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Sorgenkind Hochbau: Bernd Kramer über die Entwicklung in der Bauwirtschaft

Wirtschaftsbau top —Wohnungsbau flop

Nach dem fulminanten Wachstum der Bauinvestitionen von 4,3 Prozent im Jahr 2006 folgte 2007 die Ernüchterung. Das Wachstum der realen Bauinvestitionen dürfte auf fast Null Prozent geschrumpft sein. Dass der Einbruch nicht noch drastischer ausfiel, ist dem erfreulichen Zuwachs im Nicht-Wohnhochbau und im Tiefbau zu verdanken. Für 2008 ist zwar eine leichte Besserung in Sicht, aber wie 2007 ist die Situation in den einzelnen Bausparten sehr unterschiedlich. Im Folgenden wird versucht, die jeweiligen Baubereiche, die auf die Glas-, Fenster- und Fassadenbranche starken Einfluss haben, näher zu beleuchten und die Gründe für diese unerwartete Entwicklung zu analysieren.

Instandsetzung dominiert

Dr. Bernd Bartholmai † und sein DIW-Kollege Dr. Martin Gornig erstellten im Herbst 2007 ein beachtenswertes Gutachten für das Bundesbauministerium (BMVBS) bzgl. Strukturdatenerhebung im Baugewerbe. Erstmals wurde das gesamte Jahresbauvolumen 2006 (235,5 Mrd. Euro) nicht nur in Wohnungsbau (129,5 Mrd. Euro) und Nicht-Wohnungsbau (106 Mrd. ­Euro) aufgeteilt, sondern auch jeweils in Neubau- und Bestandsmaßnahmen aufgegliedert (Bild 1).

Es überrascht wenig, dass die Bestandsmaßnahmen beim Wohnungsbau mittlerweile 62,1 Prozent ausmachen und mit 80,45 Mrd. Euro den Neubau (49,05 Mrd. Euro) deutlich übersteigen. Wirklich überraschend ist aber, dass beim Wirtschaftsbau (70,5 Mrd. Euro) und dem Öffentlichen Bau (35,5 Mrd. Euro) mittlerweile die bestandsbezogenen Bauleistungen die gleiche Größenordnung erreichen wie das Neubauvolumen. Sowohl im Wohn- als auch im Nicht-Wohnbau kommen die Aufträge für Fenster und transparente Fassaden und somit für das Isolierglas überwiegend aus den Bauleistungen an bestehenden Gebäuden.

Rückgänge bei Neubau und energetischer Modernisierung

Zu den Eigenarten des Jahres 2007 zählt, dass im Wohnungsbau nicht nur die schwache Neubautätigkeit die Baukonjunktur kräftig dämpfte, sondern auch die Modernisierung/Instandsetzung gegen alle Prognosen regelrecht einbrach. Als Stütze der Bauwirtschaft erwiesen sich nur der Nicht-Wohnhochbau mit fast 5 Prozent Zuwachs, vor allem getragen vom gewerblichen Hochbau und vom Tiefbau, der etwas mehr als vier Prozent zulegte. Bezogen auf die gesamten Bauinvestitionen bedeutet dies, dass 2007 das Wachstum im gesamten Hochbau mit 0,1 Prozent fast stagnierte, gegenüber einem Plus von 4 Prozent beim Tiefbau.

Unmittelbar nach der Veröffentlichung der „Gemeinschaftsdiagnose Herbst 2007“ am 18.10.07, in der der Anstieg der realen Bauinvestitionen für 2007 noch mit unrealistischen 2 Prozent prognostiziert wurde (Bild 2), revidierte das ifo-Institut am 29.10.07 seine eigene Einschätzung. Am kräftigsten fiel die Rücknahme der Wohnungsbauinvestitionen auf minus 2 Prozent aus (Bild 3), aber selbst das erscheint noch recht optimistisch.

Die Ursachen für den Rückgang im Wohnungsneubau und bei den energetischen Bestandsmaßnahmen:

