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Im Interview mit Walter Lonsinger

“Es müssen sich uns noch mehr Unternehmen anschließen!“

Um Primäraluminium zu erzeugen, benötigt man viel Energie. Außerdem wird durch den Bauxit-Abbau die Umwelt belastet. Auf der anderen Seite lässt sich Aluminium perfekt recyceln. Für den Sekundärrohstoff – beispielsweise aus alten Fassaden – werden dann nur fünf Prozent der Ursprungsenergie benötigt und die Umwelt geschont. Wichtig dabei ist aber, dass der Wertstoff nicht downcycelt wird. Es muss vermieden werden, dass die Qualität des Wertstoffes sinkt. Am besten wäre es, Aluminium für das wieder zu verwenden, was es schon einmal war: Zum Beispiel eine Fassade. Und wichtig wäre auch, dass der Wertstoff im Land seiner Nutzung verbleibt. Um solche sinnvollen Konzepte sorgt sich der A|U|F e.V., der sich zum wichtigen Bindeglied in der Fassadenbranche entwickelt hat. Hier sind Systemhäuser, Metallbauer, Planer und Architekten und Schrotthändler organisiert. Und nur so funktioniert der geschlossene Wertstoffkreislauf. Wir haben mit dem Mann gesprochen, der den A|U|F breit aufgestellt hat und der aufgrund seiner Erfahrung als Geschäftsführer eines Systemhauses das Zeug dazu hat, noch viele weitere Betriebe in diesem Verein zu organisieren – schließlich geht es um das nachhaltige wirtschaften mit begrenzten Ressourcen.

Glaswelt – Herr Lonsinger, wofür steht eigentlich die Abkürzung AUF?

Walter Lonsinger – Aluminium und Umwelt im Fenster und Fassadenbau.

Glaswelt – Wie kam es zu dieser Vereinsgründung?

Lonsinger – Ende der 1980er-Jahre gab es eine intensive Diskussion um das Aluminium – das gipfelte in Aussagen bestimmter Kommunen, dass man kein Aluminium mehr verwenden wollte. Nach einer anfänglichen Passivität der Systemindustrie haben sich dann doch fünf Häuser dazu aufgeschwungen, mehr Aufklärung zu betreiben. So gründeten 1994 die Häuser Hueck, Hartmann, Gartner, Wicona und Schüco die A|U|F mit dem Ziel, Verbraucher über die gesamte Wertschöpfungkette eines Aluminiumprofils in Kenntnis zu setzen. Klar war, dass man den Werkstoff gebraucht hat, dass die Rohstoffgewinnung viel Energie benötigt und es tatsächlich beim Bauxit-Abbau zu Umweltbelastungen gekommen ist.

Glaswelt – Wie viel Energie wird denn bei der Aluminiumgewinnung benötigt?

Lonsinger – Rund 14 kWh Strom wird für ein Kilo Aluminium verbraucht – mit der Menge fährt beispielsweise ein kleines E-Auto knapp 100 km weit. Auch der CO2-Ausstoß ist bei der Aluminiumerzeugung relativ hoch. Das sind Fakten, die nicht wegzudiskutieren sind. Aber auf der anderen Seite ist Aluminium sehr gut und praktisch endlos oft recyclefähig. Die Energie, die benötigt wird, um aus einen Kilo Schrott wieder hochwertiges Aluminium zu gewinnen, beträgt nur fünf Prozent der Ursprungsenergie. Entsprechend sinkt auch der CO2-Ausstoß.

Glaswelt – Es gilt also die Devise, möglichst viel Aluminium aus bereits gewonnenem Material zu gewinnen. Die Energiebilanz des Aluminiums verbessert sich im Laufe der Jahre?

Lonsinger – Wenn man weiß, dass im großen Stil Aluminium erst seit den 1950-Jahren hergestellt wird und das heute noch rund 70 Prozent des jemals produzierten Aluminiums im Einsatz sind und mehrfach wiederverwertet werden kann, dann schaut die Energiebilanz dieses Werkstoffes tatsächlich schon ganz anders aus.

Glaswelt – Worauf kommt es Ihnen bzw. der A|U|F denn jetzt besonders an?

Lonsinger – Wir müssen noch mehr Wert darauf legen, dass das Aluminium, das bei uns genutzt wurde, auch wirklich in Deutschland bzw. Europa verbleibt. Denn wenn wir heute das Aluminium in ferne Länder exportieren, dann exportieren wir nicht nur den Schrott, sondern auch die darin enthaltene Energie.

