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GLASWELT vor Ort bei Glastronic in Ungarn

Der Gebrauchtmarkt hat eine ganz eigene Dynamik

_ Vor rund einem Jahr wurde Glastronic von der Jüllich Unternehmensgruppe übernommen und ist heute eine eigene Business-Unit der Lisec-Gruppe. Über die ungarische Tochter wird seitdem der Ankauf, die Instandhaltung und der Wiederverkauf von Gebrauchtmaschinen abgewickelt.

Im Rahmen der Wachstumsstrategie des Maschinenbauers soll damit das Gebrauchtmaschinengeschäft forciert und vorangetrieben werden. Neben dem Gebrauchtmaschinengeschäft produziert die ungarische Niederlassung zudem auch neue Transport- und Liefergestelle für Glas.

Glastronic beschäftigt heute 25 Mitarbeiter, hat seinen Standort rund 70 km nordwestlich von Budapest und ist somit knappe 350 km von der Zentrale der Unternehmens-mutter in Seitenstetten entfernt.

Bei einem Besuch in Ungarn sprach GLASWELT-Redakteur Matthias Rehberger mit Glastronic-Geschäftsführer Bernhard Scheidl, um zu erfahren, wie und welche Verarbeiter von dem Gebrauchtangebot am meisten profitieren und welche Ziele das Unternehmen gegenwärtig anpeilt.

Im Gespräch mit GF Bernhard Scheidl

Glaswelt – Wie kam es, dass Lisec als Hersteller von Hightech-Anlagen, nun eine eigene Firma für Gebrauchtmaschinen ins Leben gerufen hat?

Bernhard Scheidl – Bereits seit einigen Jahren hat der Mutter-Konzern eine eigene Kostenstelle für Gebrauchtmaschinen. Der Hintergrund: Bei einem Neuverkauf geben die Kunden häufig ihre alten Maschinen zurück.

Glaswelt – Aber warum wurde dafür eine eigene Firma gegründet?

Scheidl – Früher mussten wir die alten Maschinen im selben Werk wie unsere Hightech-Anlagen aufbereiten. Doch Gebrauchtmaschinen aufzubereiten hat eine ganz andere Dynamik als die Fertigung in einer Neuproduktion. Dazu kommt, dass es ein anderes Fachwissen braucht, um gebrauchte Maschinen zu überholen, und dass Second-Hand-Maschinen mit einem ungewissen Verkaufsdatum große Lagerkapazitäten erfordern. Solche Räumlichkeiten konnten wir am Standort Seitenstetten dafür nicht vorhalten. Aus diesen Gründen fiel die Entscheidung, die Gebrauchtsparte auszulagern. Es gab zwar mehrere Optionen. Doch mit der Übernahme von Glastronic konnten wir zudem alle 25 Fachkräfte übernehmen, die sich in diesem Marktsegment gut auskennen. Wir haben jetzt in Oroszlány rund 5000 m2 Nutzfläche, sprich Lager und Produktion.

Glaswelt – Wenn Sie nach rund anderthalb Jahren am Markt zurückblicken, hat sich die Übernahme gelohnt, oder genauer, rechnet sie sich?

Scheidl – Gute Frage. Ja, das Geschäft mit den Gebrauchtmaschinen rechnet sich. So konnten wir nach unserem ersten Jahr als eigene Business-Unit bereits schwarze Zahlen schreiben, was uns sehr gefreut hat. Wir steuern aktuell 3 % zum Gesamtumsatz der Lisec-Gruppe bei. Das hört sich vielleicht nicht viel an, aber es waren immerhin 50 Anlagen, die wir im letzten Jahr in den Markt gebracht haben. Unser Ziel war, jede Woche eine Anlage. Und das haben wir geschafft. Dazu kommt, dass wir hier ganz andere Stundensätze haben als in Österreich und zudem sind auch die Lagerkosten um einiges geringer.

Glaswelt – Was macht den Gebrauchtmarkt besonders?

Scheidl – Der Gebrauchtmarkt hat eine ganz eigene Dynamik. Zum einen ist nur sehr begrenzt planbar, was wir hereinbekommen, gleichzeitig wissen wir kaum, wie lange es dauern wird, eine Anlage zu verkaufen. Und mit Blick auf die Produktion in unserer ungarischen Niederlassung, können wir bei der Wiederaufbereitung gebrauchte Bauteile verwenden/verwerten, was sonst nicht möglich wäre. Denn, wenn wir Second-Hand-Anlagen bekommen, werden diese nicht immer aufbereitet, sondern manchmal werden sie nur in ihre Einzelteile zerlegt, die wir dann woanders einsetzen können. Mit solchen Teilen lassen sich nämlich die alten Anlagen bei der Wiederherstellung optimal bestücken und so wieder in den Originalzustand versetzen.

Glaswelt – Welche Vorteile bietet Ihre Business-Unit dem Verarbeiter?

