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Regelwerke

Wann gilt welche Norm? Hier erfahren Sie es.

Bei der DIN 18008 handelt es sich um eine „freiwillige Vereinbarung privater Normungsorganisationen“. Eine rechtliche Verbindlichkeit ist unmittelbar nicht gegeben: Es fehlt an einer gesetzlichen Verweisung, beispielsweise im Bauordnungsrecht, auf diese Vorschrift. Die Muster-Verwaltungsvorschrift Technische Baubestimmungen (MVV TB) verweist derzeit noch auf die alte DIN 18008.

Im Bauvertrag gilt indes, dass der Auftragnehmer immer die anerkannten Regeln der Technik zu beachten hat. So heißt es ausdrücklich in § 4 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 VOB/B, nichts anderes ergibt sich letztlich aus § 633 BGB. Damit ist die eingangs gestellte Frage wie folgt zu beantworten: Im Bauvertrag ist die DIN 18008 ab dem Zeitpunkt zu beachten, ab dem die in ihr enthaltenen Regeln die anerkannten Regeln der Technik abbilden. Und dies kann sogar schon vor dem Zeitpunkt der Veröffentlichung der Fall sein. Gibt es hierüber Streit, so entscheidet die Streitfrage letztlich der vom Gericht beauftrage Sachverständige.

Erfahrungsgemäß ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass immer dann, wenn etwas „schief gegangen“ ist, auch der Verstoß gegen die allgemein anerkannten Regeln der Technik bejaht werde. Allerdings können die anerkannten Regeln der Technik unter Umständen schon dann einen ­höheren Standard besitzen, wenn sich die Fach­kreise über eine Neuregelung der technischen Vorschriften einig sind.

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Seit wann genau ist die DIN 18008 rechtlich bindend?

Eine weitere Frage ist diejenige, ob die DIN 18008 auch in einem Bauvertrag zu berücksichtigen ist, der zu einem Zeitpunkt geschlossen wurde, als an eine Veröffentlichung dieser DIN noch nicht zu denken war. Der § 13 Abs. 1 S. 2 VOB/B bestimmt, dass für ein heute abzunehmendes Werk relevant ist, ob die Leistung (heute: zum Zeitpunkt der Abnahme) den anerkannten Regeln der Technik entspricht.

Zu der Frage, wie sich ein höheres Niveau der anerkannten Regeln der Technik auf einen bereits vorher abgeschlossenen Vertrag auswirkt, gibt es ein ganz aktuelles BGH-Urteil (Urteil vom 14.11.2017 – VII ZR 65/14). Diese Entscheidung betrifft einen VOB/B-Vertrag. Der BGH hat entschieden (Leitsätze): Der Auftragnehmer schuldet gemäß § 13 Nr. 1 VOB/B (2006) grundsätzlich die Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zum Zeitpunkt der Abnahme. Dies gilt auch bei einer Änderung der allgemein anerkannten Regeln der Technik zwischen Vertragsschluss und Abnahme.

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In einem solchen Fall hat der Auftragnehmer den Auftraggeber regelmäßig über die Änderung und die damit verbundenen Konsequenzen und Risiken für die Bauausführung zu informieren, es sei denn, diese sind dem Auftraggeber bekannt oder ergeben sich ohne Weiteres aus den Umständen.

Besteht der Auftraggeber daraufhin auf die Einhaltung der neuen allgemein anerkannten Regeln der Technik mit der Folge, dass ein aufwendigeres Verfahren zur Herstellung erforderlich wird, steht dem Auftragnehmer ein Anspruch auf Mehrvergütung aus § 2 Nr. 5 oder 6 VOB/B (2206) zu. So werden z.B. von den Mitgliedern des Bundesverbandes Flachglas überwiegend keine VOB/B-Verträge abgeschlossen. Die Ausführungen des Urteils zur Hinweispflicht, wenn sich die allgemein anerkannten Regeln zwischen dem Vertragsschluss und der Abnahme ändern, seien aber wahrscheinlich verallgemeinerungsfähig: Hier ist deshalb Vorsicht geboten.

Aus dieser Entscheidung ergibt sich allerdings auch: Entscheidet sich der Bauherr für die Anwendung der neuen (und ggf. nur mit größerem Kostenaufwand einzuhaltenden) Regeln der Technik, so habe der Werkunternehmer auch Anspruch auf Anpassung der Vergütung. Denn die Vergütungsvereinbarung beziehe sich ja zunächst einmal auf die Leistung, wie sie bei Vertragsschluss geplant war.

Dr. Stephan Kleinjohann

Der Rechtsanwalt für Baurecht berät den Bundesverband Flachglas