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Building Information Modeling – Nur ein digitaler Baustein?

Was bringt BIM der Branche?

_ Immer häufiger trifft man auf den Begriff BIM. Zunächst denkt man an eine angloamerikanische Herkunft, aber noch vor Beginn der neunziger Jahre hat sich ein europäischer Softwarehersteller mit dem Thema der Bauwerksdaten beschäftigt. BIM stößt in der Baubranche auf große Resonanz. Architekten, Ingenieure und Bauunternehmen haben bereits umgestellt. Es wird zunehmend eingesetzt, noch bevor es in öffentlichen Ausschreibungen verpflichtend wird. Die verbesserte Projektsteuerung und Projektkoordination, beschleunigtes Bereitstellen benötigter Informationen sowie bessere Vorhersagbarkeit, zum Beispiel von Bauablaufplänen, sind nur einige Erwartungen. Auch nicht planende Unternehmen haben einen Zusatznutzen von der durchgängigen Informationskette strukturierter Daten. Hier entsteht ein Datenstrom ohne Informationsverluste.

Weder 3D-Zeichnen noch Software

Wichtig ist, dass BIM-Objekte oder Modelle nicht zwangsläufig dreidimensional sein müssen, auch gibt es keine BIM-Software. Beinahe alle vektororientierten Zeichenprogramme besitzen Möglichkeiten, die „BIM-Arbeitsmethode“ abzubilden. Bei der BIM-Arbeitsmethode wird von einem Prozess gesprochen, in dem Menschen und Werkzeuge über den gesamten Lebenszyklus eines Gebäudes zusammen wirken. Die erstellten Bauwerksdaten erstrecken sich von der Projektidee, der Anforderung über die Phasen der Planung und Errichtung bis zum Betrieb, dem Um- oder Rückbau des Gebäudes. Es lohnt also durchaus, zu Beginn einen Mehraufwand in Kauf zu nehmen, da die Ersparnis im weiteren Verlauf durch mehrfaches Verwenden der Information und Planung eintreten wird.

In BIM-Projekten und -Strategien ist vor allem ein gemeinsames Verständnis sicherzustellen. Auch steht die Frage closed-BIM versus open-BIM ganz oben auf der Agenda. Bei closed-BIM werden proprietäre Dateiformate zum modellbasierten Datenaustausch verwendet. Im Umkehrschluss hat dies somit zur Folge, dass alle Planer und Fachplaner dieselbe Software verwenden.

Die verbreitetste Variante ist open-BIM, auch im „BIM-Leitfaden für Deutschland“ wird auf diese Vorgangsweise verwiesen. Der Fachplaner arbeitet in gewohnter Software und die BIM-Fachmodelle werden mittels offenem Standard zusammengeführt. Pläne in Form von Papier lassen sich leicht tauschen, Probleme treten mit programmspezifischen Datenformaten auf, die unterschiedliche Struktur ist nicht 1:1 konvertierbar.

Um Tragwerksplanung, Ausführungsplanung und bpsw. die techn. Gebäudeausstattung zusammenzuführen, wurde unter Führung der „Building-Smart“ eine gemeinsame Datenbasis geschaffen. Aktueller anerkannter Standard ist IFC 4 (Industry Foundation Classes). Für das Zusammenführen der Fachplanungen wird ein BIM-Koordinator eingesetzt. Der planende Bauelementehersteller verbleibt in der eigenen Planungsumgebung. Wurden Fassade, Beschattung, der Lichteintrag eingeplant, wird das Modell dem Koordinator übergeben. Die Modelle beinhalten nicht immer grafische Darstellungen, auch Informationen zum Prüfen der Bauphysik sind Bestandteil.

BIM-Koordinationsmodell

Der BIM-Koordinator nimmt eine zentrale Rolle ein. Seine Aufgabe ist es, neben der Definition aller BIM-Rahmenbedingungen auch das Koordinationsmodell einzurichten. Entsprechend der Planungsphase und der jeweiligen Leistungsphase werden die Modelle zusammengeführt und softwarebasierend auf Kollisionen geprüft. Auch die Einhaltung gesetzlicher Vorgaben wird geprüft. Kommt es zu Kollisionen oder zur Verletzung von Vorschriften, kommunizieren BIM-Koordinator und Planer mittels BFC innerhalb der Planung. Mit dieser Vorgehensweise wird sichergestellt, dass die Konsistenz allen Informationen entspricht und die regelmäßigen Modelchecks, verpflichtend zum Ende jeder Leistungsphase, wirken in jedem Fall qualitätssteigernd. Zum Start einer jeden Leistungsphase steht dadurch allen ein geprüftes kollisionsfreies Model zur Verfügung.

