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DATENnutzung IN DER GLASVERARBEITUNG (Teil 2)

So machen Sie Daten zu Informationen

_ Das Wesentliche an der Datenanalyse ist, immer konsequent zu sein. Beginnen Sie mit der Definition des Zieles: Was soll erreicht werden? Als Basis nutzen Sie am besten Ihre Erfahrung im Betrieb, um abzuschätzen, wo sich Potenziale verbergen.

Stellen Sie dabei jedoch nicht eventuelle Kapazitätsengpässe der Maschinen in den Vordergrund, sondern – das ist meine persönliche Erfahrung – überlegen Sie, wie man den gesamten Fertigungsprozess um die Maschine verbessern kann.

Seien Sie bei den Fragestellungen so konkret wie möglich, diese können etwa lauten: „Wie groß sind meine Stillstandszeiten und was sind die größten Verursacher?“ oder „Wie ist meine tatsächliche in der Produktion erreichte Taktzeit und warum weicht diese von der theoretisch erreichbaren Taktzeit ab?“

Fragen Sie sich befreit von der technischen Machbarkeit (also: woher Sie die Daten bekommen) zuerst, welche Daten Sie dafür benötigen, etwa durch Aufsummieren der Nicht-produktivZeiten, durch Messung der aktuellen Taktzeit und der Einflussparameter etc.

Sobald Sie die Daten strukturiert haben, fragen Sie Ihr Team, aus welchen Quellen die Daten am besten bezogen werden können. Also: Was ist wo verfügbar, auf der Maschine, im Produktionsplanungssystem, oder müssen vielleicht zusätzliche Messpunkte händisch aufgenommen werden?

Hier gleich ein Tipp: Versuchen Sie die maximale Zahl der Daten vollautomatisch zu bekommen! Jede manuelle Eingabe wird von den Mitarbeitern als Fleißaufgabe gesehen und ist praktisch fehlerbehaftet (da händische Eingabe). Die Motivation zur Eingabe von Daten, die nicht der direkten Produktion dienen, sinkt sehr schnell ab.

Entweder sorgen Sie dafür, dass diese Daten eingegeben werden müssen (da sonst z. B. ein Prozess oder eine Maschine nicht startet), oder Sie verpflichten disziplinarisch. Beides ist aber aufwendig und immer fehlerbehaftet. Daher sehen Sie davon ab, dass Ihre Mitarbeiter etwa in separaten Systemen z. B. Störzeiten eingeben. Versuchen Sie lieber, dies aus Maschinendaten wie Produktionsstatus und anstehende Alarme zu ermitteln. Das bietet eine bessere Datenbasis, belastet aber die Mitarbeiter weniger.

Daten werden zu Informationen

Es geht darum, aus den Daten Informationen zu generieren. Bestimmen Sie einen Mitarbeiter, der die Daten für die Organisation aufbereitet.

Während der Analyse werden Sie schnell erkennen, dass Sie doch noch weitere Daten benötigen. Das ist keine schlechte Planung, sondern schlichtweg normal, also lassen Sie es zu. Eine gute Analyse, sprich: der Informationsgewinn, ist ein iterativer Prozess.

Wichtig ist nur, das Ziel im Blick zu behalten. Und es gilt, das Augenmaß zu bewahren. Lieber durch einfache Methoden 80 % der Information erreichen, als nie 100 % zu erhalten.

Im Fall der Analyse von Stillstandszeiten deshalb lieber eine einfache begreifbare Auswertung machen, die grob strukturiert in Wartung, Reparatur, Produktionsstörung, als zu viel Detailanalyse, die unübersichtlich ist und nur mit viel Aufwand erreicht wird. Die Vertiefung der Analyse kommt von selbst. Wichtig: Informieren Sie nach der Grobanalyse Ihre Mitarbeiter über die Ergebnisse.

Analyse zeigt Problempunkte

Aus den Analysen erhalten Sie zuerst einmal die Symptome und nur in manchen Fällen die Ursachen geliefert. Dies ist analog zum Arztbesuch: Beim Röntgen sieht man die Symptome, die Gründe muss der Arzt ermitteln.

Umgemünzt auf das Beispiel der Stillstandszeiten heißt dies: Für einen Teil der Stillstände lassen sich aus den Alarmen die Gründe ermitteln, gerade wenn es um Maschinenfehler/Defekte geht. Welche Maßnahmen man allerdings treffen muss, um diese Fehler zu vermeiden, ist meist noch offen. Gleiches gilt für die Stillstandszeiten, für die es keine direkte Erklärung gibt.

