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Matthias KÖnig: Wege durch die Krise mit gutem Kosten- und Prozessmanagement (II.)

Wo gibt es noch Einsparpotenziale?

Nachdem Sie als Fensterproduzentin oder Fensterproduzent Transparenz geschaffen haben, müssen Kostenziele definiert werden. Dabei geht es um die detaillierte Beantwortung der Kernfrage: Welche Kosten können wie reduziert werden, ohne dabei die Qualität und Leistung für den Kunden, für die er bereit ist zu bezahlen, zu schmälern?

Sich mit anderen vergleichen

Hilfreich sind hier auch Benchmarkvergleiche, deren Datenbasis beispielsweise aus der Auswertung der Jahresabschlüsse erfolgreicher Wettbewerbsunternehmen gezogen werden kann. Hier muss sichergestellt sein, dass die Geschäftsmodelle und die Fertigungstiefe vergleichbar sind.

Wenn die Ziele definiert wurden, müssen diese mit Maßnahmen unterlegt werden. Diese können sehr vielfältig sein:

  • Im Bereich des Personals ist neben der Nutzung flexibler Arbeitszeitmodelle, Leiharbeit oder Werkvertragstätigkeit als Methoden der Personalkostenoptimierung auch die Auslagerung von Produktionsprozessen im Sinne des Outsourcings oder der Spezialisierung eine Möglichkeit der umfassenden Kostenoptimierung. Gerade für Nebenprozesse ist das sehr effektiv. Aber auch bei Produkten mit geringem Absatzanteil oder nicht wettbewerbsfähigen Herstellkosten sowie Dienstleistungen wie Logistik, Rechnungswesen, Instandhaltung kann man durch Outsourcing schnell Kostensenkungseffekte erzielen. Hilfreich dabei sind Make-or Buy-Analysen, um zu einer kosteneffektiven Entscheidung zu gelangen.
  • Sehr umfassend auf viele Kostenarten wirken auch Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität. Die Senkung der Ausschussrate wirkt produktivitätserhöhend, reduziert den Material- und Energieeinsatz und jede Menge Zeitverschwendung. Voraussetzung dafür ist ein professionelles Qualitätsmanagement.
  • In Zeiten hoher Energiekosten, aber auch aus Nachhaltigkeitsgründen, ist die Energieeffizienz ein wichtiges Thema: Senken Sie den Energieverbrauch durch energieeffiziente Maschinen, Anlagen und Geräte und energiesparendes Verhalten aller Mitarbeitenden. Mit Hilfe des strukturierten Einkaufs von Energie reduzieren Sie zusätzlich die Energieeinstandspreise.
  • Auch klare Regelungen zu den optimalen Tankzeiten für die eigenen LKW-Fahrer und die anderen Nutzer von Firmenfahrzeugen, leisten einen nicht zu unterschätzenden Beitrag.
  • Die Optimierung des Bestandsmanagements führt nicht nur zur Verbesserung der Liquidität, sondern leistet auch einen Beitrag zur Vermeidung von Überproduktion und zur Senkung der Lagerkosten.
  • Mit den Methoden des Lean-Managements, insbesondere durch Kaizen, Kanban, Wertstromanalyse oder 5S-Methode, lassen sich nachhaltige Erfolge bei der Erarbeitung von Effektivitäts- und Effizienzsteigerungen in der Produktion und allen anderen Bereichen erreichen, die sich wiederum positiv auf die Personalkosten- und Materialkostenintensität auswirken.
  • Mit den Instrumenten der Marktrecherche und des Anbietervergleiches können Fixkostenarten, wie Versicherungskosten, Miet- und Leasingkosten u. v. a. gesenkt werden. Intensive Gespräche mit den Lieferanten in Lieferantenworkshops führen zu gemeinsamen Lösungen, um die Kosten für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe zu reduzieren. Auch hier ist der umfassende Wettbewerbsvergleich ein weiteres Mittel, das schnell zum Erfolg führen kann.
  • Natürlich ist der Einsatz neuer Technologien wie Digitalisierung oder neue Fertigungsverfahren, aber auch neue Maschinen und Anlagen zur Hebung des Automationsgrades ein weiterer Weg zur Kostenoptimierung. Über geringere Personalintensität durch höhere Arbeitsproduktivität sowie reduzierte Materialverbräuche (Ausschuss, Verschnitt u. a.) oder Materialsubstitution werden variable Kosten nachhaltig gesenkt.
  • Mit Prozessoptimierungen kann man für alle Kostenarten und in allen Bereichen des Unternehmens zu Kostenreduzierungen kommen. Gleichzeitig wirken sie in der Regel fördernd auf die Prozessqualität, daher stellt die Prozesskostenoptimierung einen der größten Hebel für die Kostenoptimierung dar. Deshalb habe ich diesem Thema ein eigenes Kapitel gewidmet.
  • Im Einkauf liegt der Gewinn

