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Wer schafft “die“ gemeinsame Schnittstelle in der Gebäudeautomation?

Ein ganz großes Fragezeichen oder wer kann mit wem?

_ Jahr für Jahr werden Wachstumsprognosen zu Smart Home wie leidige Teppichwellen verschoben. Viele Smart-Studien prognostizieren schon seit Jahren den Durchbruch zum Massenmarkt und müssen ihre Angaben ständig in die Zukunft schieben. Die Umsatzerwartungen hören sich sicher gut an, aber die derzeitige Marktsituation und Entwicklung ist mit ihren vielen Insellösungen sehr fragmentiert und damit für Fachhändler und Endverbraucher völlig unübersichtlich. Angebote aus dem Internet machen es zusätzlich unübersichtlich. Ändern sollte sich das erst, wenn große Marken endlich einen gemeinsamen Nenner finden, den man allgemein als Schnittstelle bezeichnet.

Zuviel Vielfalt?

Verwirrung stiftet schon alleine die Vielfalt der möglichen Funknetze, einer der Schlüsseltechnologien von Smart Home: io-homecontrol, RTS, ZigBee, Z-Wave, EnOcean, HomeRF, KNX-RF, Loxone Air, HomeMatic, Bluetooth, DECT, WLAN und weitere andere Lösungen vereinzelter Hersteller. Kein Fachhändler und Endverbraucher kann bei diesem Dschungel voller Anbieter noch durchblicken, was gut funktioniert und vor allem was miteinander kompatibel sein soll, bzw. auch wirklich ist. Selbst Antriebsprodukte der gleichen Hersteller sind heute nicht mit allen Steuerungen und ihren Modulen kompatibel, wenn es darum geht, den vollen Leistungsumfang des Smart Home Systems nutzen zu wollen. Treffen da noch Antriebsmotoren verschiedener Hersteller und Module aus dem Bereich der Licht-, Heizungssteuerung oder Alarmanlagen aufeinander, dann wird es sehr schnell schwierig, diese gemeinsam anzusteuern. Die Lösung lautet dann leider viel zu oft, wo ist der kleinste gemeinsame Nenner.

Willkommen auf der Insel

Eigentlich sollte man davon ausgehen können, das mit dem Begriff Smart Home die gemeinsame Steuerung der Haustechnik einhergeht. Die meisten Angebote zur Automatisierung von Wohnhäusern und Kleinobjekten befinden sich aber auf mehreren Inseln ohne jede Brücke, die sie miteinander verbinden. Das bedeutet in der Realität entweder nur Sonnenschutz, nur Heizung, oder nur Beleuchtung und Security. Hinsichtlich der möglichen Integration zu einem Gesamtsystem konstatierte Dirk Schlesinger von Cisco bereits auf dem Cebitforum 2014 eine beträchtliche Diskrepanz zwischen Hoffnung und Realität. Er verwies darauf, dass allen voran Telekommunikationsunternehmen, Energieversorger, aber auch Gebäudeausrüster, Haushaltsgerätehersteller und Unternehmen aus der IT- und Unterhaltungselektronik sich alle an der angestammten Kundschaft orientieren. Gerade dadurch gebe es unglaublich viele Standards, die nicht notwendigerweise miteinander kompatibel seien und dieses sich in absehbarer Zukunft auch nicht ändern werde. So gesehen kann man zusammen mit der Realität den Rückschluss ziehen, dass es bisher nirgends auf der Welt gelungen ist, eine gemeinsame und akzeptierte Schnittstelle für Smart-Home-Anwendungen zu entwickeln. In strategischen Zusammenschlüssen wie zum Beispiel der ULE Alliance engagieren sich vor allem Spezialisten wie der Heimrouterhersteller AVM, der aber gleichzeitig auf WLAN, Powerline und DECT als Übertragungstechnologien setzt und damit für alle Anforderungen im Heimbereich gewappnet sein will. Jochen Kilian vom Branchenverband ULE Alliance erklärt hingegen: „Im Gegensatz zu WLAN und anderen Funkstandards wie ZigBee oder Bluetooth kann es bei ULE nicht zu Interferenzen mit anderen Geräten wie Mikrowellen, Babymonitoren oder auch Garagenöffnern kommen, denn ULE nutze das geschützte Frequenzband von 1890 bis 1900 MHz, das ausschließlich für DECT reserviert ist.“ Man ist also auch hier bestrebt, Alleinstellungsmerkmale zu kreieren. Betrachtet man unter diesem Aspekt Apple und sein jüngstes Kind Homekit, so kann man deutlich erkennen, dass es bei diesen Entwicklungen eigentlich nur um das Beherrschen der eigentlichen Schnittstelle geht. Anschluss- und steuerungsfähige Produkte bekommen bei diesen Lösungen nur noch einen Aufkleber, dass sie systemkompatibel sind. Über mögliche Steuerungsfunktionen und damit einen erfassbaren Nutzen für den Endanwender ist damit erstmal gar nichts ausgesagt. Auseinandersetzen mit dieser Problematik müssen sich die Hersteller der Antriebs- und Steuerungshersteller und letztlich auch der Fachhändler.

