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Der GLASWELT-Gastkommentar von Paul Bastianen

Neelie Kroes ist keine Frau Antje,

denn die EU-Kommissarin Neelie Kroes nimmt der Glasbranche den Käse vom Butterbrot.

Wie das? Kroes war 2007 sehr aktiv und hat rund drei Mrd. Euro an Kartellgeldstrafen verhängt (2006: 1,8 Mrd. Euro). Dieser Rekord wurde Ende voriges Jahr erreicht, nachdem Sie die vier Flachglasproduzenten AGC, Guardian, Pilkington und Saint-Gobain zu einer Gesamtstrafe von 486,9 Mio. Euro verdonnerte (GLASWELT.de berichtete online am 30.11.). Damit hat Frau Kroes die EU in Sachen Kartellstrafen zum Weltmeister gemacht.

Und Brüssel beweist damit einmal mehr, wie weit es von den Verbrauchern und der Industrie entfernt ist. „Die direkten Opfer, so Kroes, waren die Abnehmer von Flachglas und damit letztendlich die europäischen Endverbraucher, die so mehr für Glas bezahlen mussten.“ Oberflächlich betrachtet, scheint das zu stimmen. Aber die EU-Kommissarin kennt sich im Markt nicht aus. Denn dann hätte Sie gewusst, dass wir heute bei Glas ein Preisniveau haben, das dem von 1986 entspricht. Und die Preissteigerung der letzten Jahre, dem Anstieg des Preisniveaus von 1963 nach 1986 widerspiegelt. Rechnet man die Inflation ab, zahlen wir immer noch zu wenig für Glas. Ökonomisch gesehen ist Glas kein hochwertiges Produkt: Eine Wanne, die 600 t Glas pro Tag abgibt produziert kontinuierlich. So kann die Industrie nicht immer Angebot und Nachfrage steuern - was in den letzten Jahren zu einem drastischen Preisverfall führte.

Das Einzige was Frau Kroes der Glasindustrie also vorwerfen kann, ist schlechtes Marketing. Nach der Wende in Deutschland, wurde eine Produktionskapazität von ca. 40 Mio. m² Isolierglas aufgebaut. Auf Dauer werden am Markt aber nur etwa 20 bis 25 Mio. m² gebraucht, d.h. es bestehen große Überkapazitäten. In Großbritannien sieht das anders aus: die Produktionskapazität liegt dort auf einem so niedrigeren Niveau, dass man vom Import abhängig ist. Damit bewegen sich die Glaspreise jenseits des Ärmelkanals auf einem viel höheren Niveau, als auf dem Kontinent, da man die Marktnachfrage viel besser aufnehmen kann.

Beim Float ist der Hauptkostenfaktor der Energiepreis und wir haben Glück, das der Dollarkurs schwächelt. Bei einem Rohölpreis von 100 Dollar/Fass hätten wir sonst schon viel höhere Glaspreise. Auch wenn jetzt die Glashersteller zur Kasse gebeten werden, die Verlierer im Kartellverfahren sind die Europäischen Endverbraucher, denn Sie müssen letztendlich die Strafe aus ihrer eigenen Tasche zahlen.

Ihr Paul Bastianen

Wenn Sie weitere Themen im Gastkommentar erörtern wollen: glaswelt@glaswelt.de.

Für den Kontaktwunsch zu Paul Bastianen:

p.bastianen@planet.nl, Tel. (+31) 653 25 67 28

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