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Ordnungsgemäße Befestigung von Fenstern und Türen

Geht es auch ein bisschen einfacher?

_ Seit langem ist der „Leitfaden zur Planung und Ausführung der Montage“, herausgegeben von der RAL-Gütegemeinschaft Fenster und Haustüren e. V. und dem ift Rosenheim, ein liebgewordenes Hilfsmittel für die tägliche Praxis im Fensterbau. So liefert uns das goldene Büchlein (Ausgabe 2014) Informationen zur Bauphysik, vom 3 Ebenen Modell bis zur Montageplanung, von der Fugenausbildung bis zu detaillierten Ausführungsbeispielen. Auch das Thema Befestigung wurde im Leitfaden mit aufgenommen, das uns in den letzten Jahren immer mehr Kopfzerbrechen bereitet.

Zum einen haben sich die Materialien, in die wir befestigen müssen (diverse Hochlochsteine, Beton, Kalksandstein usw.) als auch Einbausituationen (in der Dämmebene, vor der Wand, wandbündig, einschaliges und zweischaliges Mauerwerk u.v.m.) verändert.

Daneben gibt es erhöhte Anforderungen an die Befestigung bei z. B. absturzsichernden Fensterelementen oder bei Elementen nach RC2. Hier wird das Dilemma besonders deutlich: Noch immer findet sich bei Verbänden und Prüfinstituten, in Prüfzeugnissen und in den diversen Montageanleitungen fast aller Fensterhersteller zum Thema Widerstandsklasse ein Verweis auf die DIN 1053-1.

Eisern wird nach wie vor auf diese Tabelle verwiesen, obwohl heutige moderne Steine vor allem im Neubaubereich weit unterhalb der Druckfestigkeitsklasse 12 liegen. An sich wäre – wenn man streng nach der Tabelle geht, keine RC2 – Montage mehr möglich. Tatsächlich sind uns Fälle bekannt, bei denen Kollegen aus dem Sachverständigenbereich genau so urteilen mit Aussagen wie “ … dieser Rohbau ist für RC2-Fenster nicht geeignet …“.

In solchen Fällen zuckt der Fensterbauer zusammen und Planer und Bauherren sind gänzlich überfordert. Es scheint, man traue sich hier nicht so wirklich ran oder anders ausgedrückt: Dieser Bezug ist nicht mehr zeitgemäß.

Dazu gesellt sich ein nahezu nicht mehr überschaubarer Markt an Befestigungsmitteln – mit Prüfungen, ohne Prüfungen, mit Zulassungen, ohne Zulassungen, zur Dübelmontage, zur Schraubmontage, zur Montage mit Winkeln, Laschen und Konsolen, zu unterschiedlichen Schraubendurchmessern usw.

Inzwischen wird an allen Fronten in allen möglichen Untergründen geprüft – im Prüfen sind wir Weltmeister. Um aber dann das richtige Befestigungsmittel für den richtigen Stein zu ermitteln ist schon ein ausgeprägter Spieltrieb erforderlich – vor allem dann, wenn beschrieben ist, wofür die Prüfungen trotz aller Prüferei nicht mehr gelten. Dementsprechend sind die Ansätze des ift Rosenheims oder des Tischler Schreiner Deutschland-Verbandes hoch anzurechnen, eine Struktur in die Dübelbemessung hinsichtlich der Montage von Fenstern und Türen zu bringen, wo mit allerlei Lastannahmen und Berechnungsformeln bzw. über zahlreiche Tabellen versucht wird, dieses schwierige Thema transparent zu machen.

Vom Standardfall zum Sonderfall

Aber schon ein erster Blick auf diese Systematik bringt Ernüchterung. Alleine um den Standardfall beurteilen zu können, sind schon zahlreiche Überlegungen anzustellen und Einschränkungen zu beachten. Einfach gesagt: Eine heute übliche Fenstertür mit 1 m × 2,5 m, womöglich mit Schallschutzglas, ist schon nicht mehr Standardfall. Also weiter zum Sonderfall 1, bei dem der Anwender zunächst das Mauerwerk prüfen muss, entscheiden muss, ob es sich um eine Übergröße handelt oder ob vertikale Nutzlasten zu berücksichtigen sind.