    Dieses alte Kaufmannssprichwort ist eine Binsenweisheit, die häufig nicht ausreichend beachtet wird. Nach der Einkaufspreisrally, die wir in den Jahren 2021, 2022 und zu Teilen 2023 erlebt haben, ist es jetzt absolut notwendig und möglich, die Einkaufskonditionen umfassend und stetig zu verbessern. Und wenn ich hier über die Einkaufskonditionen schreibe, so meine ich:

  • Das Preisniveau (Nettopreise, Rabatte, Mengenrabatte, Staffelboni, Rückvergütungen, Werbekostenzuschläge)
  • Die Lieferkonditionen (Lieferzeiten, Versand­arten)
  • Die Mengenkonditionen (Mindestbestellmengen)
  • Die Servicekonditionen (Wartung, Installa­tion, Servicegebühren)
  • Natürlich auch die Zahlungsbedingungen (Skonto, Zahlungsziele).
  • Dass die Lieferanten dabei nicht von sich aus, die Konditionen bestmöglich verbessern werden, dürfte klar sein. Neben dem guten und partnerschaftlichen Verhältnis zu den Lieferanten ist hier zusätzlich Wissen über die Kostenstruktur (u. a. Kostentreiber, Einsparungspotentiale) der Lieferanten und die Prozesse der Zusammenarbeit gefragt.

    Durch die genaue Analyse lassen sich Einsparpotentiale bei den Lieferanten und auch im eigenen Hause finden und heben. Gleichzeitig bietet das Wissen um diese Verbesserungspotentiale eine gute Basis für den Aufbau einer schlagkräftigen Verhandlungstaktik für das Lieferantengespräch. Die Methode kann auch bei der Abwehr von Preiserhöhungswünschen angewendet werden. Gute Werkzeuge, um hier Transparenz zu schaffen, sind die Lieferantenkostenstrukturanalysen sowie Lieferantenworkshops.

    Komplexitätskosten und Sortimentspflege

    Ein wesentlicher Bereich, in dem sich praktisch immer Einsparungspotentiale finden lassen, sind die Komplexitätskosten. Sie entstehen primär im Zusammenhang mit der Vielschichtigkeit unserer Sortimente und Dienstleistungen in der Breite und Tiefe sowie den zu ihrer Erzeugung notwendigen Produktionsprozessen mit deren Hilfs- und Nebenprozessen. In größeren Unternehmen unserer Branche können diese Kosten auch aufgrund von komplexen Strukturen und damit verbundenen Prozessen entstehen. Das reicht von der Stammdatenverwaltung über Einkauf, Vertrieb, Marketing, Produktmanagement, Qualitätssicherung, Arbeitsvorbereitung und Produktionsdurchführung bis hin zur Logistik.

    Nach meiner Erfahrung machen viele Unternehmen im Bauelementebereich 80 Prozent ihres Umsatzes mit 20 Prozent ihrer Sortimente (Pareto-Prinzip). Dies gilt besonders für den Bereich des Zubehörs bzw. der Ausstattung, aber auch für die vielen Profilsystemtypen, die man in unseren Betrieben findet. In der Glasverarbeitung werden häufig Glasdicken bzw. Glastypen vorgehalten, die eine zu niedrige Umschlaggeschwindigkeit haben, weil die Läger nicht konsequent bestandsoptimiert gemanagt sind. Ob das für jedes Unternehmen zutrifft, kann über eine Paretoanalyse bzw. eine Umschlaganalyse ermittelt werden. Sollte es so sein, lassen sich hier vielfältige Kostenoptimierungspotentiale finden, die es zu heben gilt.

    In unserer Branche schleppen wir einen „Riesen Bauchladen“ an Produkten in ihren Ausführungsvarianten und Zubehören mit uns herum, der verzichtbar und häufig auch unrentabel ist, weil die spezifischen Kosten und die erzielten Umsätze oder Deckungsbeiträge in einem Missverhältnis zueinander stehen. Natürlich muss man sauber analysieren, was zur Wettbewerbsdifferenzierung möglicherweise erforderlich ist. Gleichzeitig muss dann aber auch ein zielorientierter Vertrieb mit qualifizierter Beratung und passendem Marketing (Ausstellungen, Informationen, Muster etc.) dafür sorgen, dass diese Sortimente auch wirklich erfolgreich verkauft werden. Hier fehlt es häufig schlicht an technischem Sachverstand und geeignetem, kreativem Marketing oder auch einer geeigneten Vertriebsstrategie.

    Im dritten Teil dieser Serie geht es um die „sieben ­Arten der Verschwendung“ und die Frage, was die Unter­nehmensführung bei der Kostenoptimierung besser ­machen kann.

    Hintergrundbild: photoschmidt - stock.adobe.com

    Der Autor

    Matthias König
    ist Diplomökonom und seit mehr als 25 Jahren als Geschäftsführer in der Bauzulieferindustrie tätig. In dieser Zeit hat er mehrere Unternehmen in der Restrukturierung sowie in Wachstumsphasen geführt. Er ist Inhaber von prodatio consulting, einer Beratungsboutique, die auf die Bauzulieferbranche spezialisiert ist. Neben seiner Beratungstätigkeit unterstützt er Unternehmen als Beirat.

    Foto: Matthias König