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Rosenheimer Fenstertage

Drücken Sie die Reset-Taste!

_ „Wir haben begriffen, dass vieles nicht von selbst läuft“, so das Bekenntnis des ift-Vorstandsvorsitzenden Bernhard Helbing in der ift-Pressekonferenz am Vorabend der Fenstertage. Tatsächlich scheinen die ift-Macher in letzter Zeit häufiger in den Markt gehorcht zu haben. Denn bei dem Programm der Fenstertage und am ift selbst sind einige Veränderungen zu erkennen. Man scheint auch wirklich mehr Teilnehmer überzeugt zu haben: Die alljährliche Kritik über ein flaues Vortragsrepertoire war dieses Jahr jedenfalls nicht zu vernehmen.

Was die Institutsgeschäfte im letzten Jahr angeht, so kann der kaufm. Geschäftsführer Dr. Peichl eine erstaunliche Bilanz vorweisen: Der Umsatz ist um 8 Prozent gestiegen, das Ergebnis allerdings etwas niedriger ausgefallen. Gleichfalls seien 15 neue Stellen besetzt worden. Mittlerweile beschäftige man 230 Mitarbeiter.

Einblicke in die Zukunft der Branche

Für Prof. Sieberath ist der rote Faden auf den Fenstertagen das Thema Zukunft. Dabei gehe es um die Digitalisierung und die Intelligenz, die dahintersteckt. Sieberath ist sich sicher: „Wer sich heute nicht auf die Digitalisierung einlässt, der muss sich wohl in 5 Jahren überlegen, womit er sein Geld verdient.“

In seinem Eröffnungsbeitrag „Zukunft meistern“ geht es ihm aber erst einmal darum, klarzustellen, dass die Kostenexplosion beim Bau nicht von der Fensterbranche verursacht werde. „Fenster und Türen sind nicht teurer geworden, aber die Leistungsfähigkeit ist deutlich gestiegen.“ Gleichzeitig sieht der Institutsleiter den Flaschenhals bei der Montagekapazität – besonders dann, wenn das Bauelement nicht Standard sei. Dann müsse der Kunde z. T. empfindlich lange auf die Ausführungen warten.

Aktuelles aus dem ift Sachverständigenzentrum

Ingo Leuschner vom ift Sachverständigenzentrum lieferte in seinem Beitrag ein Gruselkabinett der Bauschäden. Er stellte aber auch klar: Was vom Endkunden als „Supergau“ empfunden werden kann, wird der Sachverständige vielleicht ganz anders beurteilen, wie z. B. gewisse Farbabweichungen an Blendrahmen und Flügel. Leuschner spricht von einem Spagat: Das Qualitätsniveau der Fenster sei einerseits so hoch wie nie, andererseits gebe es auch ebenso krasse Ausreißer. Als Beispiel brachte er Bilder von „Fenstern aus deutschen Profilen“, die aber in Polen hergestellt wurden. Der Hersteller hatte eindrucksvoll dokumentiert – beispielsweise durch eine miserable Eckverschweißung –, dass er den Produktionsprozess überhaupt nicht im Griff hat. Leuschner verwies auch auf z. T. mangelhafte Dokumentationspraxis der Betriebe und warnte dabei: „Es war noch nie so leicht, die Anforderungen nicht zu erfüllen!“

Auch PVC-Fenster brauchen Pflege

„Schmutzig“ wurde es beim Beitrag von Christoph Schrader vom SKZ – schließlich zeigte er, dass auch PVC-Fenster gepflegt werden müssen. Versäumt man regelmäßige Pflegeintervalle, zeigen sich unschöne Verfärbungen. In diesem Zusammenhang verwies er auf ein Merkblatt der Gütegemeinschaft Kunststoff-Fensterprofilsysteme e. V., in dem beschrieben wird, wie man mit der richtigen Reinigung und Pflege lange Freude am Kunststofffenster haben kann.

Eines der Highlights im Programm war auch dieses Jahr wieder die angekündigte Publikumsbeschimpfung von Jochen Grönegräs vom Bundesverband Flachglas. Dabei zeigte er auf, was sich nach seiner ersten Brandrede 2014, in der er bereits auf die Vermarktungsschwächen der Fensterbranche hinwies, geändert hat: nicht besonders viel. Mit einem bedauernden Unterton verwies Grönegräs darauf, dass nicht etwa deutsche Anbieter interessante Weiterentwicklungen anpreisen würden. Mehr Glas und weniger Rahmen bekomme man vielmehr, wenn man polnische Fenster von Oknoplast kaufe. Er vermisse das „Mega“ – stattdessen würde man sich in der Branche Gedanken machen, ob man auch noch in Zukunft das IV 68 verkaufen könne.

Einblicke in die Elphi

Zum späten Donnerstagnachmittag wurden die Teilnehmer für ihre Ausdauer mit einem faszinierenden Beitrag über die Elbphilharmonie und die darin verbauten Bauelemente belohnt. Das Referententeam Michael Elstner (AGC Interpane), Stefan Goeddertz (Herzog & de Meuron Architekten) und Karl Lindenmaier (Josef Gartner) hatten unterhaltsam dargestellt, was mit Glas und Fassade alles machbar ist – manche Kinnladen im Saal sind förmlich runtergefallen.

