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Ein Wintergarten geht auf Reisen

Ein Stück Wintergarten — bitte schön!

Glasermeister Wolfgang Müller ist ein innovativer Vollblut-Unternehmer. Vor wenigen Jahren hat er in Dotternhausen bei Balingen einen ansehnlichen Betrieb errichtet. Er bietet seiner Kundschaft Verglasungen, Vorhangfassaden und als seine besondere Spezialität Wintergärten an. Auf eine Montage-Zarge für Fenster und Türen in Blockhäusern aus Naturstämmen hat er ein Patent. Patentwürdig ist auch seine Vorgehensweise, Wintergärten bereits im Betrieb zusammenzubauen und diese als komplettes Bauteil zum Kunden zu bringen. Diese Idee kam ihm nicht von ungefähr. Als Unternehmer ist er schließlich immer auf der Suche, Abläufe sinnvoll zu gestalten, sie zu vereinfachen und zu optimieren. Er praktiziert das wirtschaftliche Prinzip, das Maximale aus gegebenen Verhältnissen herauszuholen.

Stark reduzierte Montagekosten

Bei Wintergärten, spätestens bei etwas komplizierten Formen, ist es vielfach üblich, die Teile nach dem Zurichten im Betrieb zusammenzubauen, den Glasanbau also komplett „aufzustellen“. Dies hat mehrere gute Gründe. Zum einen sind im Betrieb die äußeren Bedingungen optimal, von der Unabhängigkeit vom Wetter, über das Vorhandensein aller Maschinen und Einrichtungen bis hin zu der Tatsache, dass vor Ort und unter den Augen des Kunden nicht „improvisiert“ werden muss. Es fehlen vor Ort keine Teile, deren Nachbeschaffung aufwändig und teuer und damit ärgerlich ist. Dazu reduziert sich die verbleibende Montagezeit auf der Baustelle dramatisch.

Glasermeister Müller hat deshalb schon vor Jahren angefangen, kleinere Wintergärten im Betrieb komplett herzustellen und diese im Prinzip fertig auf die Baustelle zu transportieren. Seinen neuen Betrieb hat er bezüglich dieser Technik speziell eingerichtet. Neben ausreichendem Platz in der Werkhalle ist dort ein Brückenkran und eine 3,5 x 8 m große, 2,4 m in den Boden versenkbare und 1 m darüber anhebbare Hebebühne eingebaut. Darauf können die meisten Arbeitsgänge vom normalen Stand auf dem Boden aus durchgeführt werden. Die Wintergärten werden aufgestellt, verglast, mit den äußeren Aluminium-Profilen, der Dachrinne versehen und meist auch mit den Sonnenschutz-Einrichtungen. Vor Ort auf der Baustelle verbleibt noch das „Hinstellen“, Befestigen sowie die Dämmung und Abdichtung der Anschlussfugen. Auch sind die zur zusätzlichen Aussteifung eingebrachten „Transport-Sicherungen“ zu entfernen.

Die Bilder dieses Beitrags entstanden bei einem Projekt mit einem 3,5 x 7 m großen Wintergarten, der von Dotternhausen nach Bad Herrenalb verkauft worden war. Bei dieser Größe ist ein Transport am Stück über die Straße nicht so ganz ohne. Mit einer guten Planung der Strecke, die bei einer Höhe von 4,68 m nicht unter üblichen Brücken mit 4,20 m Durchfahrtshöhe hindurch gehen kann und die keine allzu engen Durchfahrten haben darf, ist das aber mit dem vorausfahrenden Polizei-Schutz kein wirkliches Problem.

Da besagter Wintergarten mit ca. 2,5 Tonnen Gewicht Anfang Februar 2007 quer durch den Schwarzwald zu schaffen war, also über eine Strecke von gut 90 km durch das nicht ganz winterliche Mittelgebirge, musste eine Fahrtzeit von knapp 4 Stunden eingerechnet werden, die auch minutiös eingehalten wurde. Dazu hielt sich die „Schlangen-Beschwörung“ auf sehr weiten Teilen der Fahrtstrecke sehr in Grenzen. Mit der Lösung eines Teils der Transport-Sicherungen und der Aufstellung des 30-Tonnen-Autokrans dauerte es gerade einmal eine Stunde, bis der Wintergarten zentimetergenau auf seiner Position stand. Bis zum Rest des etwas langen Tages waren die abschließenden Arbeiten erledigt und Auftraggeber und Nachbarn konnten über die „affenartige Geschwindigkeit“ (Zitat eines verblüfften Anwohners) der Fertigstellung eines solchen Bauwerks nur staunen.

Glasermeister Müller war zufrieden; seine Rechnung mit der mehr als halbierten Montagezeit war aufgegangen. Die Sonder-Einzel-Kosten für den Kranwagen und die Polizeieskorte nimmt er für etwa 60 Stunden eingesparte Montagezeit gerne in Kauf.

Wie heißt doch die wirtschaftliche Maxime? Gutes Management habe ich, wenn eine vorgegebene Leistung mit dem geringsten Aufwand erreicht wird. Viele Schwaben wissen das schon lange – andere können durch solche Erfahrungen vielleicht dazu lernen.|

Reiner Oberacker

Autor

Dipl.-Wi.-Ing. Reiner Oberacker ist Leiter der Technischen Beratung im Fachverband Glas Fenster Fassade Baden-Württemberg, Karlsruhe.

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