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DIN 18008: Französische Balkone

10 Antworten zur Absturzsicherung aus Glas

Glaswelt – Muss für die gläserne Absturzsicherung eines Französischen Balkons eine Zustimmung im Einzelfall erwirkt werden?

Wolfgang Kahlert – Solange es sich bei der (gläsernen) Konstruktion um eine Bauart handelt, welche in der DIN 18008 geregelt ist und des Weiteren geregelte Bauprodukte verwendet werden, sind die Bauprodukte und die Bauart geregelt. Eine Zustimmung im Einzelfall muss also nicht erwirkt werden. Der Handwerker muss allerdings die in DIN 18008 aufgeführten Nachweise erbringen.

Glaswelt – Welche baurechtlichen Verwendbarkeitsnachweise sind das dann gemäß DIN 18008-4?

Kahlert – Zunächst muss in einer statischen Berechnung die Standsicherheit der Verglasung gegenüber den statischen Lasten (Wind, Holmlasten, Eigengewicht) nachgewiesen werden und dann ebenso auch die Stoßsicherheit (Pendelschlagprüfungen); das geschieht über ein allgemeines bauaufsichtliches Prüfzeugnis (abP) für die gesamte Konstruktion.

Glaswelt – Besitzen die Systemhersteller für Französische Balkone derartige abPs?

Kahlert – Ja, es sind heute einige Systeme mit abP am Markt; bei diesen werden genaue Angaben zur Ausführung der Konstruktion gemacht. Die sind dann ohne Abweichungen einzuhalten, denn sonst darf das Zeugnis nicht angewendet werden. Weicht der Handwerker von dieser Konstruktion ab, so ist ein neues abP zu erwirken bzw. eine Zustimmung im Einzelfall. Im Auge behalten sollte man dabei, dass die Kosten für ein abP inklusive der durchzuführenden Prüfungen je nach Umfang leicht die Grenze von 5000 Euro überschreiten können.

Glaswelt – Worauf muss bei einer derartigen Konstruktion besonders geachtet werden?

Kahlert – Wichtig ist insbesondere der Anschluss der Glaslagerung an die Fensterkonstruktion bzw. an den Baukörper (die Wand). Hier muss der Monteur aufpassen. Denn dabei tauchen aus konstruktiven Gründen öfters Abweichungen auf, die die Anwendbarkeit eines vorhandenen Zeugnisses nicht mehr erlauben, auch wenn möglicherweise der Glasaufbau und das Glasformat übereinstimmen.

Glaswelt – Welche Systeme empfehlen Sie?

Kahlert – Prinzipiell sind gläserne Absturzsicherungen an allen Fenstersystemen einsetzbar, ob es nun Konstruktionen aus Aluminium, Stahl oder Holz/Holz-Alu sind. Die Gläser in diesen Systemen können linienhaft oder auch nur punktuell gelagert werden; beide Konstruktionsarten liegen im Geltungsbereich der neuen Glas-DIN.

Relevant ist die entsprechende Anbindung an die Konstruktion. Denn schließlich müssen die Aufprallkräfte bei einem Pendelschlag von den Glasscheiben auch weitergeleitet werden können. Systeme, für die das notwendige allgemeine Prüfzeugnis vorliegt, haben hier natürlich einen Vorteil.

Glaswelt – Welche Größenbeschränkungen sind zu beachten?

Kahlert – Zunächst wird dies durch Festlegungen im abP geregelt. Bei großen Spannweiten ist darauf zu achten, dass aufgrund der zunehmenden Elastizität der Gläser die Verformungen zu berücksichtigen sind, um auch bei der Einwirkung statischer Lasten etwaige Berührungen mit anderen Bauteilen zu vermeiden.

Und Vorsicht: Kleine Formate sind besonders steif, hier entstehen große Reaktionskräfte an den Auflagern. Die in den abPs ausgewiesenen Minimalformate dürfen deshalb nicht unterschritten werden.

Glaswelt – Müssen in jedem Fall vorgespannte Verbundsicherheitsgläser verwendet werden ?

Kahlert – Nein, es können für die VSG-Gläser auch Standard-Floatgläser verwendet werden. Auskunft über die Zulässigkeit gibt die Nennung der geprüften Glasaufbauten im abP und die statische Berechnung, in welcher die Standsicherheit der Gläser auch immer gegenüber den statischen Lasten nachgewiesen werden muss.

