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Ursachenfindung im Falle des plötzlichen Bruchs einer Ganzglastüre aus Einscheiben-Sicherheitsglas

Glasbruch mit Verletzungsfolgen

Der Sachverhalt sollte untersucht und folgende Fragen ­sollten beantwortet werden:

  • Was ist die Ursache für den Bruch der Ganzglastür?
  • Besteht die Gefahr, dass weitere Türen zu Bruch gehen und sich Gäste verletzen?
  • Welche Maßnahmen sind zu treffen, um die Glasbruch­gefahr zu reduzieren?

Feststellungen zum Objekt

Bei der Ganzglastür handelt es sich um eine so genannte Pendeltür, die an zwei Drehbeschlägen an einer Holzzarge befestigt ist (Bild 2). Die Tür besteht aus 10 mm dickem thermisch vorgespanntem Einscheiben-Sicherheitsglas (ESG). Auf die Oberkante der Glastür ist ein U-Profil aus Edelstahl (Glastürschuh) aufgesteckt, welches an einem Obentürschließer des Typs WRT54GL der Firma Gripping verschraubt ist (Bild 3, 4und8). Um den Kontakt zwischen Glas und Metall zu vermeiden ist die Glasscheibe innerhalb des Glastürschuhs in einer 1 mm dicken Kunststofffolie eingebettet. Im Bereich einer Ecke des Glastürschuhs fehlt diese Schutzfolie auf einer Tiefe von ca. 5 mm (Bild 5). Damit der Glastürschuh nicht von der Glasoberkante abhebt, ist er mittels zweier knopfgroßer Klemmschrauben mit einem Durchmesser von 18 mm gesichert, die gegen die Schutzfolie geschraubt werden (Bild 6 und7). Um eine zu hohe punktuelle Belastung der Glastür zu vermeiden, die zum Glasbruch führen könnte, dürfen diese beiden Klemmschrauben gemäß Vorschrift der Firma Gripping mit einem maximalen Drehmoment von 3 Nm angezogen werden (Bild 8).

Erläuterungen

ESG hat aufgrund seiner thermischen Behandlung die ­Eigenschaft einer gegenüber normalem Floatglas höheren ­mechanischen und thermischen Festigkeit. Im Falle eines Bruches zerfällt es in ein Netz vieler Glaskrümel, die mehr oder weniger lose zusammenhängen. Für einen Bruch von Ganzglastüren aus ESG gibt es im Wesentlichen folgende Gründe:

  • Vorschädigungen der Glasoberfläche oder der Glaskanten
  • Mechanische Überlastung
  • Thermische Überlastung
  • Überlastung des inneren Spannungsgefüges aufgrund von Nickelsulfideinschlüssen

Eine absolut sichere Antwort über die Ursache des Bruches der Glastür lässt sich nachträglich nicht geben, wenn nur noch Fotos vom Bruchstückhaufen vorhanden sind. Da dies nicht möglich ist, muss sich daher die Suche nach der Ursache auf die Beurteilung des optisch erkennbaren Schadensbildes und Hinweisen, die die Schadensbegründung belegen oder erhärten können, beschränken. Da die Tür anlässlich der Handhabung durch einen Hotelgast zerborsten ist, lässt sich ein Nickelsulfideinschluss als Ursache für den Glasbruch mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit ausschließen, weil das zeitgleiche Zusammentreffen von Handhabung und Bruchauslösung durch einen Nikelsulfidkristall höchst unwahrscheinlich ist. Auch thermische Einflüsse, die zu einer Überlastung der Glastür geführt haben könnten, lassen sich ausschließen.

Ob die Glastür zum Zeitpunkt des Bruches Vorschädigungen hatte kann ich nachträglich nicht feststellen. Beim Öffnen der Tür verursacht ein Benutzer über das Ziehen oder Drücken am Türschloss eine Verwindung des Türblattes, die sich in die beiden Türbeschläge, aber auch in den auf die Oberkante der Tür aufgesteckten Glastürschuh überträgt. Dieser Glastürschuh soll die Belastung auf den Obentürschließer übertragen, der dann entweder die Öffnung der Tür dämpfen soll oder die Tür wieder schließen soll.

Da der Glastürschuh eine „kleine“ Übertragungsfläche hat, muss auf jeden Fall sichergestellt werden, dass es nicht zu einem Kontakt zwischen Metall und Glas kommen kann. Auch der Anpressdruck der beiden Klemmschrauben darf nicht zu einer punktuellen Überlastung der Glasscheibe führen. Neben einer möglichen Vorschädigung der Glastür verbleiben im Wesentlichen zwei Möglichkeiten, die als Ursache für den Glasbruch in Frage kommen können:

  • Da die Schutzfolie an einer Ecke des Glastürschuhs ca. 5 mm zurückstand, kann es bei Verwindung der Tür zum Kontakt zwischen Metall und Glas gekommen sein. Möglicherweise ist auch das Anzugsmoment der beiden Klemmschrauben zu hoch gewesen, so dass es zu einer punktuellen Überlastung der Glastür innerhalb des Glastürschuhs gekommen ist.

Beantwortung der Fragen

  • Was ist die Ursache für den Bruch der Ganzglastür?

Neben einer möglichen Vorschädigung der Glastür verbleiben im Wesentlichen zwei Möglichkeiten, die als Ursache für den Glasbruch in Frage kommen können: Da die Schutzfolie an einer Ecke des Glastürschuhs ca. 5 mm zurückstand, kann es bei Verwindung der Tür zu einem Kontakt von Metall und Glas gekommen sein. Möglicherweise ist auch das Anzugsmoment der beiden Klemmschrauben zu hoch gewesen, so dass es zu einer punktuellen Überlastung der Glastür innerhalb des Glastürschuhs gekommen ist.

  • Besteht die Gefahr, dass weitere Türen zu Bruch gehen und sich Gäste verletzen?

Die Anwendung von Einscheiben-Sicherheitsglas als Ganzglastür unterliegt bei Einhaltung aller Montage- und An­wendungsvorschriften einer üblichen Gebrauchsgefahr. Das Risiko eines weiteren Glasbruches kann nicht ausgeschlossen werden. Es lässt sich jedoch bei Einhaltung der Montage- und Anwendungsvorschriften, sowie einer regelmäßigen Überprüfung und Wartung der Türen auf ein übliches Maß reduzieren.

  • Welche Maßnahmen sind zu treffen, um die Glasbruch­gefahr zu reduzieren?

Alle Türen sollten speziell im Hinblick auf die beiden von mir festgestellten möglichen Ursachen hin überprüft werden. Ferner sollte sichergestellt werden, dass die Türen einer regelmäßigen Kontrolle speziell im Hinblick auf Oberflächen und Kantenschäden unterzogen werden.|

Wolf-Dietrich Chmieleck

Autor

Wolf-Dietrich Chmieleck ist von der IHK Bochum öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Glastechnik und Glasanwendung.

IGA Institut für Glasanwendung

Dipl.Ing. Wolf-Dietrich Chmieleck, 58456 Witten Tel. (0 23 02) 7 53 83, Fax (0 23 02) 7 51 33 chmieleck@versanet.de, http://www.glassexpert.eu

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