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ift-Serie: Elektronik im Fenster und Fassadenbau

Das Haus mit Zentralverriegelung und mehr

_ Fenster und Türen bieten neben der Energieeinsparung auch Vorteile bei Wohn- und Bedienkomfort, Sicherheit, barrierefreiem Bauen. Elemente, die dies leisten, sind 2005 noch Einzelkonstruktionen und werden meist in Sonderbauten eingesetzt. Bei Toren sowie Verschattungen ist die Motorisierung weiter fortgeschritten. Allerdings fehlt auch hier meistens die Anbindung an eine zentrale Gebäudetechnik.

Für die Integration von Elektronik in Fenstern, Türen und Fassaden existieren wenig Normen und Regelwerke. Eine Übertragung der „elektrischen“ Regelwerke ist nur bedingt möglich. Auf planerischer Seite besteht oft ein Defizit bezüglich des möglichen Einsatzes von Elektronik und der damit verbundenen notwendigen Abstimmung zwischen den Gewerken. Auch bei Fenster- und Fassadenherstellern fehlt meist das notwendige Wissen.

Forschungsprojekt „Elektronik im Fensterbau“

Bei der Integration von Elektronik im Fenster-, Fassaden- und Türenbau entstehen durch das Zusammenwirken unterschiedlicher Gewerke (Fensterbau, Elektrotechnik, Technische Gebäudeausrüstung …) viele Schnittstellen sowie technische und bauphysikalische Wechselwirkungen. Ziel war es, Grundlagen zu erarbeiten und die Erkenntnisse zusammenzustellen. Eine Analyse der Schwachstellen ergab die Schwerpunkte:

  • Integration elektromechanischer Bauelemente ins Bauwerk mit Fragen zu Einbindung, Installation sowie Vernetzung ins Gebäude bzw. der Gebäudeleittechnik, Abstimmung der beteiligten Gewerke bei Planung und Ausführung, konkreter Definition der elektrischen Schnittstellen.
  • Integration elektromechanischer Bauteile ins Bauelement mit Fragen zu Nutzungs-/Betriebssicherheit sowie Dauerhaftigkeit, Anforderungen an kraftbetätigte Bauelemente, Wechselwirkung unterschiedlicher Komponenten.

Was kam heraus

Zu Beginn des Projekts [1] wurden die elektrotechnischen Normen sowie die elektrischen und elektronischen Komponenten analysiert. Die Analyse zur Leitungsführung im Bauelement ergab, dass die Leitung auf der warmen „unbelasteten“ Raumseite verlegt werden sollte. Günstig ist das Prinzip einer separaten Installationszone.

Anhand der einzelnen Stufen der HOAI wurde die Umsetzung des Planungs- und Ausführungsprozesses eines Fassaden- bzw. Fensterkonzeptes analysiert. So wurde ein praxistauglicher „Bezeichnungsschlüssel“ entwickelt, anhand dessen die Übergabeposition zwischen dem Gewerk Bauelement und dem Gewerk Haustechnik festgelegt werden kann.

Wesentlich ist auch die Festlegung der funktionalen Leitungsbelegung (z. B. Leitungen für die Steuerung). Ein festgelegter „Farbschlüssel“ erlaubt eine einfache und praxisnahe Kennzeichnung der Funktionen der einzelnen Leitungen. Die ift-Richtlinie EL-01/1 [2] fasst Vorschläge und bei der Planung zu beachtende Details zusammen.

Untersuchungen zur elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV) an einem Musterfenster zeigten, dass die EMV-Vorschriften erfüllt werden. Da das Fensterelement beim Einsatz in der Praxis jedoch mit einer mehr oder weniger intelligenten Steuerung verbunden sein wird, kam deren Auswahl und Verkabelung große Bedeutung zu. Bei den Messungen überdeckte das von der Steuerung ausgehende und von der Verkabelung weitergeleitete Störspektrum die geringen Emissionen der im Fenster eingesetzten elektrischen Komponenten.

Zur Ermittlung der Dauerfunktion von Antrieben wurden ein Prüfverfahren sowie eine entsprechende Klassifizierung erarbeitet, die eine Austauschbarkeit des Antriebs ermöglichen.

Ebenso wurden Luft- und Schlagregendichtheit kraftbetätigter Fenstern ohne Verriegelung untersucht. Dabei wirkt der Antrieb selbst als Verriegelungspunkt.

Stand der Technik

Im Gegensatz zu Fenstern werden elektromechanische Systeme bei kraftbetätigten Toren, Türen und Verschattungen (Jalousien, Rollladen) seit vielen Jahren erfolgreich eingesetzt. Die Sicherheitseinrichtungen und Steuerungen stammten anfänglich aus anderen Anwendungsbereichen, wurden aber auf die Belange der Tür- und Torbranche abgestimmt.