Glaswelt – Sie stehen also dafür ein, dass das Altmaterial auch tatsächlich im eigenen Land verbleibt?

Lonsinger – Unsere metallverarbeitenden Mitglieder verpflichten sich, ihren Schrott in einen geschlossenen Kreislauf zu bringen, in dem sie nur an von der A|U|F zertifizierte Sammelpartner ihren Schrott verkaufen.

Glaswelt – Warum wird denn überhaupt Schrott an Unternehmen veräußert, die diesen anschließend exportieren?

Lonsinger – Natürlich geht es da auch ums Geld. Außerdem wissen ja viele gar nicht, wo der Schrott wirklich hingeht. Nur der A|U|F-zertifizierte Schrotthändler garantiert dafür, dass er die eingesammelten Schrotte nicht außerhalb Europas weiterveräußern darf und dass sie nicht an Gießereien liefern, die daraus z. B. Gussaluminium herstellen. Denn dann hat man das hochwertige Aluminium abgewertet und es steht nicht mehr für höherwertige Legierungen zur Verfügung.

Glaswelt – Können Sie das etwas klarer darstellen?

Lonsinger – Aus einem Aluminium-Fensterprofil können sie problemlos einen Aluminiummotor aus Guss machen – aber umgekehrt geht das nicht.

Glaswelt – Und wenn die Aluminiumsystemhäuser heute Profile herstellen, wie viel Recyclingmaterial steckt denn dann darin?

Lonsinger – Das wissen diese Systemhäuser zum Großteil gar nicht genau, weil sie die Profile in einem Presswerk herstellen lassen. Die Systemhäuser produzieren ja nur teilweise ihre Profile selbst, der Großteil bezieht diese von unterschiedlichen Presswerken. Aber im Durchschnitt können wir davon ausgehen, dass rund 30 Prozent Recyclingmaterial in der Rohware enthalten ist. Dies sind Werte die sich rein rechnerisch aus der Menge des zur Verfügung stehenden Schrottes ergeben.

Glaswelt – Warum nicht mehr?

Lonsinger – Weil der Markt nicht mehr hergibt. Eine Cola-Dose hat eine Umlaufzeit von rund sechs Wochen – im Bauwesen sprechen wir von Umlaufzeiten von 20, 30 bis 50 Jahren.

Glaswelt – Lässt sich denn der Aluminiumschrott so spezifisch separieren?

Lonsinger – Heute sind unsere Partner mit ihren Sortierprozessen so weit, dass sie aus 100 Prozent Recyclingschrott einen Bolzen mit den garantiert gleichen Eigenschaften wie Primäraluminium gießen. Es wird immer angestrebt, die Legierungen möglichst sortenrein zu behalten. Und eine Dose hat eine andere Legierung als ein Fensterprofil. Das wird dort mittels eines Röntgenstrahles gemessen und so ist man in der Lage, die Zusammensetzung des Schrottes so exakt zu bestimmen.

Glaswelt – Und wie lässt sich der geschlossene Wertstoffkreislauf nachweisen?

Lonsinger – Die A|U|F bekommt den Nachweis von den Entsorgern, welcher Schrott bei unseren Mitgliedern eingesammelt wurde und gleichfalls weist der Schrotthändler uns nach, an wen er das geschredderte Aluminium geliefert hat. Nur so sind wir als einzige Organisation in der Lage, diesen geschlossenen Wertstoffkreislauf klar aufzuzeigen.

Glaswelt – Warum ist dieser Nachweis für Ihre Branche so wichtig?

Lonsinger – Die Stadt München hat beispielsweise immer noch ein Aluminiumanwendungsverbot für städtische Bauten. Es gibt allerdings eine Ausnahme: Wenn der Anbieter nachweisen kann, dass mindestens die Hälfte der eingebauten Produkte aus Recyclingmaterial besteht. Das lässt sich momentan leider noch nicht exakt nachweisen, deswegen plant der Architekt lieber mit anderen Materialien. Die Anwendungseinschränkungen der Kommunen waren ein Grund, die A|U|F als Verein mit sieben Gründungsmitgliedern 2010 neu aufzustellen. Wir sind dann auf alle großen Schrotthändler zugegangen und konnten zwischenzeitlich 11 Unternehmen mit ca. 270 Niederlassungen in Deutschland zertifizieren. Mit dieser Aussage eines geschlossenen Wertstoffkreislaufes haben wir viele Argumente auf unserer Seite, es müssen sich aber noch mehr Unternehmen, insbesondere Metallbauer, an diesem Kreislauf anschließen.

