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Brüssel schlägt zu

Die Glasindustrie wird wieder zur Kasse gebeten. Die EU-Kommission hat unter Federführung von Neelie Kroes im November 2008 insgesamt 1383896000 Euro (fast 1,4 Mrd.) Geldstrafe verhängt: Zahlen müssen ­Asahi, Pilkington, Saint-Gobain und Soliver wegen unerlaubter Marktverteilungen und Austausch von Vertriebsdaten im Bereich Automobilglas. EU-Kommissarin Kroes begründet ihre Entscheidung damit, dass die Glasindustrie die Verbraucher fünf Jahren lang benachteiligt hätte und die Firmen lernen müssten, dass „wer falsch spielt, hohe Strafen bekommt“.

Auch in den USA laufen Kartellverfahren, und die Amerikaner prüfen, ob man gegen das Gesetz verstößt. Aber dort wird auch geprüft, ob dem Endverbraucher wirklich geschadet wurde. Die EU untersucht nur die rechtliche Seite; sie kann zwar behaupten, dass die Verbraucher benachteiligt wurden, aber sie kann es nicht beweisen. Momentan bekommt man Autos förmlich nachgeworfen, das gilt auch für das ­Autoglas. Und der Endverbraucher? Benachteiligt wird er wohl nicht – bei diesen Preisen.

Vor einem Jahr habe ich bereits über die Kartellstrafen für Architekturglas berichtet. Damals lief das Verfahren gegen die Autoglashersteller noch, das im November 08, genau in dem Moment seinen Abschluss fand, als die weltweite Finanzkrise auch die Automobilindustrie schwer getroffen hat. Für 2009 rechnet man mit Verkaufsrückgängen von 30 Prozent. Dies wird auch die Glasindustrie als Zulieferer empfindlich treffen.

Die Verursacher der Finanzkrise, die Banken, werden von den Regierungen großzügig unterstützt, und auch die EU-Kommission hat im Dezember ‘08 den Geldspritzen für die Banken zugestimmt. Zudem werden wohl Geldströme und andere staatliche Hilfen in Richtung der darniederliegenden Automobilhersteller fließen. Ich meine, dass der Staat im Vorfeld nicht genug eingegriffen hat: Es wurden keine entsprechenden Sicherungsmechanismen etabliert, um den Finanzmarkt hinreichend zu regulieren. Und jetzt, wo das Kind in den Brunnen gefallen ist, bekommen die für die Misere Verantwortlichen auch noch Geld von Vater Staat. Das zeigt, dass die Politik vom Markt weit entfernt ist.

Mir ist nicht bekannt, dass die Glasindustrie aufgrund der Krise vom Staat unterstützt wird, und schon gar nicht mit Hilfen, wie sie die Auto­bauer in den USA und Europa erwarten können. Die Glasindustrie erwartet ­hohe Umsatzverluste. Die Folge: Werke werden schließen und Menschen werden ihre Arbeit verlieren und vom Staat unterstützt werden müssen. Die Gesellschaft braucht starke Behörden und starke Marktparteien, aber kein Ungleichgewicht, bei dem die Politik den Markt benachteiligt.

Ihr Paul Bastianen p.bastianen@planet.nl | Mobil (+31) 6 43 88 87 28

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