Hier stellt sich aus Sicht der Autoren schon die Frage, was ist eine Übergröße bzw. wo liegen die Grenzen oder aber – so heißt es weiter – wenn keine Erfahrungen vorliegen, woher die statische Bemessung nehmen? Ab wann liegen Erfahrungen vor? Schwer zu sagen.

Das Mauerwerk ist auch nicht immer bekannt, womöglich wechselt es im Gebäude auch noch. Also weiter zum Sonderfall 2, denn wir wollen eine Festverglasung 2 m × 2 m als absturzsicheres Element im Hochlochziegel montieren, erkennen aber schnell, dass uns dieser Fall nicht weiterbringt und wir immer noch nicht wissen, wie wir womit befestigen sollen. Nun dann doch zum Prüfstatiker, wenn sich denn überhaupt jemand findet, der sich soweit in der Materie befindet, um hier helfen zu können.

Die Erfahrung hat gezeigt, dass hier die Luft schon dünn wird, sprich es ist leichter ein Tragwerk für eine Brücke statisch bemessen zu lassen als eine Fensterbefestigung. Ach so – und dann muss noch das richtige Befestigungsmittel aus den ellenlangen Katalogen der Dübelhersteller gefunden werden – dummerweise ist genau „mein“ Fall wieder mal nicht dabei. Oder man versucht sich in einem der Bemessungsprogramme der Schrauben- und Dübelhersteller. Na dann viel Spaß.

Neuere Erkenntnisse bringt auch der ganz aktuelle Forschungsbericht des ift aus 2018 „Fenstermontage in hochwärmedämmendem Ziegelmauerwerk – Erarbeitung eines Leitfadens zur Befestigung von energieeffizienten Fenstern in hochwärmedämmendem Ziegelmauerwerk“, der sich ausgiebig mit dem Thema Befestigung beschäftigt.

Die Leser mögen uns dieses doch etwas übertrieben dargestellte Beispiel nachsehen, aber es zeigt die grundsätzliche Problematik und die Schwierigkeiten mit dem Thema Befestigung auf und spricht wohl vielen aus der Seele. Aus zahllosen Gesprächen mit Kollegen, Herstellern, Verarbeitern und Fachbetrieben wird deutlich: Die Ansätze sind zwar da, aber in der Praxis sieht die Welt doch ganz anders aus.

Darum sollte die sicherlich kontroverse Frage erlaubt sein: Geht es nicht leichter, im Sinne von praktikabler? Warum prüfen wir hunderte von Schrauben oder Dübel in ebenso vielen Steintypen und machen uns nicht ein paar grundsätzliche Gedanken?

  • Wie viele Fälle gibt es, bei denen ein RC2-Fenster beim Einbruchsversuch aus dem Mauerwerk gerissen wurde?
  • Wie viele Fälle gibt es, bei denen ein vernünftig montiertes Fenster mit absturzsicherer Funktion aus dem Bauwerk gefallen ist?

Doch gehen wir es mal einfacher an und stellen folgende – zugegeben kontroverse – Thesen auf:

Wir wissen inzwischen, dass ein Hochlochziegel andere Festigkeiten hat als Beton, das klingt logisch und kennt jeder aus seinem Erfahrungsbereich. Wir wissen auch, dass Lasten auf das Fenster wirken, also im einfachen Fall Windlasten, im komplexeren Fall zusätzliche Verkehrslasten oder Lasten durch einen Einbruchsversuch oder schlicht durch Bedienung (Vertikallasten). Also verteilen wir diese Lasten schlicht auf mehrere Befestigungspunkte als bisher. Und erhöhen den Schraubendurchmesser von z. B. 7,5 auf 11,5 mm. Im Idealfall hat einer unserer Schraubenlieferanten genau für diesen Dübel noch ein Prüfzeugnis für unseren Steintyp. Warum sich also nicht trauen, für die Praktiker folgende Empfehlungen auszusprechen?

