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Additive Fertigungsverfahren

Ersetzt der 3-D-Drucker das Lager?

_ Der Begriff 3-D-Druck verbreitet sich erst seit einigen Jahren, die zugrunde liegende Technologie befindet sich dagegen seit über 30 Jahren in der Entwicklung – unter der Bezeichnung Additive Fertigung oder auch Generative Fertigung. Die Vorteile beim Einsatz additiver Verfahren sind vielfältig:

  • Größere Konstruktions- bzw. Designfreiheiten, da der schichtweise Aufbau der Bauteile jede erdenkliche Form zulässt und keine (Fertigungs-)Werkzeuge benötigt werden. So werden z. B. hoch komplexe Strukturen und frei platzierbare Hohlräume möglich.
  • Integration von Funktionen, da bewegliche Teile gedruckt werden können und sich so Montagevorgänge reduzieren lassen oder sogar entfallen.
  • Leichtbau, bionische Prinzipien aus der Natur lassen sich übernehmen.
  • Höhere Flexibilität, Konstruktionen lassen sich binnen einiger Stunden drucken und erproben.
  • Reduzierung von Lageraufwand, da Bauteile kurzfristig nachdruckbar.
  • Vereinfachung von Logistik und Lieferketten durch Produktion vor Ort.

Die resultierenden Potenziale durch Einsatz von 3-D-Drucktechniken lassen sich durch eine Analyse im jeweiligen Unternehmens- bzw. Produktionsumfeld greifbar machen. Der Einsatz von 3-D-Druckern hat jedoch auch Konsequenzen für die bisherigen Prozesse in der Fertigung.

Änderungen nicht unterschätzen

Die teilweise tief greifenden Prozessveränderungen dürfen bei der Einführung nicht unterschätzt werden. Es darf nicht vergessen werden, dass der Einsatz der Verfahren, im Gegensatz zum Prototyping, in der Endproduktherstellung immer noch am Beginn der Entwicklung steht. Mögliche Prozessrisiken sind z. B. thermischer Verzug während des Bauvorgangs, der zu Maßänderungen am Bauteil führt oder nicht standardisierte Auspackprozesse beim selektiven Lasersintern. Beim Auspackprozess handelt es sich um das Befreien der Bauteile aus dem Pulverbett – dabei müssen bestimmte Zeiten eingehalten werden, um die Formstabilität zu gewährleisten.

Das Forschungsfeld Additive Technology Application beschäftigt sich mit der Integration von additiven Fertigungsverfahren in bestehende Prozesse und wie sich diese dabei verändern. Am Fraunhofer IAO steht dabei im Vordergrund, immer einen aktuellen Überblick über Technologien, Verfahren und Maschinen zu haben, um einen Abgleich mit Produktanforderungen von Firmen vorzunehmen. Ziel ist es, das maximale Potenzial additiver Fertigung im jeweiligen Fertigungskontext des Unternehmens zu finden und die Technik ganzheitlich in den Produktlebenszyklus zu integrieren.

Nachgefragt bei den Forschern des Fraunhofer IAO

Nikolas Zimmermann ist seit 2011 Wissenschaftler am Fraunhofer IAO in Stuttgart und dort verantwortlich für das Digital Engineering Labor und das Forschungsfeld „Additive Technology Application“.

Glaswelt – Wo sehen sie Möglichkeiten, den 3-D-Druck in der Fenster- und Fassadenbranche einzusetzen?

Nikolas Zimmermann – Additive Fertigung, sprich 3-D-Druck, lohnt dann, wenn ein hoher Individualisierungsgrad bei einer relativ kleinen Stückzahl vorliegt. Ganz allgemein gesprochen wird die Technik dann wirtschaftlich, wenn etwa eine aufwendige Werkzeugherstellung durch den Einsatz eines 3-D-Druckers entfallen kann. In der Fenster- und Fassadenbranche kann ich mir sehr gut vorstellen, dass Beschläge und Verbindungselemente im Fassadenbau in Zukunft gedruckte Teile sind. Weiter können individuelle Kunststoffteile aus dem Drucker Alternativen zu bisherigen Fertigungsverfahren sein.

Glaswelt – Wie sieht es mit der Festigkeit bzw. Belastbarkeit gedruckter Bauteile aus?

Zimmermann – Sowohl Festigkeit und Belastbarkeit der Bauteile sind stark vom angewendeten Verfahren und Material abhängig. Man muss hier sicherlich unterscheiden zwischen Metall- und Kunststoffdruck. Beim Metalldruck ist man bereits sehr nahe an den Werten konventionell gefertigter Teile, bzw. kann diese sogar übertreffen. Beim Kunststoffdruck sind die Unterschiede größer. Vergleicht man z. B. ein gedrucktes Teil mit einem spritzgegossenen, so ist dieses durch seine homogene Vernetzung im Vergleich zum schichtweisen Aufbau deutlich fester als ein Teil aus dem 3-D-Drucker.

Glaswelt – Werden wir künftig ganze Fassaden drucken können?

Zimmermann – Dass ganze Fassaden schon heute druckbar sind, zeigen gebaute Beispiele: in Tognzhou in China wurde mit einem überdimensionalen 3-D-Drucker eine 2-stöckige Villa mit 400 m² aus Beton gefertigt. Und in Dubai wurden die Teile für ein Bürogebäude mit über 250 m² samt Inneneinrichtung komplett gedruckt. Diese Gebäude zeigen, was Drucktechnik bereits heute leisten kann. Wie schnell dies in der konventionelle Baubranche Einzug halten kann, muss sich zeigen. Das wohl größte Potenzial liegt in der Zeitersparnis, so sei das Haus in Tognzhou in nur 45 Tagen erbaut worden.

Glaswelt – Wird der 3-D-Druck einmal die Lagerhaltung ersetzen?

Zimmermann – Lagerhaltung generell wird vermutlich nie ganz abgelöst werden. Doch gerade im Bereich der Ersatzteillager bieten sich mittels 3-D-Fertigung große Potenziale: Der Idealfall wäre, Ersatzteile nur noch on demand zu produzieren und damit die Lagerhaltung komplett zu digitalisieren. Es wäre weiter denkbar, dass Hersteller die Produktion der Ersatzteile an ihre Kunden auslagern und mit entsprechender Sicherung dafür gesorgt wird, dass die „digitalen“ Ersatzteile nur einmal gedruckt werden können.

Glaswelt – Sehen Sie die Einschränkungen bei gedruckten Bauteilen?

Zimmermann – Momentan gibt es noch einige prozessuale und materielle Einschränkungen, darunter die Reproduzierbarkeit oder generell Eigenschaften, die aktuell nicht abbildbar sind. So leidet die Maßhaltigkeit teils unter den momentan noch holprigen Prozessen. Doch Prozesssicherheit sowie Materialien werden mit großer Geschwindigkeit fortentwickelt, damit werden solche Einschränkungen immer geringer. Interessierte Unternehmen sollten auf jeden Fall am Ball bleiben und sich mit den Entwicklungen im Bereich additiver Fertigung beschäftigen. —

Die Fragen stellte Matthias Rehberger

Das lässt sich druckenKunststoffe

Die Liste zeigt relevante Materialien und ist bei Weitem nicht vollständig, zudem gibt es noch etliche druckbare Gemische im Kunststoffbereich, die die Vorteile der Ausgangsstoffe kombinieren.

  • ABS
  • PLA
  • Polyamid
  • Epoxidharz

Metalle

  • Alulegierungen
  • Titanlegierungen
  • Stahllegierungen

www.de.iao.fraunhofer.de

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