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Interview mit Patrick Dupin

“Ja, auch wir tragen Verantwortung“

Glaswelt – Wie wichtig ist es für Ihr Unternehmen, gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen – jenseits der rein ökonomischen Betrachtung?

Patrick Dupin – Nachhaltigkeit kann man nur ganzheitlich betrachten, das heißt in den drei Dimensionen Umwelt, Soziales und Ökonomie. Und hier tragen wir Verantwortung. Wir müssen uns immer wieder fragen: Welche Auswirkungen hat unser wirtschaftliches Handeln für die Gesellschaft und die Umwelt? Nachhaltiges Denken ist bei uns seit einigen Jahren zur Triebfeder für Innovationen geworden und fließt standardmäßig in unsere Entscheidungsprozesse ein, in allen Bereichen.

Dabei hilft uns das „glass forever“-Programm: Jede Ebene und jede Abteilung setzt sich eigene Ziele. Die Produktentwicklung etwa hat andere Stellschrauben in puncto Nachhaltigkeit als die Marketingabteilung oder der Einkauf. Entscheidend ist, dass die Mitarbeiter überall konkreten Einfluss nehmen können und alle am gleichen Strang ziehen.

Glaswelt – Wer hat diese Nachhaltigkeitsgedanken und „glass forever“ angestoßen?

Dupin – Die Nachhaltigkeitsstrategie wurde im Zusammenspiel von Topmanagement und Belegschaft entwickelt. Generell gilt bei solchen Initiativen: Das Topmanagement muss den Rahmen schaffen und sich selber committen. Aber wirklich erfolgreich wird ein Nachhaltigkeitsprogramm erst dann, wenn die Mitarbeiter die Initiative in ihren Alltag tragen. Genau dafür gibt es eben unser „glass forever“-Programm.

Glaswelt – Wie setzen Sie das technisch um?

Dupin – Ich möchte das am Beispiel Klimaschutz erläutern: Wir wollen die Emissionen bis zum Jahr 2025 um 20 Prozent gegenüber dem Bezugsjahr 2010 senken. Hier fahren wir zweigleisig. Zum einen arbeiten wir daran, die technischen Prozesse permanent zu verbessern, etwa bei der Floatglas-Herstellung. Zudem steigern wir konstant die Performance unserer Glasprodukte, gerade auch hinsichtlich der Emissionen. Isoliergläser, die wir heute verkaufen, benötigen, im Verhältnis zu ihrer gesamten Lebensdauer, nur noch eine kurze Zeitspanne, um ihre Herstellungsenergie zu amortisieren.

Glaswelt – Nennen Sie ein weiteres Beispiel.

Dupin – Für uns als produzierendes Unternehmen ist Recycling sehr wichtig. Allerdings bietet das Recycling von Glas wenig Payback. Glas aus alten Gebäuden muss üblicherweise aus Fensterrahmen genommen und gereinigt werden. Dennoch arbeiten wir kontinuierlich daran, die Wiederverwendung zu optimieren. Unser Ziel ist es, den Anteil der Scherben in der Glasherstellung bis 2025 auf 50 % zu erhöhen. Aktuell sind wir schon bei rund 40 %, das entspricht einer Verdoppelung des Scherbenanteils in wenigen Jahren. Rein mengenmäßig ist das ein relevanter Beitrag für eine funktionierende Kreislaufwirtschaft.

Glaswelt – Stichwort „Smarte Gläser“. Werden solche Gläser die Branche revolutionieren?

Dupin – Wir gehen davon aus, dass smarte Gläser künftig immer breiter eingesetzt werden, etwa unser SageGlass für die Fassade oder unser schaltbares Interieur-Glas Priva-Lite. Grundsätzlich sehen wir in der Kombination von Glas mit elektrischen und elektronischen Bauteilen einen Trend. Zugespitzt gesagt: „Glas mit Stecker“. Dazu zählt z. B. Glas mit steuerbarem Kunstlicht. Aber auch Gläser mit variablem g-Wert, die via Cloudfunktionen vernetzt sind. Sie werden in vielen Bereichen den klassischen Sonnen- und Sichtschutz langfristig ersetzen.

Oft heißt es, solche Gläser seien zu teuer und rentierten sich nicht. Das ist so aber nicht richtig, denn man darf smartes Glas nicht einfach mit Standard-Isolierglas vergleichen. Wichtig ist eine Gesamtbetrachtung. Das heißt, man muss die Mehrkosten z. B. für ein SageGlass in Zusammenhang setzen mit den Einsparungen durch den entfallenden Sonnenschutz und den geringeren Instandhaltungsaufwand. Und schon sieht die Rechnung ganz anders aus.

Übrigens hängt die Entwicklung auch stark vom jeweiligen Markt ab. Im Unterschied zur Nachfrage in Deutschland sind solche Gläser in der Schweiz oder im Mittleren Osten klar im Kommen. Wir treiben die Entwicklung bei SageGlass weiter voran. Ich gehe davon aus, der Preis wird sinken und das Produkt allein dadurch attraktiver.

Glaswelt – Was ist bei Smart Glass relevant?

Dupin –  Schaltbares Glas ist nicht per se smart, im Mittelpunkt steht die Steuerung. Das gilt für alle smarten Gläser. Dazu kommt die Vernetzung, etwa über Cloudfunktionen. Deshalb bieten wir für unsere Glassysteme auch die Steuerungstechnik an. Wir haben immer den Blick darauf, welche Schnittstellen heute und in Zukunft notwendig sind, um Glaselemente intelligent steuern zu können. Smart wird ein Glas, wenn es die Bedürfnisse des Nutzers erkennt und darauf reagiert, oder noch besser, wenn es diese sogar vorwegnimmt.

Glaswelt – Welche neuen Geschäftsmodelle ermöglicht die Digitalisierung für die Branche?

Dupin – Der Mix aus Software und Hardware ermöglicht heute bereits eine Reihe von neuen Anwendungen. Wir sollten uns als Branche vor allem auf Ideen konzentrieren, wie man Funktionalitäten vermarkten kann, statt nur Produkte zu verkaufen. Ein Beispiel ist die Vermietung von Sonnenschutz. Wir arbeiten an solchen Konzepten und an der Umsetzung mit der passenden Software. Generell analysieren wir laufend neue Geschäftsfelder und Vertriebskanäle. Keiner am Markt kann voraussehen, was genau kommt. Ob von den Tech-Giganten ein großes Risiko für die Glasbranche ausgeht, kann ich nicht sagen. Ich glaube eher, dass es die mittelständischen Verarbeiter sind, die die Entwicklung digitaler Lösungen in der Glasbranche vorantreiben werden, weniger Amazon und Co.—

Das Interview führte Matthias Rehberger.

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