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Interview mit Birgit Horn

Die Digitalisierung ist nicht mehr aufzuhalten

Glaswelt – Frau Horn, nennen Sie uns bitte die Eckpfeiler der glasstec 2018?

Birgit Horn – Seit fast 50 Jahren bilden das Handwerk, der Maschinenbau und die Glasindustrie das Fundament der glasstec. Nur gemeinsam mit der Branche und den dazugehörigen Verbänden sind wir in der Lage, alle zwei Jahre hier in Düsseldorf die Weltleitmesse für die Glasbranche zu veranstalten. Und das werden vom 23. bis 26. Oktober, zum 25. Jubiläum der glasstec, wieder mehr als 1200 Aussteller aus über 60 Nationen eindrucksvoll unter Beweis stellen. Nicht weniger wichtig ist das umfangreiche Rahmenprogramm mit der „glass technology live“ (gtl) und der „glasstec conference“, welches den zahlreichen Zielgruppen, wie Handwerkern, Architekten, Ingenieuren, Fassadenplanern und Wissenschaftlern sowie den Fachleuten aus der gesamten Glasbranche eine ideale Plattform für den Wissensaustausch bietet.

Glaswelt – Wie wichtig werden diesmal Themen wie Industrie 4.0 und Automatisierung?

Horn – Industrie 4.0 und Automatisierung sind aktuell mit die Top-Themen auf der Messe und werden uns auch in den kommenden Jahren begleiten, denn die Glasbranche steht hier vor einem großen Wandel. Auf der glasstec werden zahlreiche Aussteller aus dem In- und Ausland dazu ihre Lösungen präsentieren. Und es wird spannend zu sehen, wie sich die Branche in den kommenden Jahren weiterentwickelt.

Allein der Begriff Industrie 4.0 hat für einen Glashersteller, Veredler oder einen Fensterbauer eine unterschiedliche Bedeutung. Alle haben jedoch ein Ziel: Durch den Einsatz von neuen Technologien sollen die Effizienz gesteigert, die Kosten reduziert und so die Wettbewerbsfähigkeit erhöht werden.

Den Grad der Automatisierung kann man nur durch den Einsatz von entsprechender Software realisieren. Durch sie wird die Kommunikation und digitale Vernetzung der Maschinen und die Kommunikation mit der Außenwelt erst möglich.

Unter dem Veranstaltungsthema „Vernetzte Produktion und Neue Technologien“ gibt der VDMA im Konferenzprogramm am 24. Oktober (Technology by VDMA) einen kompakten Überblick und Ausblick zu Industrie 4.0, Automatisierung und Digitalisierung in der Glasbranche.

Glaswelt – Wenn im Rahmen von 4.0 Glasverarbeiter ihre Produktion mit denen ihrer Kunden verknüpfen, wird das auf der Messe abgebildet und damit diese Zielgruppen in Düsseldorf angesprochen?

Horn – Wie eben schon gesagt gibt der VDMA am 24. Oktober auf der „glasstec conference“ Antworten auf die wichtigsten Fragen. Bernhard Hötger und Dr. Thomas Rainer von der Hegla GmbH sowie Dr. Jan Schäpers von der Hegla-Hanic GmbH präsentieren ihre „Vision 2020 – Die Flachglasveredlung von morgen.“

Der Vortrag behandelt das Thema Integrierte Automation in digitalisierten Betrieben und beschreibt, wie diese ihre Prozess- und Produktnachverfolgung aussteuern. Zudem wird der Einführungsbeitrag zum Thema „Glasproduktion und Veredelung auf dem Weg in die Zukunft“ gute Ein- und auch Ausblicke geben.

Auf der Messe selbst wird man beobachten können, wie die Glashersteller mit Tools zur Rückverfolgbarkeit von Produkten den gestiegenen Anforderungen an sich selbst und denen ihrer Kunden gerecht werden.

Durch Barcodes oder Datamatrix-Codes erhalten die Produkte zum Beispiel eine eindeutige ID. Damit lassen sich alle Parameter während des Produktionsprozesses nachverfolgen. Die Daten lassen sich in Cloud-Lösungen speichern und sind jederzeit abrufbereit. Bei RFID-Etiketten entfällt die Speicherung in der Cloud, da das Glas selbst zum Datenspeicher wird. Diese Daten lassen sich über Apps austauschen und verringern somit auch Warte- und Lieferzeiten.

Glaswelt – Welche Rolle spielen die Fachbesucher aus dem Handwerk? In den letzten Jahren hatte man den Eindruck, dass hier die Zahlen rückläufig waren, wie schätzen Sie das ein?

Horn – Das Handwerk gehört, wie schon zu Anfang erwähnt, zum Fundament der glasstec. Unsere Zahlen aus den vergangenen Jahren sprechen deutlich für ein Wachstum der Besucher aus dem Handwerk auf der Messe. In 2014 hatten wir hier einen Fachbesucheranteil von 8 %. In 2016 lag der Anteil der Handwerker bei 12 %. Die Auftragslage in den Betrieben ist weiterhin gut und es braucht vor diesem Hintergrund eben die richtigen Argumente und Angebote, um einen Handwerker von einem Besuch auf der glasstec zu überzeugen. Diese liefern wir mit den Spezialangeboten, wie z. B. der Sonderschau Handwerk live. Mit dem neuen Handwerker- Kompass bieten wir den Besuchern aus dem Handwerk zudem einen kompakten Überblick. Damit entdecken die Besucher auf den ersten Blick alle relevanten Aussteller, Angebote und Produkte für das glasverarbeitende Handwerk (Hallen 9 bis 12).

