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Aktuelle Einschätzungen zur Entwicklung im Glas- und Fenstermarkt

Das Glasweltgespräch

GLASWELT: Die Glasbranche hat in den letzten anderthalb Jahren eine enorme Nachfrage verzeichnet. Wie schätzen Sie die Aussichten für die nahe Zukunft ein?

Biermann:

Der gemeldete Rückgang der Wohnungsbaugenehmigungen um 40 Prozent für das erste Halbjahr 2007 kann nachdenklich stimmen, vor allem wenn man sich den Bauboom im zweiten Halbjahr 2006 vor Augen führt. Zwar hatte die Branche Rückgänge aufgrund der Mehrwertsteuererhöhung und durch den Wegfall der Eigenheimzulage erwartet, jetzt wird aber für das Gesamtjahr 2007 ein Genehmigungsrückgang von 15 bis 20 Prozent (zu 2006) prognostiziert. Das entspricht nur rund 200000 neu gebauten Wohnungen. Ein bedenklicher Tiefpunkt.

Aber ebenso wenig wie der letzte „Boom“ 2006 ­Anlass zu übersteigerter Euphorie gab, sollten uns allein diese Zahlen jetzt nicht pessimistisch stimmen. Dazu besteht kein Anlass angesichts der weiterhin positiven Entwicklungen z.B. im Nichtwohnungsbau und bei der Renovation.

Der Wohnungsneubau wird spätestens ab 2009 wieder anziehen. Die weitere Zunahme der Single-Haushalte, steigende Ansprüche an Qualität und Wohnungsgröße sowie der Rückbau von Wohnraum lassen einen mittelfristigen Bedarf von rund 300000 neuen WE/Jahr realistisch erscheinen. Positiv auf den Glasverbrauch wird sich zudem der steigende Anteil an Fenstern mit Dreifach-Isolierglas auswirken. Zukünftige Vorschriften zur Energieeinsparung im Fenster­bereich werden wohl nur noch mit Dreifach-Verglasung zu erfüllen sein.

GLASWELT: Welche weiteren Wachstumschancen sehen Sie im Allgemeinen sowie im Speziellen für die Glas- und Fensterbrache?

Biermann:

Ein bedeutendes quantitatives Wachstum bietet sich nach wie vor im Renovationsmarkt. Ein Blick auf das Baualter des Gebäudebestands zeigt, dass wohl 75 Prozent der fast 40 Mio. deutschen Wohnungen Fenster besitzen, die nicht den Anforderungen an den Wärmeschutz genügen. Das Bewusstsein für die Notwendigkeit intensiverer Energieeinsparungen – auch im Interesse des eigenen Geldbeutels – war in der Bevölkerung noch nie so groß. Und die Einführung des Energiepasses in 2008 wird diese Entwicklung noch verstärken. Deshalb ist jetzt der Zeitpunkt sehr günstig, dem Endverbraucher das Thema Glas und Fenster näher zu bringen. Sehr zu begrüßen ist die Initiative des Bundesverbands Flachglas, die Aktion „Energiesparen mit Glas“ mit Maßnahmen zur Information des Verbrauchers wieder aufleben zu lassen. Gerade für Glashersteller und Fensterbauer bietet sich jetzt eine nie da gewesene Chance, den Markt für die verschiedenen Funktionen von Glas stärker zu sensibilisieren.

Der Klimawandel ist eines der wichtigsten Zukunftsthemen. Glas leistet hier einen wertvollen Beitrag: sowohl bei der Energieeinsparung durch hochdämmende Wärmeschutzgläser und Sonnenschutzgläser als auch beim Einsatz in der Solarthermie, der Photovoltaik und als Solarspiegel.

Glas findet zudem im Innenausbau immer neue Anwendungsfelder. Und auch die stetig wachsenden Glasflächen im Fahrzeugsektor sorgen für steigenden Glasbedarf. Die Chancen für ein solides Wachstum sind damit insgesamt weiterhin sehr gut.

GLASWELT: Die ganze Branche zeigt sich fast euphorisch über die Nachfragesteigerung der letzten anderthalb Jahre. Hat nach Ihrer Einschätzung dieser Aufschwung eine Chance sich zeitlich genauso auszudehnen, wie die lange Abschwung­phase 1997 bis 2005?