Bei der Verwendung mechatronischer Bauelemente muss eine Gefährdung der Nutzer ausgeschlossen werden. Deshalb ist eine Prüfung der mechanischen und elektrischen Komponenten sowie deren Wechselwirkung notwendig. Sie wird auch von den Produktnormen, dem Produktsicherheitsgesetz und der Maschinenrichtlinie gefordert. Das ift hat daher ein Labor mit erfahrenen Mitarbeitern zur Prüfung der elektrischen und funktionalen Sicherheit aufgebaut, inkl. der notwendigen Akkreditierungen.

Neben elektrischer und funktionaler Sicherheit müssen automatische Bauelemente auch die anderen Eigenschaften der jeweiligen Produktnorm erfüllen. Für die Steuerung sind dabei Prioritäten zu definieren, z. B. Anforderungen an die Fluchtfunktion im Brandfall versus Einbruchhemmung. Für die Einbruchhemmung ergeben sich durch die Elektronik auch Risiken durch elektronische Angriffe (Hacken der Sicherheitssysteme).

Daher werden unter Mitarbeit des ift Rosenheim Prüf- und Klassifizierungsnormen zur Bewertung der Sicherheit erstellt.

Dynamische Marktentwicklung absehbar

Digitalisierung und Einsatz elektrischer und elektronischer Bauelemente sind auch bei Fenstern und Türen nicht aufzuhalten. Wer möchte nicht im Haus eine Zentralverriegelung, eine automatische Lüftung, eine integrierte Einbruchmeldeanlage oder eine selbst öffnende Haustür haben, wenn man mit vollen Einkaufstüten davor steht?

Seit Kurzem haben Weltkonzerne wie Google und Apple sowie potente Zulieferer der Autoindustrie den Gebäudebereich bzw. Smart Home als attraktives Wachstumssegment erkannt. Neben direkten Umsätzen sind auch Nutzungsdaten interessant. Deshalb ist in nächster Zeit mit einer dynamischeren Marktentwicklung für mechatronische Bauelemente zu rechnen.

Nach wie vor fehlt es für den Einsatz neuer Technologien an Standardisierung und Normen. Allgemeingültige Regeln schaffen nicht nur faire Wettbewerbsbedingungen, sondern sorgen auch für die notwendige funktionale und elektrische Sicherheit.

Diese Standards müssen aber auch die Anwendung durch unterschiedliche Hersteller ermöglichen, wie z. B. bei der bei Computern geschätzten „Plug and Play“-Lösung. Hierzu müssen sowohl die Hardware (z. B. Fenster, Antriebe, Sensoren, Leitungen, Stecker) als auch die Software (Busprotokolle, „Übergabeparameter“ bei der Kommunikation etc.) aufeinander abgestimmt und kompatibel sein. Beispiele sind einheitlich angeordnete Kabelkanäle oder Leiterbahnen, die Definition eines Fenster-Universal-Steckers sowie die dauerhafte und sichere Integration elektronischer Komponenten.

Die Zukunft beginnt jetzt

Elektromechanische Bauteile sind mittlerweile selbstverständlich (Torantrieb, Automatiktüren, Türantriebe). Anforderungen an Barrierefreiheit, Energieeinsparung, Komfort und Sicherheit können durch automatische Systeme weiter verbessert werden. Auch wenn die Anwendung in Fassaden und Fenstern noch gering ist, zeichnet sich auch dort für die Zukunft ein hoher Bedarf an sicheren Produkten ab. Wer das Geschäft macht, ist noch unklar. Klar ist jedoch, dass das ift mit dem neuen Laborbereich „Sicherheit elektronischer Bauteile (SEB)“ in gewohnter Weise die Hersteller, Planer und Anwender praxisnah und kompetent unterstützen wird.—

Literaturverzeichnis

[1] Sack, N.; Lechner, S.; Leuschner, I.; Kast, T.; Becker, M.; Knoll, P.; Lehnertz, M.: Entwicklung von Grundlagen für die Integration von Elektronik in den Fenster-, Türen- und Fassadenbau. Forschungsbericht des ift Rosenheim, 2008

[2] ift-Richtlinie EL-01/1; Elektronik in Fenstern, Türen und Fassaden. ift, 2008

[3] DIN 18015-3:2016-09 Elektrische Anlagen in Wohngebäuden – Teil 3: Leitungsführung und Anordnung der Betriebsmittel, Beuth Verlag

[4] Maschinenrichtlinie – Richtlinie 2006/42/EG des Europäischen Parlaments und des Rates (98/37/EG) vom 22. Juni 1998 (Neufassung)

Die Autoren

Norbert Sack ist Leiter der Abteilung Forschung und Entwicklung und seit 1995 am ift tätig. Er arbeitet in Normenausschüssen und Sachverständigengremien mit und ist Lehrbeauftragter an der HS Rosenheim.

Gabriele Tengler ist stv. Leiterin der ift-Abteilung PR & Kommunikation und war viele Jahre für die technische Auskunft zuständig.

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