BIM Objekt

Es wird zunehmend schwieriger, Bauteile zu erkennen und welchen Eigenschaften oder Vorschriften die Objekte unterliegen. Das implizierte Wissen von Fachleuten und zusätzliche Dokumentation füllen oftmals diese Informationslücke. Fenster werden zu Fassaden und die Aufzugstüre wird zur Eingangstür, hier setzt BIM als Informationsträger an. CAD (Computer Aided Design) bringt das Zeichnen und Planen in die 3. Dimension, im Koordinatensystem lassen sich alle Körper grafisch darstellen. Der 3-dimensional dargestellte Körper wird klassifiziert, mit Eigenschaften, Merkmalen und Merkmalsausprägungen attribuiert, danach ist in der Zeichnungsdatenbank nicht nur die Grafik hinterlegt. Am Beispiel einer Drehtür mit Türanschlag nach IFC: Die weiteren Merkmale können die Feuerwiderstandsklasse, die Schallschutzklasse oder ein Antrieb sein. Aus der Kombination einer Grafik und der Klassifizierung mittels Eigenschaften und Merkmalen ist ein BIM-Objekt geworden. Die strukturierten Daten können Basis für alle weiterführenden IKT-Systeme bilden, um Information auszulesen und weiter zu verarbeiten. Zwei weitere Wissensbeziehungen sind den BIM-Objekten als Datenmodelle noch zu eigen: Diese sind das Beziehungswissen zu angrenzenden Bauteilen und deren Wechselwirkung. Planen mit BIM-Objekten bewirkt, dass Änderungen konsistent und koordiniert erfolgen.

Unternehmensspezifische BIM-Objekte

Bei der Erstellung eigener unternehmensspezifischer BIM-Objekte können weitere Informationen wichtig werden, beispielsweise landesspezifische Vorgaben, Zeiten und Kosten zur Analyse und Simulation. Dabei sollte auch beachtet werden, welche zusätzlichen Informationen von anderen Fachplanern benötigt oder ergänzt werden. Welche Informationen sind in weiterer Folge für den Betrieb wichtig und wert, in die Planung integriert zu werden.

Werden Verfahrensspezifika preisgegeben?

An den Punkt der Detaillierung ist auch die Herstellerneutralität zu setzen, wie auch in konventionellen Planungen wird im öffentlichen Raum erst mit Vergabe der Hersteller festgeschrieben. Einzelne Bohrungen und Schrauben oder vergleichbare Details werden nur in die Darstellung aufgenommen, wenn sie zwingend bzw. zwecks Befestigung benötigt werden. Zudem ist jedes Modell so aufzubauen, dass diese anhand ihrer Eigenschaften herausgefiltert werden können. Für die Klassifizierung und Attribuierung empfiehlt es sich, Standards zu verwenden. Je größer die Verbreitung, umso wahrscheinlicher ist die automatisierte Anbindung an weiterführende Systeme.

Produkte präsentieren und vermarkten

Mit BIM entstehen neue Plattformen, um Produkte zu präsentieren und zu vermarkten. Zu beachten ist, dass sich die gesetzlichen Rahmenbedingungen weder national noch international verändert haben. Die Möglichkeit, das technisch Machbare auszuschöpfen, birgt die Gefahr, sich in Details der Darstellung zu verzetteln und den Informationsgrad zu vernachlässigen. Standards zu verwenden ist kein Identitätsverlust, es bestätigt das Interesse an Konnektivität der IKT-Systeme als Grundlage der Digitalisierung.—

Das Fenster der Zukunft

Wir haben zwei bekannte Player der Fensterbranche unabhängig voneinander nach ihrer Meinung zum Fenster der Zukunft gefragt: Das Traditions-Familienunternehmen Fensterbau Hans Timm aus Berlin sowie den Hersteller TMP. Das Unternehmen ließ jüngst mit seinen Online-Verkaufsaktivitäten die Branche aufhorchen.

GLASWELT – Wie sieht für Sie das Fenster der Zukunft aus? Welche Funktionen und Fähigkeiten wird/sollte es haben?

Bastian Timm, Geschäftsleitung Hans Timm Fensterbau  – Elektronisch betriebener Sonnenschutz wird elementarer Bestandteil der Fenster werden, somit wird auch das Verbundfenster weiter an Marktanteilen gewinnen. Sicherheitsfenster mit Verschlussüberwachungen (RC 3 in zugänglichen Bereichen, RC 1/RC 2 in anderen Bereichen) werden Standard. Die Montage wird vorwiegend in der Dämmebene erfolgen, um Energie- und Lichtverluste zu vermeiden. Lüftungselemente werden aus den Fenstern wieder verschwinden, da dezentrale Lüftungsanlagen in den Gebäuden die Regel werden. Elemente mit hohen Gewichten werden motorisch betrieben.
Bernhard Helbing, Geschäftsführender Gesellschafter TMP  – Es wird auch dann gesetzliche Regelungen geben, denen wir uns zu stellen haben. Dann wird auch in Zukunft der Kunde sagen, wo es langgeht. Soll heißen: Er sagt, was er möchte, und wir finden die individuelle Lösung. Die Anforderungen werden von der Energieeffizienz bestimmt. Auch schlanke Ansichten, integrierte Lüftungssysteme und vor allem intelligente Montagesysteme sind aktuelle wie zukünftige Aufgaben. Viele technische Details werden sich weiter entwickeln, insbesondere denke ich da an schaltbares Glas. Ein Fenster als Fernseher, mit Tablet-Funktionen oder als Energiespender über integrierte Solarmodule, das sind Funktionen, die ein Fenster morgen haben wird.