Taig: Der jetzige Aufschwung findet nur partiell und temporär statt. Es gibt keinen deutschlandweiten Boom nach Bau­elementen. Nach dem ausgefallenen Winter und den Vorzieh­effekten ist gerade in den letzten Wochen wieder Ruhe in den Markt gekehrt. Viele Kollegen klagen bereits über Nachfragestillstand – beispielsweise verzeichnet der Baumarkt in Thüringen einen Rückgang von 44 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Dennoch: Wir werden sicher keinen allgemeinen Rückgang bekommen und wieder in die rezessive Phase geraten. Aber: wer nicht frühzeitig das ganze Spektrum beim Neu- und Altbau, Kleinaufträge und Objekte angegangen ist, wird auch in Zukunft seine Schwierigkeiten haben und vielleicht auch noch vom Markt verschwinden.

GLASWELT: Alle Marktforscher der Branche geben dem Kunststofffenster und dem Holz-Alu-Pendant in Zukunft am meisten Wachstumspotenzial. Sehen Sie das als Vollsortimenter genauso und wie stellen Sie sich auf diese Perspektive ein?

Taig:

Kunststofffenster werden weiter die größten Marktanteile bei den Materialien innehaben. Leider werden auch künftig von zu vielen Marktbegleitern Kunststofffenster zu Dumpingpreisen verkauft und die Renditen sich mittelfristig nicht wesentlich steigern lassen. Immer noch sind zu viele Hersteller am Markt beteiligt. Auch der Käufer wird nach wie vor mit miserablen Qualitäten konfrontiert werden, wenn er zu sehr auf die Preise achtet. Das CE-Zeichen ist für diese Problematik geradezu ein Segen. Beim Holz-Alu-Fenster sehe ich noch viel Entwicklungspotenzial. Ein konventionelles Holz-Alu-Fenster wird wohl in Zukunft kaum Marktanteile hinzugewinnen können. Es muss künftig preiswerter, schöner und effektiver werden, dann hat es eine Chance, neue Käuferschichten für sich zu gewinnen und auf Marktanteile zwischen 10 und 20 Prozent zu kommen. Auch wir im Hause Wertbau setzen mit neuen Konstruktionen auf das Holz-Alu-Segment und planen unseren Umsatzanteil von 8 Prozent mittelfristig zu verdoppeln.

GLASWELT: Die ganze Fensterbranche zeigt sich fast euphorisch über die Nachfragesteigerung der letzten anderthalb Jahre. Hat nach Ihrer Einschätzung dieser Aufschwung eine Chance, sich zeitlich genauso auszudehnen, wie die lange Abschwungphase von 1997 bis 2005, oder wird es eher ein Intermezzo in der Branchen-Rezension sein? Wer wird innerhalb der Branche besonders profitieren?

Tschorn:

Im Bestand spielt die Musik: Deutsche Immobilien enthalten 560 Mio. Fenstereinheiten, die eine durchschnittliche Lebensdauer von 35 Jahren aufweisen. Legt man diese Zahlen zugrunde, kommt man auf eine jährliche Sanierungsquote von rund 16 Mio. Fenster. Für 2007 rechnen die Verbände mit einem Wachstum von 1,1 Prozent auf 12,8 Mio Fenstereinheiten. Damit ist – wie sich erkennen lässt – aber das Potenzial immer noch nicht voll ausgeschöpft. Die Nachfrage wird gerade bei den Fenstern, die einen besonderen energetischen Vorteil bieten, weiter steigen.

GLASWELT: Der Slogan „Neue Fenster – Klimaschutz mit Durchblick“ wurde als Werbespruch auf dem Fensterkongress präsentiert. Dieser Slogan ist urheberrechtlich geschützt und darf nur vom VFF genutzt werden. Wie wird der Verband diesen Slogan nutzen und verbreiten und welche anderen Marketingschritte wird der VFF in nächster Zeit unternehmen?

Tschorn:

Der Slogan wird momentan von einer Werbeagentur zu einer Wortbildmarke weiterentwickelt. Mit dem Ergebnis soll ein Werbemittelkatalog für Mitglieder der Fensterverbände und auch für die ganze Branche geschaffen werden. Schließlich soll der Slogan als Leitthema ganz breit im Markt und auch beim Endkunden verankert werden. Auf der Sitzung des Arbeitskreises Marketing des VFF am 4. September werden wir über die nächsten Schritte entscheiden, die auf der Fachveranstaltung ,Marketing‘ am 26. September dann den Mitgliedern präsentiert werden. Aber auch Nichtmitglieder werden die klare Aussage des Slogans für sich gegen eine adäquate Aufwandsentschädigung nutzen können. Und auch am ,Tag rund ums Fenster‘, der ja schon fest für das nächste Jahr avisiert ist, wird die Wortbildmarke das Marketing zum Thema energetische Gebäudesanierung unterstützen.

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