  • Reduziere die Befestigungsabstände auf  400 mm: Bei mehreren Befestigungspunkten werden die Lasten auf mehrere Punkte verteilt und sind so für den einzelnen Befestigungspunkt geringer – das klingt verständlich. Natürlich sind die jeweiligen Randabstände einzuhalten, im Idealfall werden auch die entsprechenden Laibungssteine verwendet.
  • Nutze einen Dübel/Schraube mit eher größerem Durchmesser: Eine dickere Eisenstange wird sich weniger durchbiegen als eine dünnere – auch plausibel, einige Dübel- und Schraubenhersteller haben hier schon zahlreiche Produkte im Sortiment.
  • Nutze eher einen längeren Dübel/Schraube im Vergleich zu vorher: Ein längerer Dübel wird selbst bei dünnwandigen Steintypen in mehreren Wandungen greifen, als ein eher knapp bemessener Dübel – scheint logisch, vor allem dann, wenn eben keine Laibungssteine verwendet werden.
  • Nutze einen Dübel/Schraube für die es idealerweise ein Prüfzeugnis gibt: Durch Prüfungen wurden schon Auszugswerte, Torsion usw. in bestimmten Materialien bestimmt – macht sicher Sinn.
  • Eine zusätzliche Lasche wirkt oft Wunder: Je nach Elementgröße und Beanspruchung macht es sicher Sinn, weitere Befestigungspunkte, vor allem diagonal, zu erstellen. Eine zusätzliche Lasche im Bereich der Scherenlager oder auf der Bandseite wirkt oft Wunder und ist schnell montiert.

Gewiss, das klingt einfach und Scharen von Gelehrten unserer Branche werden unruhig auf ihren Stühlen hin und her wackeln, aber die Erfahrungen unserer Mitglieder aus Fensterbau und Sachverständigentätigkeit haben gezeigt, dass man auch mit diesen vereinfachten Annahmen nahezu jeder Prüfstatik standhält, ohne das Berechnen von komplexen Lastfällen und ohne das Berücksichtigen von Standard und Sonderfällen. Und nein – das ist kein Freibrief für die Montage als solche. Jede Montagesituation muss individuell beurteilt, jedes Befestigungsmittel auf den Montagegrund abgestimmt werden. Randabstände müssen berücksichtigt, Anforderungen und Funktionen der Fensterelemente geklärt werden. Es wird auch hier immer wieder Sonderfälle geben, wie z. B. bei großformatigen Fensterelementen.

Aber lassen Sie uns bei der ganzen Rechnerei und Forscherei nicht die Praktiker vergessen, die täglich Fenster in unterschiedlichen Mauerwerken zu montieren haben und sich schon jetzt oft im Dschungel aus Regelwerken, Normen, Richtlinien und Empfehlungen verirren.

Ebenso gilt die Aufforderung an unsere großen Branchenvertreter und Institutionen: Traut euch auch zu prüfen, was nicht möglich ist, als alles das zu prüfen, was möglich ist. Oder kurz: Gebt uns ein Werkzeug in die Hand, das auch in der Praxis schnell und einfach anwendbar ist. Denn zuletzt bleibt die Fenstermontage eine handwerkliche Tätigkeit, die auch der geschulte Handwerker guten Gewissens noch ausführen können sollte.—

www.bvftfs.de

Der Bundesverband Fenster-Türen-Fassaden Sachverständiger e. V. (BVFTFS) ist beim deutschen Bundestag in der Liste der Bundesverbände eingetragen. Er vertritt seine Mitglieder in Fachgremien und Ausschüssen und bietet umfangreiche Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten rund ums Thema Fenster an.

Die Sachverständigen Markus Vater (www.vater-ingenieurbuero.de) und Jürgen Kaminiarz (www.bauabnahmen.de)

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