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Bewegt sich das R+S Handwerk im rechtsunsicheren Raum

Muss ich oder muss ich nicht?

_ Eigentlich sah alles ganz normal aus, als die beiden das R+S Handwerk betreffenden Produktnormen EN 13561 (Markisen) und EN 13659 (Rollladen/Raffstoren) am 15. Januar 2016 im europäischen Amtsblatt veröffentlicht wurden. Nach genauer Prüfung zeigt sich, dass beide Produktnormen im Bereich der Maschinenrichtlinie schon im Official Journal of the European Union (OJEU) veröffentlicht worden sind. Daraus folgt, dass für motorisierte Produkte die Konformitätserklärung spätestens ab März 2017 nach „neuen“ Produktnormen (EN 13659:2015, EN 13561:2015) zu erfolgen hat.

Die Problematik der Bauproduktenverordnung

Auch wenn es im ersten Moment widersinnig scheint, ist aber nach Stand vom 28. April 2016 im Bereich der Bauproduktenverordnung keine Veröffentlichung erfolgt, denn die zuständige Kommission hat mittlerweile beide Normen zurückgewiesen und wurden somit nicht im Official Journal of the European Union (OJEU) veröffentlicht.

Für die Hersteller der betroffenen Produkte bedeutet das im Klartext, dass eine Verwendung der „neuen“ Produktnormen (EN 13659:2015, EN 13561:2015) für die Leistungserklärung sowie die Kennzeichnung nach Bauproduktenverordnung nicht erfolgen darf.

Verschoben ist nicht aufgehoben

Da es momentan noch nicht absehbar ist , wann eine Veröffentlichung im OJEU unter Bauproduktenverordnung erfolgen wird, weil z. B. auch die Windklassen bei Markisen in Frage gestellt werden, sollte nach heutiger Sicht davon ausgegangen werden, dass eine Veröffentlichung im OJEU und damit der Beginn der zwölfmonatigen Übergangsfrist optimistisch gesehen nicht vor Herbst 2016 erfolgen wird. „Aus der jetzigen Betrachtungsweise muss davon ausgegangen werden, dass auch im Jahre 2017 die allgemeinen technischen Unterlagen auf dem alten Stand bleiben sollten“, so der technische Koordinator Martin Bürgel des Industrieverbandes Technische Textilien – Rollladen – Sonnenschutz (ITRS). Das Normungsgremium (TC 33) hat am 31. Mai 2016 ein Treffen mit den zuständigen Kommissionsvertretern angesetzt, um diesen Sachverhalt zu klären und einen möglichen Zeitrahmen für eine Veröffentlichung zu erhalten. Ein weiteres Ziel ist es, eine zeitgleiche Veröffentlichung der beiden Produktnormen zu erreichen, um den Umstellungsaufwand sowie Verunsicherungen auf Seiten der Industrie und des Fachhandels zu minimieren.

„Die Hersteller sollten deshalb zur Kennzeichnung unter der Bauproduktenverordnung weiterhin ausschließlich den Normenstand DIN EN 13561:2009, DIN EN 13659:2009 anwenden. Die Nutzung der neuen Normen ist hier nicht zulässig“, warnt Bürgel.

Falsche Kennzeichnung fällt auf

Da der jeweilige Mitgliedsstaat der EU verpflichtet ist, für die korrekte Verwendung der CE-Kennzeichnung zu sorgen, kann der Einsatz eines falschen CE-Zeichens sehr schnell auffallen. In Deutschland erfolgt die Kontrolle durch die Bundesländer im Rahmen der Marktüberwachung, die vom DIBt koordiniert wird. —

Olaf Vögele

Was sagen die Regeln?

Der technische Koordinator Dipl. Wirtsch.-Ing. Martin Bürgel des ITRS (Industrieverband Technische Textilien – Rollladen – Sonnenschutz) ist besonders gefragt, seitdem die Neufassungen der EN 13561 und EN 13659 im europäischen Amtsblatt Mitte Januar 2016 veröffentlicht wurden. Wie haben ihn um Auskunft gebeten, was Fachbetriebe alles beachten müssen, um sich im Umfeld der ganzen Regelungen, Normen und Richtlinien rechtssicher zu bewegen.