Für die Taktzeiten wird man erkennen, welche Produkte länger als erwartet brauchen. Offen bleibt meist aber, was sinnvoll wäre, um für diese Produkte die Verarbeitung zu beschleunigen. Bis hierher sind eigentlich nur Kosten aufgelaufen und im besten Fall hat man neue Erkenntnisse oder Vermutungen nun bestätigt.

Informieren Sie die Mitarbeiter

Die zielführende Ursachenermittlung und der daraus folgende Verbesserungsprozess fordern die Organisation. Daher ist es sinnvoll, die Resultate der Analysen zuerst im Führungskreis zu diskutieren sowie dann die essentiellen Aussagen möglichst breit in der Organisation zu verteilen.

Wenn die Analysen nach dem KISS-Prinzip (Keep It Simple and Stupid) so einfach verständlich wie möglich kommuniziert werden, ergibt sich automatisch eine hohe Mitarbeiter-Akzeptanz, zumindest für die Fakten. Nennen Sie gleichzeitig die übergeordneten Ziele sowie die Messparameter für den Erfolg.

Nun gilt es, den Return of Invest (ROI) für die Maßnahmen zu erarbeiten, d. h. im ersten Schritt für Symptome noch nicht identifizierte Ursachen zu finden bzw. die Resultate kritisch zu hinterfragen. Hierfür ist es sehr sinnvoll, außerhalb der gewöhnlichen Tätigkeiten zu denken und auch eingeschliffene Abläufe zu hinterfragen.

Input von außen ist hier sinnvoll. Einerseits hilft er, „blinde Flecken“ aufzuzeigen, andererseits ist ein Berater eine temporäre Figur, die gut als „Reibebaum“ dient und die „blöden“ Fragen stellen kann, die sich sonst keiner traut zu stellen, die aber nötig sind, um den Blickwinkel zu ändern.

Nun gilt es, mit dem Produktionsteam in kleinen Portionen an konkreten Maschinen den Aktionsplan für Verbesserungen zu erarbeiten. Wichtig sind hier das kontinuierliche Monitoring dieser Verbesserungen und die direkte Information.

Bezogen auf unser Beispiel zu reduzierten Stillstandszeiten stellen sich dann Fragen nach einer verbesserten Effizienz bei der Wartung, beim Trouble Shooting und wo sich noch Zeit gewinnen lässt.

Im Fall der Taktzeit sind die Gründe zu ermitteln, warum die theoretische Taktzeit nicht gehalten wird: Liegt es an der Maschine oder sind es Nebentätigkeiten, wie Glasholen, Abstapeln, Kontrollieren etc., die die Produktion bremsen?

Es empfiehlt sich, definierte Aktionen zuerst exemplarisch an ausgewählten Maschinen (z. B. Schneiden, Schleifen) oder Linien (z. B. Automatischer Zuschnitt, Sortierung, ISO-Fertigung) zu verifizieren. Die Kommunikation der Erfolge ist als Motivation unabdingbar und die Basis für den Roll-out auf die gesamte Produktion.

Ist der Verbesserungsprozess einmal ins Laufen gekommen, ergeben sich automatisch neue Anforderungen für Analysen und Auswertungen. Damit schließt sich der Kreis von Bild 1. Beachten Sie, dass dieser Kreislauf nur dann am Laufen bleibt, wenn Sie als Verantwortlicher dies regelmäßig einfordern und überwachen.

Dieser Aufwand lohnt sich

Die Analysen durchzuführen ist mit Aufwand verbunden, aber in der Regel überwiegen die gefundenen Potenziale die entstandenen Kosten. Es ist für die genannten Optimierungsprozesse meist sinnvoll mit Externen zu arbeiten.

Diese bringen neben zusätzlichem Fachwissen eine frische Sicht auf den Betrieb und können gerade bei „heiklen“ Themen als Außenstehende ganz unbedarft in mögliche „Wespennester“ stechen.

Im nächsten Beitrag beschreiben wir, wie Simulationen helfen, wenn komplette Prozesse umgestellt werden sollen, und warum es sinnvoll ist, verschiedene Szenarien durchzuspielen.—

Der Autor

Dr. Markus Schoisswohl steht der syn2tec Consulting vor. Das Beratungsunternehmen hift dabei, die Produktion und die zugehörigen Maschinen mit Software zu verbinden. Ziel ist die Optimierung der Fertigung und der Produkte, auch im Hinblick auf die Digitalisierung und Industrie 4.0. www.syn2tec.com

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