Scheidl – Unser Angebot spricht gleichermaßen Kunden an, die eine gebrauchte Anlage wollen, wie auch solche, die Neumaschinen kaufen. Wenn ein Kunde eine neue Lisec-Anlage kauft, gewährleisten wir, dass wir seine alte Anlage in Zahlung nehmen. Er kann sich darauf verlassen, dass wir die alte Maschine termingerecht abbauen und abholen. So kann der Kunde sicher sein, dass der Zeitplan für die Montage der neuen Anlagen von unserer Seite aus gewährleistet ist. Und ich muss sagen, der Markt nimmt das gut an. Heute verschicken wir unsere generalüberholten Anlagen in alle Welt.

Glaswelt – Was passiert im Detail, wenn Sie eine gebrauchte Anlage erhalten und wie bewerten Sie deren Zustand?

Scheidl – Wir bewerten sie zuerst am Baujahr, dazu kommt die Spezifikation, sprich was sie alles kann. Wenn erforderlich, machen wir vorab auch ein Gutachten. Dazu schicken wir auch unsere Leute vor Ort. Bei Wiederverkauf arbeiten wir mit einem Rating-System, das von 0 bis 4 Sterne reicht. Will ein Kunde eine 4 Sterne-Anlage bedeutet das, er bekommt sie komplett überholt, d. h. alle Verschleißteile werden ausgetauscht und die Maschinensteuerung haben wir auf den neuesten Stand gebracht. Kosmetisch werden die Bleche neu lackiert. Das Ganze nennen wir dann „fully refurbished“. Das ist, was die meisten Kunden möchten. Es gibt aber auch Kunden, die gerne selbst Hand anlegen; die suchen dann teilweise Maschinen, die ihnen als Ersatzteilspender dienen, um den eigenen Maschinenpark am Laufen zu halten. Das sind Anlagen, an denen wir nichts überarbeiten.

Glaswelt – Wie sehen nach der Instandsetzung der Gebrauchtmaschine das Angebot und der Verkaufsablauf aus?

Scheidl – Wir arbeiten eng mit dem Lisec-Vertrieb zusammen, die Auftragsabwicklung läuft dann komplett über uns. Wenn ein Verarbeiter, der uns bereits kennt, direkt anruft, übernehmen wir das selbstverständlich auch direkt.

Glaswelt – Was bieten Sie neben den Second-Hand-Anlagen noch an?

Scheidl – Ja, wir fertigen hier am Standort auch neue Transportgestelle, sogenannte A-Gestelle für die Fenster- und für die Glasindustrie. Für 2018 haben wir eine Kapazität von 1500 Stück. Da wir diese Kapazität jetzt schon mit Aufträgen füllen konnten, erweitern wir aktuell unsere Produktionsmöglichkeiten.

Glaswelt – Wie sieht Ihre mittelfristige Strategie aus? Wie werden davon auch die Glasverarbeiter im deutschsprachigen Raum profitieren?

Scheidl – Generell kaufen wir gebrauchte Anlagen zurück, wenn wir bei den Verarbeitern neue Maschinen aufstellen, jedoch sollten diese nicht älter als 15 Jahre sein.

Intern arbeiten wir daran, die Arbeitsprozesse weiter zu optimieren. Da haben wir in unserem ersten Jahr viel gelernt. Weiter wollen wir die Gebrauchtmaschinensparte weiter ausbauen, etwa Richtung Asien. Hier gibt es die entsprechende Nachfrage, da der Bedarf hoch ist. Viele Neueinsteiger fangen mit einer gebrauchten Anlage an und bauen das weiter aus. Wenn sie zufrieden mit den Ergebnissen sind, mündet das dann durchaus auch in Bestellungen von neuen Anlagen.

Glaswelt – Welchen Input gibt Ihre Business-Unit zurück in die Neuproduktion?

Scheidl – Das ist ein dynamischer Prozess. Wir helfen der Neuproduktion, die Vereinheitlichung von Einzelelementen noch stärker voranzutreiben. Das sind teils nur Kleinigkeiten, aber auch das hilft, den Fertigungsprozess insgesamt weiter zu optimieren. So lassen sich etwa viele Klein- und Bauteile vereinheitlichen und so unterschiedliche Maschinen mit den gleichen Elementen bestücken.

Zudem spiegeln wir das gesamte Know-how aus unserer alltäglichen Arbeit zurück in die Neuproduktion. Das ist wichtig, da wir mit den unterschiedlichsten Maschinenzuständen konfrontiert werden und so einfach jeden Aggregatzustand einer Anlage kennen. Was sonst in der Fertigung simuliert werden muss, das sehen wir hier in der Praxis.—

Das Interview führte Matthias Rehberger.

Das Unternehmen

Das 2016 gegründete Unternehmen hat heute 27 Mitarbeiter, davon 9 in der Verwaltung, 12 Techniker für Werkstatt und Montage und 6 im Metallbau. Zum einjährigen Jubiläum im September 2017 wurde der Standort in Oroszlány um eine neue, 1165 m² große Produktionshalle erweitert.

Die Zustandsbewertung der angebotenen Anlagen erfolgt nach einem 4-stufigen Ratingsystem: von 0 bis 4 Sternen. 4 Sterne bedeutet, eine Anlage ist komplett überholt und neu lackiert, d. h. alle Verschleißteile sind ausgetauscht und die Maschinensteuerung ist auf dem neuesten Stand. Maschinen mit 0 Sternen sind nicht überarbeitet.

glastronic.lisec.com

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