Glaswelt – Es gab einen Wechsel bei den Organisatoren der Sonderschau glass technology live, erfinden die Messe und die Veranstalter die Sonderschau damit neu?

Horn – Die Sonderschau ist in den letzten 20 Jahren zu einem wichtigen Impulsgeber für die internationale Glasbranche geworden. Dies ist vor allem Professor Stefan Behling, Senior Executive Partner bei Foster + Partners und seinem Team vom Institut für Baukonstruktion der Universität Stuttgart zu verdanken. Sie haben über zwei Jahrzehnte die gtl konzipiert, organisiert und geprägt.

Die Neuausrichtung erlaubt es uns nun, gestalterisch und konzeptionell neue Wege zu gehen. Mit der Ausdehnung der konzeptionellen Partner auf gleich vier Technische Universitäten (Darmstadt, Dresden, Delft und Dortmund) können wir auf einer noch breiteren fachlichen Basis agieren. Unter dem Motto „the hub @ glasstec“ werden die Schwerpunktthemen Interaktive Fassaden und Display-Glas, Energie und Performance, Konstruktives Glas (Monoglas, Dünnglas und Hohlglas) sowie neue Technologien vorgestellt. Mehr als 70 % der Exponate werden erstmals präsentiert. Es wird auf jeden Fall sehr viel zu bestaunen geben. Schauen Sie unbedingt vorbei.

Glaswelt – Was war der Grund für diesen Wechsel? Und wie profitiert der Besucher davon?

Horn – Das 25. Jubiläum der glasstec bringt einige Veränderungen mit sich. Das Team hat in der Vorbereitung für die glasstec 2018 viel Neues ausprobiert, um das Messe-Erlebnis für alle Besucher noch intensiver zu machen. Im Falle der „glass technology live“ können wir den Fachbesuchern ein neues „Look and Feel“ und einen stärkeren Fokus auf die Glasforschung, die spannende neue Glasprodukte und -anwendungen hervorbringt, präsentieren.

Ergänzt wird die Sonderschau durch die „glasstec conference“, die thematisch und räumlich eine noch stärkere Verbindung zwischen Theorie und Praxis schaffen wird. Die unter der Dachmarke „glasstec conference“ zusammengefassten Konferenzen greifen ebenfalls aktuelle Forschungsprojekte aus der Sonderschau auf.

Glaswelt – Smart Glass ist heute in aller Munde, wie positioniert sich dazu die glasstec?

Horn – Diese Art der Funktionsgläser eröffnen neue Märkte, erfordern aber auch hochpräzise und angepasste Glasbearbeitungstechniken. Neben den zahlreichen Ausstellern aus dem Bereich Smart Glass greift die zweitägige Fachkonferenz „function meets glass“ genau diese Themen auf. Sie fokussiert sich auf die Herausforderungen und Lösungen zur Herstellung und Veredlung sowie die Anwendungsfelder von Funktionsgläsern. So spricht etwa Dr. Wilma Dewald von VW über die Anwendung solcher Gläser in der Automobilbranche. Weiter sind hochpräzise Laser-Schneidtechniken auf komplexen Oberflächen und neue Beschichtungen auf Glas Themen der Konferenz. Die Teilnehmer der „Function meets Glass“ erhalten zudem eine geführte Tour über die glass technology live.

Glaswelt – Welche gravierenden Änderungen sehen Sie durch Smart Glass Anwendungen auf die Branche und die Nutzer zukommen?

Horn – In der Baubranche fungiert Glas in erster Linie als trennendes Bauteil, welches gleichzeitig Transparenz und Lichteintrag ermöglicht. Hinzu kommt das Potenzial, Energie durch Sonneneinstrahlung zu generieren. Smart Glass erweitert die Bandbreite der Nutzungsmöglichkeiten für diesen Bereich und ermöglicht die Funktionalisierung der Gebäudehülle. Das Glas wird ein Informationsträger nach außen und auch nach innen. Wandoberflächen könnten damit zur Präsentation von Informationen beitragen. Sie könnten so Teil der Funktion des Büros, sowohl in der Kommunikations- als auch in der Informationsverarbeitung werden. Dies würde einen großen Umbruch in der Bürowelt erzeugen, aber da sind wir noch nicht, auch wenn erste Konzepte und Ideen auf der glasstec präsentiert werden.

Glaswelt – Wie wichtig werden solche Gläser für Planer und Architekten werden?

Horn – Sollte sich die Idee der Gebäudehülle als Kommunikationsfläche durchsetzen, kann das eine enorme Auswirkung auf unsere Arbeitswelt haben. Bürostrukturen würden sich verändern und damit sogar die Grundrissstrukturen von Bürogebäuden. Das geschieht dann nicht nur im Neubau, auch in bestehenden Gebäuden könnte dies zu Veränderungen und Optimierungen führen. Die Ideen sind schon da, die Lösungen dazu müssen noch gefunden werden. Und genau dafür sind Sonderschauen wie die „glass technology live“ da: um Ideen zu platzieren und Entwicklungen anzustoßen.

Glaswelt – Welche Vorträge wird es für diese Glassegmente auf der Messe geben?

Horn – Wie schon erwähnt, die Technologiekonferenz „function meets glass“ liefert hier ebenfalls die Antworten auf die wichtigsten aktuellen und zukünftigen Fragestellungen. Lars Klatte vom Fraunhofer iST wird z. B. zur Bedeutung von funktionalen Gläsern und der Integration in unseren Lebensraum sprechen. Weitere Themen beschäftigen sich mit den heutigen und zukünftigen Anwendungsbeispielen, wie bei Medienfassaden, der Nutzung von Smart Glass im Büro oder in Eigenheimen.—

Das Interview führte Matthias Rehberger.

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