Glaswelt – Wie ist der A|U|F denn überhaupt organisiert? Wer sind die Mitglieder?

Lonsinger – Wir haben 184 Mitglieder per 30.09.2018, davon sind 138 kleine und auch größere Metallbaubetriebe, 10 Systemhäuser und eben auch Planungsbüros und Zulieferbetriebe.

Glaswelt – Warum sollte ein Metallbaubetrieb Mitglied werden im A|U|F?

Lonsinger – Die meisten sind bei uns, weil sie einsehen, dass man etwas für diesen geschlossenen Wertstoffkreislauf und damit für die Nachhaltigkeit tun muss. Es gibt aber auch Vereinsmitglieder die dabei sind, weil sie durch eine Ausschreibung dazu „gezwungen“ werden. Denn wir versuchen – gemeinsam mit den Systemhäusern –, dass der Nachweis eines geschlossenen Wertstoffkreislaufes in den Ausschreibungen festgeschrieben wird.

Glaswelt – Was kostet die Mitgliedschaft?

Lonsinger – Wir haben einen gestaffelten Beitrag: Kleinere Betriebe bis 5 Mio. Euro Umsatz zahlen im Jahr 200 Euro. Das geht hoch bis zu 10 000 Euro für ein Systemhaus.

Glaswelt – Wie ist der A|U|F strukturiert?

Lonsinger – Wir haben ein Sekretariat auf Stundenbasis in der Geschäftsstelle des VFF und ich als Vorstand bin ca. 40 bis 50 Tage pro Jahr für den Verein aktiv. Der siebenköpfige Gesamtvorstand besteht aus Vertretern der Systemhäuser, Metallbauer und einem Planungsbüro.

Glaswelt – Welche Ziele haben Sie sich für die A|U|F für 2019 gesteckt?

Lonsinger – Einen weiteren Ausbau der Mitgliedszahlen – wenn man bedenkt, dass bislang nur 138 Metallbauer dabei sind, bei einer Branche von bis zu 4000 Betrieben, ist das einfach viel zu gering. Dabei ist mir aber wichtig, dass unsere Mitglieder auch hinter dem Vereinsziel stehen und aktiv mitmachen. Wir haben eine tolle Volumenentwicklung und wir wollen noch mehr in die Ausschreibungen hinein, damit der Beteiligungsdruck auch vom Markt kommt.

Glaswelt – Sie sind auf der BAU anzufinden?

Lonsinger – Ja, wir befinden uns auf dem Stand des ift Rosenheims. Halle C4, Stand 502.

Glaswelt – Herzlichen Dank für Ihre Auskünfte!—

Die Fragen stellte Chefredakteur Daniel Mund

Wofür steht der A|U|F?

Der A|U|F wurde 1994 gegründet und 2010 neu aktiviert. Es ist ein von deutschen Metallbaubetrieben, Systemhäusern und anderen Unternehmen getragener Verein, der einen geschlossenen Wertstoffkreislauf für Aluminium in den Bereichen Fenster, Türen und Fassaden organisiert. Das Ziel: Die umweltfreundliche und ressourcenschonende Wiederverwertung und -verwendung von Aluminium engagiert zu fördern und dass das Sekundäraluminium und die Produktionsabfälle innerhalb der europäischen Gemeinschaft und dessen Kreislaufsysteme verbleiben. Die Volumenentwicklung des für Recyclingzwecke gesammelten Aluminiumschrotts wächst. Allein im ersten Halbjahr 2018 registrierte der A|U|F knapp 18 000 Tonnen. 2017 hatte dieser Wert noch bei 15 461 Tonnen gelegen, im gesamten letzten Jahr wurden 30 525 Tonnen erfasst. Damit werden rund 36 % des gesamten deutschen Aluminiumschrotts im Bauwesen über den A|U|F recycelt.

„Von Seiten des Bundes gibt es derzeit keine Einschränkungen mehr gegen den Einsatz von Aluminium im Bauwesen“, so Vorstandsvorsitzender Walter Lonsinger. „Das ist auch unserer Arbeit zu verdanken.“ Nicht ganz so positiv sieht es auf kommunaler und städtischer Ebene aus. In München z. B. darf Aluminium in öffentlichen Bauvorhaben nur in Ausnahmefällen verwendet werden. Der A|U|F hat sich zum Ziel gesetzt, mit den verantwortlichen Stellen in Kontakt zu kommen um die Ziele des Vereines und die Vorteile eines geschlossenen Wertstoffkreislaufes darzustellen.

www.a-u-f.com

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