Auswirkungen auf Subsphären (alle neben dem Planer beteiligten Gewerke und Fachkräfte) ist ein Schlüsselthema bei BIM. Das vernetzte Arbeiten aller am Bau Beteiligten ist damit auch ein Hauptfaktor auf allen Ebenen der Ausbildung (Uni, FH, Fachschulen).

Das Umdenken der Projektbeteiligten, die unverzichtbare partnerschaftliche Zusammenarbeit bei der Errichtung eines Gebäudes, muss gerade in der Baubranche ebenfalls „gelehrt“ werden.

Auch die Konstruktionsmitarbeiter aus der Fertigung wandern so in Zukunft mehr ins operative Geschäft, als das bisher in der konventionellen Planung der Fall ist. Der Einsatz im operativen Bereich erfordert damit auch von den Konstrukteuren im Handwerk weitere Qualitäten, wie Verhandlungsgeschick und betriebswirtschaftliche Kenntnisse

Neben der Ausbildung in den Berufsschulen muss auch die Universitätsausbildung im Bauingenieurwesen auf die Digitalisierung des Bauens reagieren. Schon jetzt gibt es spezialisierte Hochschulstudiengänge, die sich dem Fassadenbau annehmen. Solche Studiengänge werden in Zukunft gefordert sein, den späteren Fach- und Führungskräften das Know-how für BIM und weiter für die gesamte Digitalisierung der Bauausführung (Industrie 4.0) zu vermitteln.

Erste Ansätze findet man in der Schweiz an der Fachhochschule Muttenz (für Bau und Projektmanagement) durch einen Masterstudiengang Digitales Bauen („BIM Engineering“).

Die Stellenanforderung für Mitarbeiter ist neu zu definieren

Zurück zur den eingangs genannten Stellenbeschreibungen, die sich aufgrund der wandelnden Anforderungen an künftige Bewerber wie folgt anpassen müssen. Der „klassische“ Techniker muss aufgrund der Berührungspunkte mit anderen Baubeteiligten über ein breiteres (Projekt-)Wissen verfügen als bisher. Neben dem technischen Verständnis wird vor allem ökonomisches und informatives Know-how gefragt. Zusammenfassend können folgende Skills in Zukunft als wichtig erachtet werden:

  • Technisches Fach-Know-how (Glas, Metall)
  • Spezialisierung im Einsatzgebiet ( Planung, Statik, Ausführung, Kalkulation)
  • betriebswirtschaftliche Grundkenntnisse in der Kalkulation von Bauprojekten
  • CAD Kenntnisse
  • BIM Kenntnisse insbesondere in Bezug auf Kosten, Einsatz und Nutzen (des Gewerks)

Eines der Ziele des digitalen Bauen nach BIM ist die Arbeitserleichterung für die einzelnen Gewerke. Basis dafür ist z. B. das direkte Einspielen von Plänen in die Fertigungsbetriebe (Metall-, Glas- und Fensterbau). Das bedingt, dass eben auch die Bediener fit im Verständnis von BIM Systemen und im Umgang damit sein müssen. Weiteres Kernziel in der Anwendung von BIM ist es den Datenaustausch sicherer zu machen.

Auch die Berufsschulen müssen sich anpassen

Dass wir uns in der Bauwirtschaft bereits in einer digitalen „ Wende“ befinden, ist unbestritten.

Auch die Ausbildungsstätten müssen auf diesen Zug aufspringen. Wird BIM heute noch als Pilotprojekt propagiert, so muss es bald das Ziel sein, das „Digitale Bauen“ flächendeckend in die Breitenausbildung einzugliedern.

Ziel sollte es sein Spezialisten auszubilden, die in ihrem Arbeitsfeld als Generalisten funktionieren können, da das System des digitalen Bauens auch weite Teile der Bauausführung umspannt und alle beteiligten Gewerke betrifft.

Das bedeutet, dass der Spezialist „Metallbauer“ für seine zukünftige Arbeit in der Lage sein muss, notwendiges Wissen aus vielen Spezialsparten zu ziehen. Neben der technischen Erstellung eines Gebäudes oder einer Fassade sind zudem vor allem auch die Steuerung von Kosten und Terminen zentrale Themen, die mit BIM zu bewerkstelligen sind.

Dazu zählt u. a. die Kalkulation der (eigenen) Bauleistung basierend auf einem digitalen Modell sowie die Nachführung und die Kontrolle von Terminen anhand des 3D-Modells (und dessen Fortschritt). Auch hier muss der Metallbau- oder Glasbaukonstrukteur fit sein und schließt zudem die Prüfung und das frühzeitige Erkennen von Planungsfehlern mit ein.

Kritisch betrachtet kann man abschließend sagen, dass gegenüber den Aktivitäten der Hochschulen leider der sekundäre Ausbildungsbereich, also die Berufsschulen, immer noch hinterherhinken. Das Einbinden von Spezialisierungen, wie IT, Digitale Planung und geschäftliche Prozesse, muss hier viel stärker gelehrt werden. Wobei neben Vertiefungen BIM auch genügend Stoff für ein neues Lehrfach bietet.

Und die Schwierigkeit der Ausbildungsstätten sowie auch der Betriebe liegt sicherlich im Auffinden geeigneter Fachkräfte, die in der Lage sind, für die Azubis und Mitarbeiter das notwendige Wissen rund um das digitale Bauen zu vermitteln und dieses dynamisch an die aktuellen Entwicklungen anzupassen. —

Der Autor

Ingenieur Florian Wochel ist für die Schweizer Caretta + Weidmann Baumanagement AG tätig

www.caretta-weidmann.ch

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