Die Vorzieheffekte, ausgelöst durch die Abschaffung der Eigenheimzulage und der Mehrwertsteuererhöhung zum 01.01.07, haben 2006 das Wachstum am Bau mehr als erwartet gefördert und gleichzeitig 2007 die Bauaktivitäten gelähmt. Zwar war im 1. Quartal ’07 aufgrund der guten Witterung und der Auftragsüberhänge die hohe Bauproduktion noch ungebrochen, danach verringerte sich die Dynamik aber merklich. Besonders die Nachfrage nach bestandsbezogenen Bauleistungen, speziell im Wohnungsbau, setzte sich nicht auf dem Niveau des Vorjahres fort. Die endgültige Streichung der degressiven Abschreibung im Mietwohnungsbau, die bereits am 01.01.06 wirksam wurde, senkte die Investitionsbereitschaft im Geschosswohnungsbau zusätzlich. Mittlerweile hat sich der Staat mehr oder weniger aus der Wohnungsbau-Förderung zurückgezogen. Es bleibt zu hoffen, dass sich die für 2008 geplante Einbeziehung der Immobilie in die geförderte Altersversorgung („Wohn-Riester“) zum Impulsgeber für den Wohnungsbau entwickeln wird. Der warme Winter 2006/2007 trug nicht dazu bei, die Sensibilität für energetische Klimaschutzmaßnahmen an Wohngebäuden zu steigern. Es ist offenbar nicht einfach zu vermitteln, dass ein geringerer Heizmittelverbrauch dennoch oder gerade deswegen Wärmedämm-Maßnahmen am Gebäude (wie z.B. Austausch veralteter Fenster) erforderlich macht. Der seit Anfang 2007 mehr als verdoppelte Ölpreis trieb aber zwischenzeitlich die Energiepreise und die Heizkosten spürbar in die Höhe. Der glänzende Start der Förderinitiative „Wohnen-Umwelt-Wachstum“ der KfW-Förderbank Anfang 2006, zeitweise mit einem Zinssatz von nur 1,0 Prozent beim CO&sub2;-Gebäudemodernisierungsprogramm, löste einen solchen Boom aus, dass sich die Regierung entschloss, diese Initiative in 2006 um zusätzliche 500 Mio. Euro auf insgesamt 1,5 Mrd. Euro zu erhöhen. Die Aufstockung erfolgte aber als „Vorgriff“ auf die Folgejahre. Damit waren 2007 die Haushaltsmittel auf 850 Mio. Euro beschränkt, gegenüber 2006 war das eine Kürzung um 650 Mio. Euro. Wurden 2006 noch ca. 280000 Wohneinheiten energetisch modernisiert, waren es per 30. September 2007 nur noch 116000 Sanierungen. Die „politische Verunsicherung“ im Jahre 2007 tat das ihrige, um Modernisierungswillige von Investitionen im Wohnbau abzuhalten. Einerseits wurde der Ausbau von regenerativen Energieträgern durch das Erneuerbare-Energien-Wärmegesetz und damit eine Stärkung der Anlagentechnik propagiert, andererseits bekunden Politiker die Notwendigkeit von energetischen Maßnahmen in der Gebäudehülle. Die „wachsweiche“ Entscheidung beim Gebäudeenergieausweis, ob bedarfs- oder verbrauchsorientiert, stimuliert aber die Investitionsbereitschaft nicht, sie dämpft vielmehr. Die seit Jahren rückläufige bzw. stagnierende Entwicklung der durchschnittlichen Realeinkommen der Privathaushalte motiviert nicht, in den Wohnungsneubau oder in Modernisierungsmaßnahmen zu investieren. Und das, trotz attraktiver Zinssätze der KfW-Förderbank, z.B. 1,75 Prozent zum Jahresende 2007 beim CO&sub2;-Gebäudemodernisierungsprogramm mit Barzuschüssen von bis zu 8750 € bzw. Tilgungszuschüssen bis zu 10000 €, die eine tragbare Finanzierung der notwendigen energetischen Bestandsmaßnahmen auch bei schmalerem Geldbeutel ermöglichen. Auch „selbstgemachte“ Probleme innerhalb der Dämmbranche haben 2007 zum massiven Auftragsrückgang beigetragen. Teilweise erhebliche Preisanhebungen und extreme Lieferengpässe im Herbst verstimmten die Auftraggeber.

2008 – Gründe zur Zuversicht

Zwar bleibt der Wohnungsbau auch 2008 der Bremsschuh der Baukonjunktur, das zeigt der starke Einbruch bei den Baugenehmigungen. Diese dürften sich 2007 im Wohnungsbau auf rund 180000 belaufen haben, d.h. minus 27,5 Prozent gegenüber 2006.

Da die Baugenehmigungen von heute die Baufertigstellungen von morgen sind, werden 2008 wohl kaum 200000 Wohnungen fertiggestellt. Das wäre ein weiterer Rückgang um über 10 Prozent, nachdem schon 2007 die Baufertigstellungen um fast 10 Prozent geschrumpft sind.

Im Nicht-Wohnungsbau, dem für den transparenten Fassadenbau sehr wichtigen Geschäftsfeld, zeichnet sich eine deutliche Belebung ab. Die Investitionen u.a. bei Fabrik- und Werkstattgebäuden, bei Logistikzentren, Büros und Hotels etc., sind ungebrochen. Neben den gewerblichen Bauvorhaben werden auch die öffentlichen Bauinvestitionen an Dynamik zulegen. Das gestiegene Steueraufkommen wird die Gemeinden veranlassen, notwendige Bauvorhaben umzusetzen. Zudem fördert der Bund verstärkt den Ausbau von Kindertagesstätten.

Sehr positiv zu Buche schlagen dürften 2008 vor allem die Modernisierungs- und Renovierungsmaßnahmen im Altbaubestand. Dies gilt ebenso für den privaten und institutionellen Wohnungsbau wie für den gewerblichen und öffentlichen Baubereich.

Vor allem wird die energetische Gebäudemodernisierung durch die stark steigenden Heiz- und Energiepreise sowie die Einführung des Energieausweises speziell bei der Neuvermietung stark an Bedeutung gewinnen. Und die Modernisierungen bei Gewerbebauten und bei öffentlichen Bauinvestitionen werden zunehmen. Das integrierte Energie- und Klimaschutzprogramm (IEKP) der Bundesregierung vom 05.12.07 sieht vor, das Energiesparpotenzial der städtischen Strukturen und der sozialen Infrastruktur effizienter auszuschöpfen. Hierzu sollen im Rahmen des CO&sub2;-Gebäudemodernisierungsprogramms 200 Mio. Euro zur Zinsverbilligung von Darlehen an Kommunen fließen. 600 Mio. Euro sollen zudem im Rahmen des Investitionspaktes Bund-Länder-Kommunen bereitgestellt werden, die ebenfalls der energetischen Modernisierung von Schulen, Kindergärten und weiterer sozialer Infrastruktur zugute kommen.

Im Gebäudebestand liegt bekanntlich das größte, kurzfristig mobilisierbare Klimaschutz-Potenzial. Das Klimaschutzprogramm der Regierung bietet für die daran beteiligten Baubranchen hervorragende Chancen, dieses zu nutzen und so von den energetischen Maßnahmen im Gebäudebestand zu profitieren. Denn ein moderater Anstieg der Bauinvestitionen ist für 2008 durchaus realistisch.|

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