Plattform-Betreiber im Aufwind?

In dem stetigen Gerangel um Marktanteile versuchen schon seit einiger Zeit die Telekommunikationsanbieter und Energieversorger als Plattformbetreiber Boden zu gewinnen. Auf der diesjährigen IFA in Berlin waren allen voran Anbieter wie die Telekom, digitalSTROM oder RWE vertreten, um ihre Konzepte bei ihren „Stammkunden“ ins Spiel zu bringen. „Mit Qivicon als Anbieter von Energiemanagement, Sicherheitstechnik und Unterhaltungselektronik will man eine Smart-Home-Plattform aus den drei Elementen Geräteanbindung, Funktionslogik und Partner-Schnittstellen abbilden“, erläuterte Holger Köpke dazu bereits auf der CeBIT 2014. Als Partner konnten EnBW, Miele, Samsung, Belkin und digitalStrom und andere gewonnen werden. Erfolgreich umgesetzt und präsentiert wurde das ganze auf der IFA 2015.

Auch andere Unternehmen üben sich in Zusammenschlüssen. So haben schon 2013 ABB, Bosch, Cisco und LG eine Absichtserklärung zur Gründung einer gemeinsamen „Smart Home Joint Initiative“ verfasst und 2014 mit der mozaiq operations gmbh ein internationales Gemeinschaftsunternehmen von ABB, Bosch und Cisco gegründet mit dem Ziel, die Interoperabilität im Smart-Home-Markt zu beschleunigen und damit neue Marktchancen für das gesamte Eco-System zu ermöglichen.

Auch die RWE ist bereits als Plattformbetreiber eingestiegen und vermarktet mit „RWE SmartHome“ eine auf das Energiesparen abgestimmte Paketlösung, mit der sich Thermostate, Rollladensteuerungen oder Brandmelder u.a. per Cloud verknüpfen lassen. Mit weit mehr als 150 000 verkauften Geräten will RWE SmartHome nach eigenen Angaben Marktführer in Deutschland sein, und ist ständig auf der Suche nach weiteren Vertriebspartnern.

Die offene Frage

Betrachtet man die momentane Entwicklung in der Branche könnte man sich die Frage stellen, „Will man überhaupt eine gemeinsame Schnittstelle?“ Wie so ein Spiel ausgehen kann, zeigt sich sehr gut bei der Automobilindustrie, die ihre Multimediakonzepte so verschachtelt in Autos einbaut, damit mit Zubehör fremder Anbieter kein Geschäft gemacht werden kann. Sicher erkennen kann man auf jeden Fall schon heute, dass der R+S Handel beim dem Spiel um Marktanteile langfristig der Verlierer sein wird.—

Olaf Vögele

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