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Im Interview mit Jörg Holzgrefe

“Das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen muss einfach stimmen“

Glaswelt – Herr Holzgrefe, Sie sind jetzt ein halbes Jahr als Vorstand bei Weru im Amt. Was konnten Sie bislang bewegen?

Jörg Holzgrefe – Wir haben jetzt das Projekt Weru 2020 gestartet, in dem wir unsere Ziele definieren, wo wir in fünf Jahren stehen wollen und welche Schritte wir bis dahin machen müssen. Wir sind dabei, anlagentechnisch einige Investitionsentscheidungen zu treffen – vor allem im Bereich der Holz- und Holz-Alu-Produktion bei Unilux. Und wir sind an Kunststoffthemen dran: Wir überprüfen gerade unser ganzes System-Sortiment und stellen uns die Frage, ob wir uns wirklich 16 Systeme bei Weru leisten wollen. Andererseits ist Weru bekannt für seine breite Systempalette. Aber bevor wir etwas Neues machen, müssen wir erst einmal überprüfen, ob wir nicht zu viel Systeme an Bord haben.

Glaswelt – Und wird sich auch das Auftreten im Markt verändern?

Holzgrefe – Wir stellen gerade unser Marketing neu auf. Beispielsweise möchten wir unser Sportmarketing intensivieren, starten eine Presseoffensive und möchten generell deutlich transparenter werden. Weru muss in der Kommunikation wieder dahin, wo es hingehört – nämlich ganz nach vorne.

Glaswelt – Und wie steht es mit der Unilux-Integration?

Holzgrefe – Wir sind dabei, strategische Einheiten zusammenzulegen. Auch die Software beider Unternehmen muss zusammenpassen. Es sind halt doch unterschiedliche Welten, die ineinander greifen müssen. Das braucht Zeit und Energie.

Glaswelt – Wie unterscheiden sich die typischen Weru- und Unilux-Händler?

Holzgrefe – Der Weru-Händler ist der kaufmännisch orientierte Volumenkunde, der auch meist der Platzhirsch in seinem Markt ist. Der Unilux-Kunde ist eher der handwerklich orientierte Tischler/Schreiner, der vielleicht nicht nur mit Fenstern und Haustüren handelt, sondern auch andere Segmente bedient.

Glaswelt – Wie stehen Sie gerade wirtschaftlich da?

Holzgrefe – Bei Weru sind wir augenblicklich 3 Prozent über dem Vorjahr. Auch im Kunststoffbereich bei Unilux stehen wir sehr gut da. Im Holz wachsen wir stärker und sind 4 Prozent über Vorjahr. Nur das Holz-Alu-Segment schwächelt etwas, was tatsächlich auch etwas überraschend ist für uns.

GLASWELT – Können Sie eine Aussage treffen über Ihre Produktionsmengen?

Holzgrefe – Weru hat 2014 rund 460 000 Fenster und 16 000 Haustüren produziert. Bei Unilux sind es rund 110 000 Fenster und 3500 Haustüren.

Glaswelt – Wie hoch sind aktuell die Exportquoten bei Weru und Unilux?

Holzgrefe – Bei Weru haben wir ca. 20 Prozent Exportanteil und bei Unilux sogar bis zu 30 Prozent. Aber die Länder laufen sehr unterschiedlich: Benelux läuft bestens, die Schweiz auch, Österreich ist dagegen sehr schwierig, der englische Markt ist zufriedenstellend und in Spanien haben wir gute Zuwachsraten.

Glaswelt – Die Konsolidierung und Konzentration auf dem Markt ist im vollen Gang. Die Unilux-Übernahme ist ja schon eine Weile her. Wie steht es aktuell mit diesem Thema?

Holzgrefe – Wir sind bereits bestens aufgestellt, die Marke ist extrem bekannt und wir haben eine gute Kundenbindung. Aber wir wollen ganz klar wachsen und schauen, wer noch zu uns passen könnte. Es laufen bereits Gespräche, mehr kann ich aber gerade nicht verraten.

Glaswelt – Und in welchen Themen wollen Sie sich noch verstärken – im herstellenden Bereich oder auf der Objektschiene?

Holzgrefe – Beides ist möglich. Wir haben ein Umsatzziel in der Gruppe und deswegen wollen wir auch die Fertigungskapazitäten in allen Materialgruppen ausbauen. Das ist unser Kerngeschäft. Aber auch der Objektbereich ist nicht uninteressant. Klar ist auch, dass die Gruppe internationaler werden soll.

Glaswelt – Wie sehen Sie die wirtschaftliche Ausgangslage für den Fenstermarkt?

Holzgrefe – Es kann schon sein, dass uns das Flüchtlingsthema eine kleine Sonderkonjunktur im Neubau beschert. Der Verband geht von rund 2 Prozent Wachstum im nächsten Jahr aus. Ich glaube schon, dass das Neubauvolumen stark bleibt in den nächsten 2 bis 3 Jahren. Dabei registrieren wir, dass vor allem der Mehrfamilienhausbau im Trend ist. Und noch ein Wort zur Konsolidierung: Genau wie es eine Konzentration bei den Herstellern gibt, glaube ich, dass auch die Händler weniger werden – dafür aber größere Einheiten bilden.

Glaswelt – Ist die Wohnungswirtschaft für Sie durch dieses Sonderkonjunkturhema Zuwanderung noch interessanter geworden?

Holzgrefe – Da sind wir ja bereits jetzt zu Hause und dieses Segment wird auch noch weiter wachsen.

