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GLASWELT vor Ort: Rosenheimer Fenstertage

Eine Zäsur ist im Anmarsch

_ Der Herbst zeigt sich in Rosenheim von seiner besten Seite, aber das Bild einer zu Ende gehenden langen Sommerperiode lässt sich vielleicht auch auf die Branche übertragen: Viele Teilnehmer des großen Branchentreffs glauben nicht mehr so recht daran, dass die vollen Auftragsbücher in Zukunft noch so voll sein werden. Wenn man den Gesprächen Glauben schenkt, dann steuert die Branche mehr und mehr auf größere Probleme zu.

Geschäftsführer und Vertriebler führen in Gesprächen an, dass es die Branche verpasst hat, aus hohen Umsätzen auch ordentliche Erträge zu machen. Jetzt seien viele Player ohne obligate Reserven am Markt, nötige Investitionen in die Digitalisierung würden ausbleiben und die Gefahr drohe, dass alteingesessene Betriebe den Sprung in eine neue Zeit nicht mehr vollziehen können.

Sieberath geht, Lass kommt

Eine weitere Zäsur kündigt sich auch personell in Rosenheim an: Prof. Sieberath, der jetzt seit 37 Jahren als anerkannter Fensterfachmann das ift geprägt hat, verkündete auf den Fenstertagen seine ganz konkreten Rückzugspläne: Sieberath werde wohl in zwei Jahren die Institutsleitung an Prof. Jörn P. Lass übergeben. Und dazu kommt der just verkündete und vollzogene Generationswechsel im ift-Vorstand: Der Vorsitzende Bernhard Helbing wollte aus Altersgründen nicht mehr kandidieren. An seiner statt wurde der langjährige Vize Oskar Anders zum Vorsitzenden gewählt.

Blicken wir zurück auf die Fenstertage, lässt sich hinterfragen, ob diese Zäsur auch an der Teilnehmerzahl ablesbar wird: Waren es vor einigen Jahren einmal fast 1000 Teilnehmer, die sich nach Rosenheim aufmachten, so sind es diesem Herbst nur knapp über 700 gewesen. Prof. Sieberath jedoch findet diese Entwicklung angebracht: „Die Anzahl der teilnehmenden Fensterbaufirmen ist nicht gesunken, nur die sonst großen Gruppen der Systemhäuser sind kleiner ausgefallen. Ich bin glücklich über die Entwicklung, wir haben das angestoßen.“ Eine Konstante aber begleitet die Fenstertage schon immer: Die Diskussion um das Tagungsprogramm. Auch in diesem Jahr gab es nach Meinung Vieler Höhen und Tiefen, die auch jeder für sich unterschiedlich beurteilte.

Bereits im Vorfeld wurde ein Themenblock als „Fenstertage-untypisch“ angekündigt. Tatsächlich konnte der Veranstalter hier nicht überzeugen: Zwei Vorträge waren angesetzt, einer davon fiel aus und einer fiel eher auf als wenig informative Werbeveranstaltung für den dort vertretenen Anlagenhersteller.

Positiv hervorzuheben aber ist der Beitrag des Institutsleiters selbst: Prof. Sieberath beschäftigte sich mit dem Begriff „Grenzenlos“ im Zusammenhang mit unserer Branche. Dabei hielt er allen noch einmal vor Augen, wo unsere Grenzen liegen: die Ressourcen sind endlich, die Anzahl der Wohnungen decken nicht den Bedarf und im Prinzip klagt jeder über mangelnde Fachkräfte. Als ständige Grenzgänger gerieren sich auch die Politiker: Man setzt sich beispielsweise ökologische Grenzen und Klimaziele – gleichzeitig würden diese Grenzen leichtfertig überschritten ohne dass sich jemand groß aufrege. Beklagt hat er auch die bedenkenlose Überschreitung der Systemgrenzen von Bauelementen.

Als plakativer Beweis folgte die Abfrage im Zuhörerkreis: Rund 40 Prozent haben tatsächlich häufig Systemgrenzen überschritten. Und nur knapp über 10 Prozent halten sich daran.

Alle Jahre wieder: Vakuumglas

Ein viel beachteter Block vertiefte das Thema Vakuum-Isolierglas: Karin Lieb vom ift stellte darin den Schlussentwurf einer internationalen Norm und ein Prüfprogramm vor, das an einigen „Luftleeren“-ISO-Scheiben asiatischer Hersteller erprobt wurde.

Die Ergebnisse liegen auf der Hand und sprechen gleichfalls nicht für das Produkt, denn damit einher geht eine Verschlechterung des Glasrandverbunds und gleichzeitig auch des Uf-Wertes. Insofern kommt auch beim Uw-Wert nur ein Teil der Verbesserung an. Deshalb ist für Lieb klar, dass bei Verwendung von VIG die Rahmenkonstruktionen angepasst werden müssen.

Einen weiteren bemerkenswerten Vortrag hielt Knut Junge. Der selbst stark sehbehinderte Mitarbeiter am ift brachte einen ganz neuen Ansatz zum Thema Nullschwelle ins Spiel: Nicht die Schwellenhöhe ist entscheidend, sondern die Überrollbarkeit des Hindernisses.

Gleichzeitig stellte er ein Messverfahren vor, welches die objektive Beurteilung von Schwellen in Form einer Klassifizierung ihrer Überrollbarkeit ermöglichen soll.

Martin Langen von B+L Marktdaten lieferte schließlich noch wichtige Markt-Erkenntnisse: Aktuell werden Aufträge im Bereich der Sanierung mangels Kapazität abgelehnt. Parallel dazu werde sich allmählich die starke Neubaukonjunktur abkühlen. Also müsse man als Anbieter parat stehen und dem Kunden die perfekte Lösung im Bestand anbieten: Ohne viel Dreck und ganz schnell muss die Sanierung klappen. Das wäre ein Mega-Erfolgsmodell.—

Daniel Mund

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