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Mehr Funktionen für den gläsernen Werkstoff

Clevere Gläser auf dem Vormarsch

_ Was macht ein smartes Glas aus? Hier gibt es unterschiedliche Betrachtungsweisen. Einerseits ist die Funktion oder Zusatzfunktion relevant, wie etwa die Schaltbarkeit von hell auf dunkel, von transparent zu opak, oder der Einsatz als Lichtquelle und zur Aufnahme von Sensorik, die eine zentrale Rolle bei der Bewertung spielt.

Andererseits hat auch die Steuerung einer solchen Glasanwendung eine wichtige Rolle. Dazu kommt die Möglichkeit der Einbindung solcher Gläser in Haussteuerungssysteme sowie die Vernetzung, etwa über Cloudfunktionen.

So sagt etwa Patrick Dupin, der leitende Manager der Flachglassparte von Saint-Gobain, dass ein schaltbares Glas per se nicht unbedingt smart sei, sondern dass die Steuerung im Mittelpunkt stehe. Das gilt für ihn bei allen smarten Gläsern. Relevant sei, welche Schnittstellen heute und in Zukunft notwendig sind, um Glaselemente intelligent steuern zu können.

Wie sieht es am Markt aus? Die Kombination von Glas mit elektrischen und elektronischen Bauteilen liegt ganz klar im Trend. Hier gab es beispielsweis auf der glasstec Ende Oktober in Düsseldorf eine Vielzahl an neuen Gläsern mit Vielfachfunktionen zu sehen. Dort stellten unter anderem die bekannten Anbieter wie AGC, EControl, Guardian, Saint-Gobain unterschiedliche schaltbare Gläser mit variablem g-Wert vor.

Ebenso war auf der Messe in Düsseldorf der Technologie-Konzern Merck vertreten, der letztes Jahr eine zweistellige Millioneninvestition in eine Produktion für schaltbare Glaseinheiten auf Basis von Flüssigkristallen investiert hat.

Alle großen Player rechnen damit, dass smarte Gläser künftig immer breiter eingesetzt werden. Und das gilt sowohl für den Einsatz in der Fassade als Sonnen- und Blendschutz sowie im Interieur als Sichtschutz und für Privacy-Anwendungen. Weiter gehen einige Anbieter davon aus, dass Fassadengläser mit variablem g-Wert langfristig den klassischen Sonnen- und Sichtschutz in vielen Bereichen ersetzen werden.

Auf der glasstec waren zudem Leuchtgläser (auf LED-Basis) als weiterer Trend zu sehen. Diese können dazu eingesetzt werden, ganze Fassaden oder Teile davon zu illuminieren oder im Raum die Beleuchtungsfunktion zu übernehmen, etwa als Leuchtwand oder Lichtdecke.

Mehr Komfort

Die schaltbaren Systeme mit variablem g-Wert unterscheiden sich beispielsweise in der Dauer des Schaltprozesses. Bei Merck reagiert das System sofort, bei Halio (AGC) dauert es 3 Minuten, etwas länger bei EControl oder bei SageGlass. Wobei eine etwas längere Schaltdauer nicht von Nachteil sein muss. Wird ein schaltbares Glas über die Fassadensteuerung geregelt, kann ein fließender Übergang über mehrere Minuten durchaus gewünscht sein, da z. B. die Nutzer in einem Büroraum die Umstellung von hell nach dunkel so kaum wahrnehmen.

Auf der Messe wurde erstmals SageGlass Harmony vor einem großen Publikum präsentiert. Diese Weltneuheit ermöglicht einen nahtlosen Übergang zwischen getönten und klaren Bereichen innerhalb einer Scheibe und bietet so ein- en besonderen Komfort, der eine noch gezieltere Steuerung des Tageslichts, der Farbwiedergabe sowie des Wärme- und Blendlichteintrags bietet. So lässt sich bei hochstehender Sonne der obere Bereich der Scheibe verdunkeln, während der mittlere Bereich nur in Teilen und der untere gar nicht getönt ist. Bei tiefstehender Sonne lässt sich das dann entsprechend umkehren. Der Vorteil dabei: Die Scheibe muss nicht komplett verdunkelt werden, wodurch wiederum Tageslicht, das nicht blendet, in den Raum gelangt.

Das Fenster als Touchscreen

Eine weitere Entwicklung, die zu sehen ist, sind Gläser, die wie ein Touchscreen funktionieren. Darüber lässt sich z. B. das Licht an- und ausschalten, die Haustechnik steuern, Musik abspielen oder die Scheibe selbst opak oder transparent schalten.

Solche Gläser können zudem als Display fungieren, etwa bei Schaufenstern, um zu den Exponaten noch Zusatzinformation zu bieten. Über eine Berührung mit dem Finger kann der Betrachter diese Infos abrufen oder direkt ein Produkt bestellen und nach Hause schicken lassen.

Es ist heute schon möglich, Glas als Lautsprecher in der Dusche zu nutzen (Bild rechts). Bei diesem System besteht die Duschwand aus Verbundglas (2 × 3 mm Glas mit zwei PVB-Folien) und dient gleichzeitig als Lautsprechermembran. Diese wird mit einer Schwingspule in Schwingung versetzt. Die Elektronik selbst befindet sich an der Außenseite der Wand und ist durch einen Handtuchhalter verborgen. Ein Akku treibt das Gerät an und kann auch durch eine Steckdose gespeist werden. Von der Innenseite der Duschwand aus können Sie die Lautstärke und die Lieder mit den Touch-Tasten ändern.

PG Germany bietet mit seinem Kommunikationsfenster mit integrierten Flüssigkristallen ein Glas an, das gleich drei Funktionen erlaubt: Durchsicht, Interaktion und Sichtschutz. Per Knopfdruck wird die einlaminierte, matte Folie durchsichtig. Im Präsentationsmodus wird die Scheibe mittels Berührungs-Sensorik zum interaktiven Touchscreen und lässt sich wie ein Smartphone bedienen. Gekoppelt mit einem Projektor lassen sich Schrift und Bilder auf die matt geschaltete Folie werfen (Bild links). Die Sicherheitsfunktion, z. B. für Schaufenster, sorgt dafür, dass es bei Schlägen sofort undurchsichtig wird. —

Matthias Rehberger