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Wenn Richtlinien reine Herstellerinteressen beschreiben

RAL gut — alles gut?

_ Eigentlich war die Pressemeldung zum neu geschaffenen RAL Gütezeichen GZ 370 für Sicht-, Blend- und Sonnenschutzsysteme recht unspektakulär. Es soll für die Funktion, Auslegung, Herstellung, Nutzungssicherheit und die Dauerhaftigkeit von Sicht, Blend- und Sonnenschutzsystemen dienen, die fachgerecht hergestellt und angebracht nicht nur optimale Lichtverhältnisse schaffen, sondern je nach Einsatzbereich auch dazu beitragen können, Energiekosten zu senken. Soweit so gut, könnte man sagen. Studiert und hinterfragt man aber die „allgemeinen und besonderen Güte- und Prüfbestimmungen für Sicht-, Blend- und Sonnenschutzsysteme“ in ihrer Fassung von Oktober 2017, so muss man sich schon die Frage stellen, ob man hier eine Güterichtlinie oder ein marktausgrenzendes Instrument vor sich liegen hat.

Auf einen Hersteller zugeschnitten?

Was gleich zu Beginn in Pressemeldung und Güterichtlinie auffällt, ist die Fokussierung auf die Produkte des Herstellers Glasgard, der bei den Bildunterschriften der Pressemeldungen ohne alternative Bilder eines anderen Herstellers ganz explizit genannt wird. Auch die Skizzen in der Güterichtlinie entsprechen weitestgehend den technischen Skizzen und Konstruktionszeichnungen des Herstellers. Besonders interessant ist die Tatsache, dass „bei gütegesicherten Rollokassetten kleinstmögliche Kassettenabmessungen bei größtmöglichem Wickelvolumen gefordert sind, da dies eine geringstmögliche Verkleinerung der Fensterfläche bei der Glasfalzmontage bedeutet. Vergleicht man das mit Werbeprospekten des Unternehmens, dann heißt es „Kleinste Kassetten mit hohem Wickelvolumen“. Zufall oder System?

Was zudem ein kleiner Kasten mit einer Güterichtlinie zu tun haben sollte, erschließt sich auch nicht unbedingt. Fortführen lässt sich das Thema aber auch mit speziellen Produktvorteilen zur schraubenlosen Montage oder anderen Punkten. Klare Ausgrenzung wird bei der reflexionsmindernden Prägung betrieben, wodurch die Abriebfestigkeit des Behanges erhöht werden soll. Als eine Möglichkeit zur Erreichung dieser Eigenschaft wird nur eine kalt ausgeführte Kalanderprägung ohne Alternativen genannt, was wiederum dem Herstellungsverfahren von Glasgard entspricht.

Sinnvoll oder Unsinn?

Folgt man dem Ansatz der Güterichtlinien, so sollte der Nutzer des Produktes eigentlich einen Vorteil durch deren Anwendung erlangen. Über Sinn und Unsinn eines möglichst kleinen Kastens lässt es sich trefflich streiten, denn nicht das filigrane Aussehen eines Rollogehäuses ist wichtig, sondern die dauerhafte Funktion, die Zuverlässigkeit und das Gesamtaussehen des Rollos mit Behang. Gleichzeitig stellt sich natürlich auch die Frage, in welcher Weise die Güte eines Produktes durch die Form der Kassette, Seitenführung, des Abschlussstabes und der Bedienung beeinflusst wird. Die Auswahl der verfügbaren Kassetten und die Montagegegebenheiten werden von der Größe der Rollos, der Fenstersituation, dem eingesetzten Behang und den Vorstellungen und Wünschen des Kunden festgelegt. Die dazu notwendigen Angaben sind in den Normen und Richtlinien ausreichend oder besser geregelt, also bitte nochmal nachdenken, RAL.—

Olaf Vögele