Glaswelt – Sind Sie der größte Fensteranbieter für die Wohnungswirtschaft?

Holzgrefe – Ja. Wir haben hier eine marktführende Stellung und der wollen wir natürlich auch gerecht werden. Wir investieren hier weiter in Produkte und Prozessen, damit wir ganz oben stehen bleiben.

Glaswelt – Die Wohnungswirtschaft vergibt ihre Aufträge mittels Ausschreibungsverfahren?

Holzgrefe – Nicht wirklich. Im Prinzip sind das beschränkte Ausschreibungen, wo wir durch Porsche, Schneeberger und unsere Händler mit dabei sind. Hier spielt vor allem das Vertrauen eine wichtige Rolle. Der Wohnungswirtschaft kommt es doch vor allem auf eine saubere und termingerechte Abwicklung und hohe Qualität an – wir agieren hier nicht über den Preis, sondern über die Beseitigung von Problemen.

Glaswelt – Wie machen Sie sich bekannt in der Wohnungswirtschaft? Wie kommen Sie an die Aufträge?

Holzgrefe – Gute Kontaktpflege ist hier das A und O. Aber auch das Marketing spielt dabei eine wichtige Rolle. Und zusätzlich haben wir einen ganz speziellen Architektenbereich bei uns geschaffen. Rund 1200 Architekten sind bei uns online registriert, denen wir mehr als nur interessante Informationen vermitteln.

Glaswelt – Wie viel Umsatz macht Weru im Bereich der Wohnungswirtschaft?

Holzgrefe – Wir sind beim Gesamtumsatz von 190 Mio. Euro. Einen sehr hohen Anteil davon hat bei uns der Bereich für die Wohnungswirtschaft. Das ist aber sehr schwer abzuschätzen.

Glaswelt – Welche Argumente kommen in der Wohnungswirtschaft besonders gut an?

Holzgrefe – Zuverlässigkeit, Vertrauen, Termineinhaltung, Unterstützung bei der Objektplanung.

Glaswelt – Welche Art Fenster werden von der Wohnungswirtschaft besonders gerne gekauft?

Holzgrefe – Natürlich generell Kunststofffenster, aber es müssen nicht unbedingt die hochwärmedämmenden bautiefen Systeme sein. Denn es ist ja nicht immer zielführend, die besten Fenster mit dicken 3-fach-ISO-Einheiten einzusetzen. Wir haben bei den Wohnungsgesellschaftsbauten nach wie vor einen hohen Anteil an 70 mm Systemen – wohl über 50 Prozent. Das Verhältnis zwischen Kosten und Nutzen muss für die Wohunungswirtschaft einfach stimmen.

Glaswelt – Die Wohnungswirtschaft ist sicher daran interessiert, dass keine überschüssige Feuchte in den Wohnungen anfällt, die irgendwann zu Schimmelpilzbildung führen könnte?

Holzgrefe – Es gibt tolle Systeme am Markt, die für ein nutzerunabhängiges Lüften sorgen. Aber auch das ist eine Frage des Kosten/Nutzen-Verhältnisses. Vor allem gilt es natürlich, die Bewohner aufzuklären, dass diese ihre Lüftungsgewohnheiten an ihre neuen Fenster anpassen. Wir sind aber nicht am Endkunden dran und können den Endkunden dann nicht das richtige Lüftungskonzept offerieren. Aber es stimmt, es ist ein wichtiges Thema für diese Anbieter.

Glaswelt – Gerade für diese Kundengruppe müsste doch ein geklebtes Fenster besonders interessant sein – schließlich werden dadurch Wartungsaufwand und Nachstellarbeiten deutlich reduziert.

Holzgrefe – Das ist auf jeden Fall eine interessante Technik – wir bearbeiten übrigens gerade auch einen großen Auftrag über 1 Mio. Euro, wo wir die Scheiben verkleben. Generell schauen wir uns das ganz genau an.

Glaswelt – Wie sieht es bei der Montage von Elementen für die Wohnungswirtschaft aus – Sie bzw. die Weru-Töchter Porsche und Schneeberger wickeln diese durch Subunternehmer ab?

Holzgrefe – Wir haben eigene Montagetrupps und auch leistungsfähige Subunternehmen. Bei uns ist aber keiner auf der Baustelle, der nicht RAL-zertifiziert ist, der nicht der deutschen Sprache mächtig ist und nicht auch gut gekleidet ist. Die einheitliche Dienstkleidung gibt es auch bei den Subunternehmern. Ich probiere übrigens auch gerne Montagesysteme selber einmal aus, um dann auch wirklich ein Gefühl für die Systeme zu bekommen.

Glaswelt– Herzlichen Dank für das Gespräch.

Das Interview führte Chefredakteur Daniel Mund.

Wer sind Porsche und Schneeberger?

Die Weru Gruppe hatte im Juni bekanntgegeben, dass man die Schneeberger Bauelemente Potthoff GmbH („SBP“) übernommen hatte. Damit ist man neben der Porsche GmbH, die ihren Sitz in Waltenhofen bei Kempten hat, auch mit der SBP Lieferant und Montagebetrieb von Bauelementen. Der Erwerb des Unternehmens mit Sitz im sächsischen Crimmitschau erfolgte rückwirkend zum 1. Januar 2015.

SBP konzentriert sich auf große Bauprojekte in der Wohnungswirtschaft. Inklusive Subunternehmern beschäftigt das Unternehmen rund 25 Mitarbeiter und ist deutschlandweit mit Schwerpunkt Norddeutschland tätig.

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