Digitale Disruption betrifft uns alle

Am nächsten Morgen dann der nächste Paukenschlag: Dr. Jens-Uwe Meyer (Innolytics) zeigte, dass man Geschäftsmodelle komplett anders denken müsse. Ansonsten drohe bald der Totalausfall. Sein Ratschlag: „Werden Sie konstruktiv unzufrieden. Wenn Sie das Gefühl haben, da ist zu viel Papier, da ist ein Kunde der zweimal vergeblich anruft, fragen Sie sich, ob die Prozesse nicht auch anders funktionieren. Hinterfragen Sie die Möglichkeit, Prozesse zu digitalisieren.“

Am besten wäre es, einfach mal die Reset-Taste zu drücken und sich zu fragen: Würde man heute mit den Ressourcen genauso am Markt auftreten wie früher? Aber er sagt auch: „Sie müssen alles tun, um das jetzige Geschäft am Laufen zu halten, denn damit finanzieren Sie die digitalen Optionen für Ihr Unternehmen.“

Etwas düstere Prognosen gab es auch von Dr. Lehner von Interconnection Consulting: „In 10 Jahren werden 20 bis 30 Prozent der Unternehmen, die hier im Raum vertreten sind, nicht mehr existieren.“ Er verwies auf das digitale Vermarktungspotenzial, das in der traditionellen Bauelemente-Branche schlummert – und bald würden 15 Prozent des Gesamtumsatzes über digitale Marktplätze verkauft werden. Und in Zukunft gehe es eben nicht mehr um das Produkt Fenster, sondern vielmehr um das Versprechen, das damit verbunden ist: Sicherheit, Behaglichkeit oder einfach mehr Licht.

Ein Dissens offenbarte sich in der gleichen Session zwischen Ludwig Dorffmeister vom ifo Institut und Ulrich Tschorn vom VFF. Während Dorffmeister davon ausgeht, dass die „Party“ am Neubaumarkt mit dem Rekordjahr 2018 vorbei ist und sich spätestens 2020 der Markt im Sinkflug befinde, glaubt Ulrich Tschorn vielmehr, dass es andere Faktoren gebe, wie die politischen Entwicklungen (Migration) und Zielvorgaben der Öko-Politik (CO2-Minderungs-Versprechen), die für eine längerfristige Belebung des Wohnbaumarktes sprechen würden. —

Daniel Mund

“Mit die besten Fenstertage, die ich erlebt habe“

Ein äußerst zufriedenes Fazit stellte Prof. Ulrich Sieberath im Anschluss an die 45. Rosenheimer Fenstertage auf. „Die Veranstaltung hat mir sehr gut gefallen. Das waren mit die besten Fenstertage, die ich erlebt habe“, sagte er im Anschluss im Gespräch mit der GLASWELT.

Mit ein Grund seiner Zufriedenheit war das leicht veränderte Konzept. „Wir haben Themen aus der alltäglichen Praxis aufgegriffen. Die kamen genauso gut an wie auch der Themenblock Glas“, so Sieberath.

Dazu habe man sich seitens des veranstaltenden ift viel Mühe gegeben, die Vortragsblöcke auch inhaltlich abzustimmen. Auch das Thema Digitalisierung, das ja hinter dem Titel „Zukunft meistern“ steckte, habe sich prima als roter Faden durch die Veranstaltung gezogen. Und schließlich zeigte sich Sieberath noch mit dem den Fenstertagen vorgelagerten Workshop zufrieden: „136 Teilnehmer bei der jetzt zum dritten Mal durchgeführten Veranstaltung belegen, dass sich der Workshop durchgesetzt hat.“

Auch die Anzahl an internationalen Gästen sei in Ordnung. In den Hauptmärkten, in denen das ift noch unterwegs sei, gebe es mittlerweile eigene Veranstaltungen, die dann auch entsprechend auf diese Märkte zugeschnitten seien. Insofern sind nur einige Gäste von Verbänden, Presse und wichtigen Unternehmen aus dem Ausland bei den Fenstertagen Gast, um als Transporteur in die jeweiligen Märkte zu fungieren. Zudem soll die Teilnehmerzahl in Rosenheim nicht mit aller Gewalt wachsen. „Wir hatten mal 1250 Teilnehmer, das war viel zu laut, zu eng und zu unruhig. Wir haben hier ja schon fast einen familiären Effekt, die Branche ist unter sich, man kennt sich. Wenn das zu voll ist, geht das verloren.“

Etabliert haben sich auch bestens die versetzten Blöcke sowie die Pausen zum Netzwerken. Abgesehen davon, dass keiner mehr ein schlechtes Gewissen habe müsse, weil er einen Vortrag nicht besucht hat, hat sich alles andere auch entzerrt. Zum Beispiel gehören dadurch die endlosen Schlangen beim Mittagessen der Vergangenheit an.

Festgehalten wird aber weiterhin an dem Donnerstag und Freitag als Veranstaltungstage, auch wenn die letzten Vorträge dann schon vor ziemlich leeren Stuhlreihen stattfinden. „Wir denken da zwar immer wieder mal drüber nach, aber einige Gäste hängen hier dann noch das Wochenende für einen kleinen Urlaub dran“, sagt Sieberath. Und ob eine Ende am Donnerstag dafür sorgen würde, dass alle Teilnehmer bis zum Ende bleiben?

Gewiss ist jedoch, dass im kommenden Jahr die Fenstertage wieder Mitte Oktober stattfinden: Am 11. und 12. Oktober trifft man sich dann wieder in Rosenheim.

Camillo Kluge

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