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Butter bei die Fische

Mund: Es gibt ein Zauberwort in der Fensterbranche, da werden alle hellwach: Vakuum-Isolierglas. Quasi seit Jahrzehnten begleitet mich die Technologie bei meiner Arbeit als Branchenbeobachter: Immer wieder thematisiert die Industrie das „luftleere Glas“ und anschließend stürzt sich die Fensterbranche drauf und hofft, dass diese Produktinnovation als Gesamtlösung ganz vieler Probleme stehen könnte und vor allem die Fenster leichter machen wird. Aktuell hören wir das Zauberwort wieder auf den Tagungen – es wird berichtet, dass die Glasbranche Produktionskapazitäten innerhalb Europas aufbauen wird. Ist die Hoffnung der Fenstermacher begründet, dass es diesmal wirklich auch zu umsetzbaren und bezahlbaren Produkten kommen kann?

Rehberger: Sagen wir so, wir kommen jetzt in eine Phase, in der auch die Big Player der internationalen Glasbranche sich des Themas annehmen. So hat im letzten Jahr der Glashersteller Guardian sein Vakuum-Isolierglas (VIG) vorgestellt und Ende April hat AGC die Fertigung von VIG in einem industriellen Maßstab in Betrieb genommen. Was mich hier zuversichtlich stimmt ist, dass diese Anlage in Belgien steht, also im direkten Zugriff der europäischen Fenster- und Fassadenhersteller. Vor Kurzem habe ich mit dem zuständigen AGC-Produktmanager für Vakuum-Isolierglas gesprochen. Was dieses Glas leisten kann, ist schon beeindruckend, es wird wohl nicht zum Schnäppchenpreis zu haben sein.

Mund: Butter bei die Fische: Was hat Dich beeindruckt, wie steht es mit dem Randverbund, ist das VIG dann auch dauergebrauchstauglich, welche Größenformate werden möglich und was bedeutet „nicht zum Schnäppchenpreis“? Was mich generell wundert ist die Tatsache, dass man jetzt industrielle Fertigungskapazitäten aufgebaut hat, ohne ein massentaugliches Fensterprodukt im Markt zu haben.

Rehberger: AGC ist wohl aktuell im Gespräch mit großen Fenster- und Fassadenanbietern, da die VIG-Einheiten mit ihren Aufbauten von 6 bis 12 mm wesentlich dünner als 3-fach-Gläser sind und ganz neue Rahmenprofile benötigen. Über den Preis gab es noch keine Auskunft. Was mich beeindruckt ist, dass es sich um eine neue Technologie handelt, die ohne Evakuierungsöffnung auskommt. Die Vakuum-Einheiten gibt es bis maximal 1,5 × 2,5 m oder 1,6 × 2,4 m, wobei der Rand(-Verbund) nur 5 bis 6 mm breit ist. Im Denkmalschutz wird das Glas einfach in den alten Fensterrahmen eingesetzt. Alternativ lässt sich das Vakuum-Glas zusammen mit einem „normalen“ Glas als 2-fach-Isolierglas aufbauen, so kommt man auf einen Ug-Wert von bis zu 0,4 W/(m2K). Im Gegensatz zu herkömmlichem Isolierglas bleibt der Ug-Wert auch beim Schrägeinbau in Dachfenstern oder bei Überkopfverglasung konstant. Zudem ist das Glas zu 100 % bleifrei und kann komplett recycelt werden (mehr Details auf S. 102).

Mund: Wie ein Fenster mit VIG aussehen könnte, hat ja schon Peter Schober von der Holzforschung Austria mehrfach gezeigt. Seinen Ansatz („Das Fenster neu gedacht, GLASWELT 01/2018) hat er auch aktuell auf Branchentreffen präsentiert (mehr darüber hier im Heft) und auch verraten, dass die Entwicklung weiter gehen wird. Und an der Kooperation von AGC mit großen Fensterherstellern bleiben wir dran. Offensichtlich scheint ein VIG-Fenster immer konkretere Formen anzunehmen. Bleiben Sie gespannt und viel Lesespaß mit der aktuellen Ausgabe der GLASWELT!