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Es geht nicht nur um die technischen Werte

Tageslichttechnik als Doping für den Menschen

_ Die gesundheitlichen Wirkungen von Licht und Beleuchtung werden in der Ergonomie (und in der Arbeitsmedizin) in der Regel im Sinne der Arbeitssicherheit betrachtet. Diesbezügliche Untersuchungen haben ihren Niederschlag im Forschungsprojekt „Licht und Gesundheit“ (Çakir, A. und Çakir, G., 1990, 1994, 1998) gefunden.

Der Arbeitsplatz

Hierbei hat sich u.a. gezeigt, dass die künstliche Beleuchtung von Arbeitsstätten eine der wichtigsten Ursachen des sogenannten Sick Building Syndromes darstellt, während die natürliche Beleuchtung die Gesundheit auch dann positiv beeinflusst, wenn sie unübersehbare Störungen verursacht (Wärme, Blendung durch Spiegelungen auf dem Bildschirm usw.). In den letzten Jahren haben sich aber auch die Humanbiologie, die Allgemeinmedizin und die Psychologie zunehmend stärker mit den Auswirkungen von Licht auf den Menschen befasst. Da sich die Einflüsse allgemeiner Art und solche, die mit der organisierten Arbeit verbunden sind, wegen der Wechselwirkung zwischen dem Arbeitsleben und dem Privatleben nicht trennen lassen, werden sie hier als ein gemeinsamer Betrachtungsgegenstand der Ergonomie angeführt. Die neuen Erkenntnisse erweitern unseren Wissenshorizont weit über die Kenntnisse in der Photobiologie und Medizin hinaus, die noch vor einem Jahrzehnt existiert haben.

Es wird schon lange geforscht

Die wesentlichen Impulse, die zu den angeführten Forschungen geführt haben, kamen von drei Quellen. Die ersten beiden Quellen sind der Amerikaner John Ott und der deutsche Augenmediziner Hollwich. Ott hat im Wesentlichen behauptet, die Qualität des Lichts (z. B. Farbe, spektrale Zusammensetzung) würde viele physiologische Veränderungen beim Menschen verursachen. Man solle daher auch in künstlich beleuchteten Umgebungen versuchen, das Tageslicht und seine Veränderung nachzuahmen. Hollwich hat einige dieser physiologischen Wirkungen in den 60er Jahren untersucht und die Theorie aufgestellt, dass die vom Auge wahrnehmbare sichtbare Strahlung nicht nur das Sehen der Umgebung ermöglicht, sondern über das Zwischenhirn den gesamten Organismus des Menschen beeinflusst.

Die letztere Wirkung würde über einen „energetischen Anteil der Sehbahn“ erfolgen, während man in der Sehphysiologie nur dessen “optischen” Anteil kennen würde. Hollwichs Thesen waren sehr lange umstritten, bis man sie ernst nahm. In der Zwischenzeit hat die Wissenschaft Hinweise dafür gefunden, dass die Beeinflussung der circadianen Rhythmik durch Licht sowohl über die Augen als auch über die Haut erfolgt.

Der Mensch im Licht

Der dritte Anlass, der die Forschung im Sinne von Licht und Gesundheit angetrieben hat, war die Forschung über die circadiane Rhythmik des Menschen, von der man lange annahm, sie sei durch externe Einflüsse wie künstliches Licht nur wenig beeinflussbar. Im Wesentlichen würde der Gang der Sonne den entscheidenden Zeitgeber spielen. Diese Vorstellungen beruhten z. T. auf Höhlenforschungen, bei denen die künstliche Beleuchtung die Rhythmik nicht hat ändern können. Es wurde jedoch nachgewiesen, dass bei diesen Untersuchungen die Dosis zu gering gewesen ist und dass bei entsprechender Bestrahlung von ca. 10 000 lx Änderungen der circadianen Rhythmik verursacht werden können. Diese Wirkung wird auf die Veränderung der Melatoninproduktion zurückgeführt. Die erfolgreiche Behandlung der Winterdepression (SAD = seasonal affective disorders) mit starken Lichtduschen zeigt, dass mehr gesundheitliche Effekte dahinter stehen als einst angenommen. In dem Buch “Biologic effects of light 1998” (Holick, 1999) werden beispielsweise epidemiologische Erkenntnisse diskutiert, die darauf hinweisen, dass von Bluthochdruck bis Brustkrebs eine Reihe von gesundheitlichen Problemen und Risiken vom Licht beeinflusst werden können.

Noch nicht bekannt sind die Wirkungsmechanismen. So wird diskutiert, ob künstliches Licht selbst oder seine Nutzung in der Dunkelzeit oder aber auch der Mangel an starken Lichteinflüssen die Ursache sein können..

Fazit

Das Tageslicht ist dem Kunstlicht in allen Belangen überlegen. Vollkommen egal ob in funktionaler, emotionaler oder medizinischer Sichtweise. Natürlich kann aufgrund des Tagesverlaufes oder wechselnden Wetterlagen und den damit verbundenen Helligkeitsschwankungen nicht auf die Kombination mit Kunstlicht verzichtet werden. Es steht mittlerweile auch fest, dass das Beleuchtungsniveau durch das Tageslicht für den größten Teil des Tages das Niveau des Kunstlichtes deutlich übersteigen kann. Zusammen mit den positiven Erkenntnissen wie sich Tageslicht und Kunstlicht auf den Mensch auswirken, sollte deshalb der Aspekt Tageslicht bei der Planung und Beratung nicht außer acht gelassen werden.—

Quelle: Dr.-Ing. Ahmet Çakir, Dipl.-Ing. Gisela Çakir, Auszug aus Licht und Ergonomie

Olaf Vögele

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