GLASWELT – Alles neu macht der Mai, könnte man sagen, bei dem was da so alles im Bereich der Normen passiert. Worauf müssen die Fachbetriebe denn nun beim Verkauf und der Montage achten?

Martin Bürgel – Wenn die Betriebe ihre Produkte bei renommierten Herstellern beziehen, sollten sie sicher sein, dass die Regelungen im Bereich der Normung eingehalten werden. Die Industrie sieht sich hier als Hersteller der Produkte ganz eindeutig als zuständig und deshalb arbeiten die Fachgruppen des IVRSA innerhalb des ITRS derzeit intensiv an der Problematik der jetzigen Situation, um eine schnelle und eindeutige Klärung herbeizuführen. Fachbetriebe die selber herstellen und zertifizieren, sollten sich informieren und keine vorschnellen Schritte unternehmen, um als erster nach den neuen Normen zu kennzeichnen.

GLASWELT – Was passiert dem, der sich nicht daran hält und trotzdem die verfügbaren Neufassungen der Normen anwendet?

Bürgel – Neben straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Konsequenzen können auch zivilrechtliche Folgen einer falschen CE-Kennzeichnung in Betracht (ggf. Mangel des Bauprodukts) kommen. Schließlich können sich auch wettbewerbsrechtliche Konsequenzen bei falscher oder unterlassener Kennzeichnung ergeben. Unmittelbar rechtliche Konsequenzen können behördliche Anordnungen, wie beispielsweise die Untersagung der Bereitstellung auf dem Markt, die Rücknahme des Produkts aus dem Handel, der Rückruf des Produkts von den Endkunden oder auch eine Verhängung von Bußgeldern bis zu 100 000 Euro sein. Das kann aber auch Formalien betreffen, wie z. B. eine falsche oder fehlende Kennzeichnungen der Produkte oder die notwendigen technischen Unterlagen nicht vorzulegen.

GLASWELT – Muss man denn das jetzige Thema verstehen? Wer muss denn informieren?

Bürgel – Die Pflicht sich zu informieren liegt beim Hersteller selbst. Für Fachbetriebe, die ihre Produkte beim Hersteller kaufen, sollte die Situation relativ einfach sein. Schwierig wird es immer dann, wenn der Fachbetrieb selbst zum Hersteller wird. Und das ist öfter der Fall, als es ihm klar ist.

GLASWELT – Und das sind welche Bereiche?

Bürgel – Zum Beispiel der Einbau von Rollläden im Neubau, wenn die Führungschienen vom Rollladenlieferanten nicht mitgeliefert worden sind bzw. beim Austausch eines Rollladenpanzers.

GLASWELT – Das bedeutet im Klartext?

Bürgel – Ein CE-Zeichen kann nur zusammen für Rollladenpanzer und Führungsschienen erstellt werden. Da im Regelfall die Führungsschienen meist vor Ort vorhanden sind, wird der einbauende Fachbetrieb bei Verwendung dieser zum Hersteller und muss auch die CE-Kennzeichnung erstellen. Er kann sich allerdings die Leistungsdaten und Prüfungen seines Vorlieferanten zu eigen machen. Besonders kritisch ist der Bereich Reparatur oder Austausch zu sehen. Produkte, die ohne Veränderung der Originalleistung, des Zwecks oder Typs repariert worden sind, unterliegen nicht der Konformitätsbewertung gemäß der Bauprodukte-Verordnung. Das gleiche gilt für Ersatzteile oder Eins-zu-Eins-Austauschprodukte, wenn sich die Originalleistung des Produkts nicht geändert hat. Sollte es beispielsweise nach einem Hagelschaden zu einem Komplettaustausch des Panzers kommen, sollte man sorgfältig überprüfen, ob die Anforderungen der Windwiderstandklasse mit dem Austauschprodukt erfüllt werden können. Hier gilt es also mit Augenmaß zu handeln.

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