GLASWELT – Wie wird Ihrer Ansicht nach in naher Zukunft das Fenster vertrieben? Wie wird sich der Handel mit Fenstern entwickeln?

Timm – In Standardproduktbereichen wird das Fenstergeschäft – wie überall – global (max. 10 Fensterfirmen, reine Produktion, Abwicklung über lokale Bauelementehändler). Architektonisch anspruchsvolle Projekte und Objekte mit hohen Produktanforderungen (High-End-Sektor) werden von lokalen, leistungsstarken Objektfensterbauern abgewickelt (Produktion und Montage). Durch die Digitalisierung und den Fachkräftemangel sowie die Zunahme der Komplexität bei der Bauabwicklung wird sich der Konsolidierungsprozess in der Branche sowohl bei den Herstellern, Bauelementehändlern als auch bei den Zulieferern deutlich beschleunigen.

Helbing – Der Blick in die Glaskugel!? Ein gut ausgebildeter Fachbetrieb (Händler) wird auch morgen in der Lage sein, ein Fenster – auch als hoch komplexes und modernes Bauelement – zu vertreiben. Sein Vorteil: Er ist ganz nah am Kunden, weiß wie diese denken, kann sich auf sie einstellen und die gewünschte Dienstleistung bieten. Das digitale Zeitalter wird auf das Kaufverhalten der Kunden Einfluss haben. Wenn es gelingt, den Kunden über alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der digitalen Kommunikation jegliche von ihm gewünschte Information wirklich verständlich zu vermitteln, dann wird diese Schiene des Vertriebs weiter wachsen. Digitales Einkaufen bringt Vorteile auch für den digitalen Heimwerker. Der anhaltende Kostendruck, den die Unternehmen nicht nur in unserer Branche zu überstehen haben, wird zu ganz neuen Formen der Kooperation führen.

Helbing – Der Blick in die Glaskugel!? Ein gut ausgebildeter Fachbetrieb (Händler) wird auch morgen in der Lage sein, ein Fenster – auch als hoch komplexes und modernes Bauelement – zu vertreiben. Sein Vorteil: Er ist ganz nah am Kunden, weiß wie diese denken, kann sich auf sie einstellen und die gewünschte Dienstleistung bieten. Das digitale Zeitalter wird auf das Kaufverhalten der Kunden Einfluss haben. Wenn es gelingt, den Kunden über alle zur Verfügung stehenden Möglichkeiten der digitalen Kommunikation jegliche von ihm gewünschte Information wirklich verständlich zu vermitteln, dann wird diese Schiene des Vertriebs weiter wachsen. Digitales Einkaufen bringt Vorteile auch für den digitalen Heimwerker. Der anhaltende Kostendruck, den die Unternehmen nicht nur in unserer Branche zu überstehen haben, wird zu ganz neuen Formen der Kooperation führen.

GLASWELT – Wer wird in der Zukunft das Fenster einbauen, warten, reparieren?

Timm – Nur die lokalen Bauelementehändler (Standardfenster) und die Objekte (High-End-Markt), die in Zukunft einen starken Service- und Dienstleistungsbereich entwickelt haben, werden am Markt eine Daseinsberechtigung haben. Der Einbau der Fenster – schon aus der Gewichtsproblematik heraus – wird in Zukunft fast nur noch mit selbst gut ausgebildeten, ggf. zertifizierten, osteuropäischen Montagetruppen erfolgen.

Helbing – Ich verzichte darauf, die bereits vorhandenen Verfahrenswege aufzuzählen. Wir selbst bewegen uns auf verschiedenen „Ebenen“. Unsere Bauelemente werden immer größer, sicherer und damit leider nicht leichter. Das ist für die ausführenden Personen schon „grenzwertig“. Wir sind schon heute angehalten, nach ganz anderen Wegen und Methoden zu suchen. Mit unseren Partnerfirmen arbeiten wir ständig daran, die Ablaufprozesse einfacher zu gestalten.

Der Autor

Harald Hochstaffl war von 2010 bis 2016 Geschäftsführer des Softwareanbieters 3E in Österreich und zudem verantwortlich für das Stammdatenmanagement des Softwarehauses. Davor betreute er beim österreichischen Baubeschlagshersteller Maco den Beschlagskonfigurator.

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