Glaswelt – Wenn ein VSG aus ESG-Scheiben verwendet wird, ist dann ESG-H einzusetzen?

Kahlert – Aus baurechtlicher Sicht ist dies nicht vorgeschrieben. Hier kann ESG verwendet werden. Schließlich liegt die Wahrscheinlichkeit für das Versagen beider Scheiben einer VSG-Verglasung durch einen Spontanbruch aufgrund von NiS-Einschluss innerhalb eines Zeitraumes von z. B. 14 Tagen deutlich unterhalb des üblicherweise im Bauwesen zulässigen Versagensniveaus. Egal, ob ESG oder ESG-H verwendet werden soll, eine entsprechende Information und Abstimmung mit dem Bauherren sollte immer erfolgen, auch um seiner Hinweispflicht genüge zu tun – auch hinsichtlich der aktuellen Rechtsprechung zu ESG/ESG-H.

Glaswelt – Ist in jedem Fall an der oberen Glaskante der Absturzsicherung ein Kantenschutzprofil erforderlich?

Kahlert – Bei Linienlagerung und Lagerung über Randklemmhalter müssen alle Kanten, die einen größeren Abstand als 30 mm zu Nachbarbauteilen oder Glasscheiben aufweisen durch ein Kantenschutzprofil geschützt werden. Das trifft auch auf die obere horizontale Glaskante einer Absturzsicherung an einem französischen Balkon zu. Hier ist also ein Kantenschutzprofil erforderlich. Das Profil hat übrigens auch einen positiven Schutz-Effekt gegen die Wassereinwirkung auf die Verbundfolie an der oberen horizontalen Kante des Verbundsicherheitsglases.

Und es gibt eine Ausnahme: Bei gemäß DIN 18008-3 durch Tellerhalter punktgelagerten Gläsern (über Lochbohrungen) ist kein Kantenschutz vorgeschrieben. Hier geht man davon aus, dass auch im Versagensfall von beiden Scheiben eines VSG ausreichende Restsicherheit gegen Herausreißen aus den Halterungen gegeben ist.

Glaswelt – Wie sieht es mit bestehenden Prüfzeugnissen aus, behalten bestehende abPs (d. h. vor Einführung der DIN 18008) ihre Gültigkeit?

Kahlert – Sofern die Geltungsdauer eines allgemeinen bauaufsichtlichen Prüfzeugnisses nicht überschritten ist, behalten diese ihre Gültigkeit, auch wenn sich das abP im Wortlaut noch auf die früher geltende TRAV bezieht (die durch die DIN 18008-4 ersetzt wurde).

Die Fragen stellte Matthias Rehberger.—

Weiterbildung für Glasbauer

In Haltern am See in der „Glashütte“ hat das erste Schulungszentrum für konstruktiven Glasbau seinen Sitz. Leiter ist Wolfgang Kahlert, Geschäftsführer der Glas Statik Konstruktion GmbH. Den Ausschlag für die Gründung und den Aufbau des Instituts gab die Einführung der neuen Glasnorm DIN 18008, so der Diplom-Physiker Kahlert gegenüber der GLASWELT:.

Die neue Glas-DIN sorgte (und sorgt) für Verunsicherung in der Branche und die Verarbeiter hatten einen entsprechend hohen Informationsbedarf.

Um den vielfältigen und vor allem massiv wachsenden Anfragen gerecht zu werden, gründete Kahlert das Schulungszentrum. Bei den Weiterbildungsangeboten steht der Praxisbezug im Vordergrund, auch wenn es nach den Worten des Leiters ganz ohne Theorie nicht geht.

Das aktuelle Schulungsprogramm 2016 informiert über die DIN 18008. Dazu kommen eine Reihe von Weiterbildungs- und Aufbaukursen für Glasprofis, die harte Fakten über den Werkstoff und eine fachgerechte Anwendung vermitteln. Dabei stehen bauphysikalische Aspekte im Fokus, ebenso das Konstruieren mit Glas sowie baurechtliche Fragestellungen in Bezug auf Glasbemessung und Glasbau.

www.gsk-gmbh.com

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