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Interview mit Martin Langen

Nicht nur in Deutschland stehen die Zeichen auf Wachstum

Glaswelt – Herr Langen, wie schätzen Sie für 2016 die Entwicklung in der Baubranche in Deutschland und in Europa ein?

Martin Langen – In vielen Großstädten sind die Preise für Wohnungen in Innenstadtlagen stark gestiegen, wodurch in Randlagen und im Umland die Nachfrage wächst. Dort belebt sich der Einfamilienhausbau seit einigen Monaten verstärkt. Zudem werden sich Investoren durch die gerade beschlossenen Wohnungsfördermaßnahmen der Bundesrepublik vermehrt im Bau von Mehrfamilienhäusern engagieren.

Die B+L geht davon aus, dass in der Folge die Genehmigungen im Mehrfamilienhausbau wieder stärker steigen werden. Eine Größenordnung von 350 000 bis 400 000 Wohnungen pro Jahr, wie es als Bedarf von der Regierung immer wieder beziffert wird, scheint aus heutiger Sicht allerdings kaum erreichbar. Hierfür fehlen sowohl die Handwerkerkapazitäten als auch die Grundstücke in den Städten. Auch passen die heutigen Baukosten nicht zum notwendigen Bedarf.

Glaswelt – Und wie sieht es im Rest von Europa aus?

Langen –  Nicht nur in Deutschland stehen die Zeichen auf Wachstum. Auch in Großbritannien, den Niederlanden, Spanien, Schweden – und bald auch in Italien – legen die Bauinvestitionen zu. Ebenso entwickeln sich einige Länder in Osteuropa sehr positiv. So sind Aufwärtstrends in Ländern wie Polen, Rumänien, Ungarn, Bulgarien und auch in der Tschechischen Republik zu sehen. Wenn man ganz Osteuropa betrachtet, verhagelt allerdings Russland die Bilanz.

Glaswelt – Beeinflusst die aktuelle Flüchtlingssituation unsere Märkte?

Langen –  Ja, das tut sie, die Flüchtlingssituation und der auflebende Terror in Europa haben Auswirkungen auf die Zuversicht der Endverbraucher in Deutschland und in Österreich und drückt deren Stimmung. In beiden Ländern sank die Zuversicht im Laufe des Jahres 2015. Zum Jahresende verstärkte sich dieser Trend noch. Insbesondere für kurzfristig zu entscheidende Investitionen zum Beispiel in Renovierungsmaßnahmen wird sich diese Tendenz erfahrungsgemäß negativ auswirken.

Glaswelt – Was erwarten Sie für den deutschen Fenster- und Fassadenmarkt?

Langen – Die Nachfrage nach Fenstern wird vorerst stabil bleiben. Auch wenn die energetische Sanierung als Absatztreiber an Bedeutung verloren hat, gleicht der Neubau diese Verluste aus. Auch für Fenster gilt, dass das Einfamilienhaus (EFH) pro Einheit mehr Fenster benötigt als das Mehrfamilienhaus (MFH). Somit wirkt sich der beschriebene Anstieg des EFH-Baus positiv aus. Hinzu kommt der MFH-Bau, der nach unserer Einschätzung mindestens über die kommenden zwei Jahre positive Auswirkungen zeigen wird, allerdings eher im Standardsegment als im Premiumsegment. Ganz konkret heißt das, dass der Trend zu mehr Holz-Alu-Fenstern sich wahrscheinlich abschwächen und das PVC-Fenster wieder stärker zulegen wird.

Bei den Fassaden sehen wir, dass sich die Absatzmengen trotz Durststrecke im Nichtwohnbau-Neubau in den vergangen zwei Jahren einigermaßen halten konnten. Die Belebung im öffentlichen Bau, im Hotelbau und auch die absehbare Rückkehr des Büro- und Verwaltungsbaus lässt uns positiv in die kommenden zwei Jahre schauen.

Glaswelt – Wie beeinflusst der aktuelle Bautrend den Isolierglasmarkt, worauf müssen sich die hiesigen ISO-Hersteller einstellen?

Langen – Die generelle Absatzsituation stellt sich in 2016 und 2017 auch für ISO-Hersteller günstig dar. Doch die Fensterlieferungen aus den östlichen Nachbarländern werden weiter zunehmen. Das bedeutet einen zunehmenden Preisdruck. Als Zulieferer lohnt es deshalb, zusätzliche Services für Fensterbauer anzubieten. Weiterhin gilt natürlich auch für deutsche ISO-Hersteller: Exportchancen nutzen.

Glaswelt – Wie glauben Sie, können sich die einheimischen Hersteller gegen Importe aus Osteuropa wappnen?

Langen – Die Absatzsituation stellt sich in 2016 und 2017 günstig dar. Doch die Lieferungen aus den östlichen Nachbarländern werden wie angesprochen weiter zunehmen. Eine Chance ergibt sich aus der Tatsache, dass der Endkunde im deutschsprachigen Raum nach immer mehr Wohnkomfort strebt. Die „Erhöhung des Wohnkomforts“ wird als Entscheidungskriterium bei der Fensterrenovierung immer wichtiger. Hier können die deutschen Hersteller sowohl mit technologischen Vorteilen als auch mit perfektem Einbauservice und der regionalen Nähe punkten. Dabei sollten die Fensterverkäufer auch vor Augen haben, dass sie dabei mit Zusatzfunktionen und mit Sicherheitsprodukten beim Endkunden punkten.

Dies gilt besonders für die Zielgruppe der über 55-Jährigen, bei denen Sicherheit und Komfort in Bezug auf das Produkt und auf die Anschaffung immer wichtiger werden. —

Die Fragen stellte Matthias Rehberger.

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