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Anisotropien Bei GLASFASSADEN sind VERMEIDBAR

So lassen sich Anisotropien messen

_ Die visuelle Bewertung von Anisotropien ist komplex. Doch es gibt jetzt ein objektives Messverfahren, das eine belastbare und für alle Beteiligten faire Bewertung von Gläsern hinsichtlich Anisotropien zulässt.

Wie entstehen Anisotropien? Beim thermischen Vorspannen zu Einscheiben-Sicherheitsglas (ESG) und teilvorgespanntem Glas (TVG) werden im Querschnitt einer Scheibe unterschiedliche Spannungen eingebracht. Diese Spannungen rufen Doppelbrechungen im Glas hervor. Eine Beleuchtung mit polarisiertem Licht, etwa bei Tageslichteinfall, kann diese Doppelbrechungen im Glas sichtbar machen (siehe Grafik rechts).

Diese Doppelbrechungen werden als störende optische Effekte wahrgenommen, da sie sowohl die Durchsicht durch das Glas als auch die Homogenität der Reflexion von Licht wesentlich beeinträchtigen können.

Besonders häufig werden solche Anisotropien bei der Betrachtung von Glasfassaden in Reflexion unter einem Winkel beobachtet, der wesentlich von einem rechten Winkel abweicht.

Der Vorteil vorgespannter Gläser

Thermisch vorgespannte Gläser werden von Architekten und Planern aufgrund einer Reihe von besonderer Eigenschaften gegenüber unbehandelten Floatgläsern geschätzt. Die Wärmebehandlung beim Vorspannen führt zu Druckspannungen an den Oberflächen und deshalb zu einer wesentlichen Erhöhung der Biegezugfestigkeit der Scheiben. Das heißt: Thermisch vorgespanntes Glas hat eine viel höhere mechanische Bruchsicherheit als Floatglas.

Zudem sind vorgespannte Gläser erheblich beständiger gegenüber Temperaturdifferenzen (T) in der Scheibenfläche, d.h. sie besitzen eine höhere Temperaturwechsel-Beständigkeit.

Aufgrund der hinreichend hohen Vorspannung hat ESG zusätzlich als eine erwünschte Eigenschaft ein besonderes Bruchverhalten. Bei (mechanischer) Beanspruchung über die Belastungsgrenzen hinaus zerfällt es in viele kleine Bruchstücke, die eine wesentlich geringere Verletzungsgefahr darstellen als grob brechende Floatscheiben oder teilvorgespannte Gläser (TVG). Deshalb zählt ESG zu den Sicherheitsgläsern.

Polarisiertes Licht zeigt die Fehler

Tageslicht besteht aus einem Gemisch von „Lichtwellen“ verschiedener Wellenlängen, die ungeordnet und mit Schwingungs-Ebenen aller Ausrichtungen in alle Richtungen schwingen. Dieses Licht ist nicht polarisiert.

Abweichend davon gibt es immer Streueffekte oder auch Reflexionen, z. B. an Oberflächen von Wasser oder Glas, die diesen „idealen“ Zustand stören. Je stärker dabei bestimmte Schwingungsebenen und Richtungen bevorzugt sind, desto höher ist die „Teilpolarisation“ des Lichtes. Deshalb sagt man auch: Polarisiertes Licht ist in normalem Tageslicht vorhanden.

Der Anteil des polarisierten Lichts ist u.a. abhängig von Wetter und Sonnenstand. Er verändert sich also ständig. Je höher die Polarisation des Tageslichts, desto wahrscheinlicher ist die Sichtbarkeit von Anisotropien in vorgespanntem Glas. Eine größere Glasdicke und stärker reflektierende, z. B. beschichtete Glasoberflächen, sind ebenfalls Umstände, die die Sichtbarkeit von Anisotropien in vorgespannten Gläsern beeinflussen können.

Was beeinflusst die Bewertung?

Zwei Umstände sorgen wesentlich dafür, dass die Bewertung von Anisotropien ein komplexes Unterfangen ist. Eine wichtige Rolle spielt zum einen die Orientierung der Doppelbrechung im vorgespannten Glas. Diese nimmt Einfluss auf die Sichtbarkeit von Anisotropien.

Zum anderen hat der Polarisationszustand des Tageslichts maßgeblichen Einfluss auf die Sichtbarkeit von Anisotropien. Ein Glas, das optisch einwandfrei erscheint, kann bei anderen Lichtverhältnissen deutliche Doppelbrechungserscheinungen zeigen.

Die Frage ist, ob es trotz der veränderlichen Ursachen eine Möglichkeit zur visuellen Bewertung der Doppelbrechungen gibt, die sicherstellt, dass (ein entsprechend hochwertiges Produktionsverfahren vorausgesetzt) auch bei ungünstigen Bedingungen keine Anisotropien sichtbar werden.

Ja, die Möglichkeit gibt es: Denn mit modernen Messverfahren können thermisch vorgespannte Gläser hinsichtlich der Anisotropie objektiv bewertet werden.

Diese basieren auf der Messung des Betrages und der Orientierung der Spannungsdoppelbrechung mittels photoelastischer Methoden.

Anhand dieser Eingangsgrößen wird dann ein sogenannter Isotropie-Wert errechnet. Dieser gibt an, welcher Flächenanteil eines Glases selbst unter denkbar schlechtesten Randbedingungen, wie z. B. höchste anzunehmende Lichtpolarisation, frei von optisch störenden Doppelbrechungserscheinungen ist.

Die am Markt verfügbaren (Glas-)Qualitäten variieren mitunter sehr stark. Isotropie-Werte unter 85 % können als mittelmäßig bis unterdurchschnittlich eingestuft werden. Isotropie-Werte über 85 % zeugen von guter visueller Qualität. Gläser mit höchster optischer Qualität ohne störende Anisotropien sind bislang nur unter Verwendung optimierter Technologien und geeigneter Prozessführung beim thermischen Vorspannen realisierbar. Diese zeichnen sich durch exzellente Isotropie-Werte von  95 % aus.

Messen oder fotografieren?

Anders als das hier beschriebene Messverfahren, das auf Messung von mechanischen Spannungen beruht, sind einfache Polfilternahmen mit anschließender Bildauswertung für die objektive Bewertung von Anisotropien in der Fassade nicht geeignet, da diese unzuverlässige Ergebnisse liefern.

Sie berücksichtigen weder die natürliche Polarisation des Lichtes noch die Orientierung der Doppelbrechung in den Glasscheiben in angemessener Weise. Darüber hinaus werden die Bildaufnahmen maßgeblich von der Transmission des Glases mit etwaigen Beschichtungen beeinflusst, was eine belastbare Vergleichbarkeit von Gläsern mit unterschiedlichen Beschichtungen respektive unterschiedlichen Lichtdurchlässigkeiten unmöglich macht.

Ausblick

Hinsichtlich der optischen Qualität thermisch vorgespannter Gläser ist das Messen und Kontrollieren von Anisotropien ein sinnvoller Schritt, um die Erwartungen von Architekten und Investoren auch jenseits bestehender Normen besser zu erfüllen. Mit der Entwicklung eines Messverfahrens und der Definition des Isotropie-Werts wurde eine Möglichkeit geschaffen, die eine objektive und quantitative Bewertung von Anisotropien in Gläsern ermöglicht. Das Messverfahren stellt sowohl für Glasveredler als auch Anlagenbauer eine Chance dar. Es schafft die Grundlage für die Herstellung qualitativ hochwertiger vorgespannter Gläser, die zusätzlich „anisotropiearme“ Eigenschaften und damit auch eine höhere Wertigkeit haben.—

www.arcon-glas.de

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