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Probleme bei der Sanierung

Fenstertausch ist nicht ohne

Ein altes Fenster mit einem U-Wert von 3,0 W/m2K verursacht pro Jahr und Quadratmeter einen Energieverlust von 250 kWh/m2a. Ein neues Fenster mit einem U-Wert von 1,0 W/m2K spart somit ca. 160 kWh/m2a an Energie ein. Mit Gas als Energieträger entspricht diese Einsparung z.B. 46 kg CO2/m2a.

Wie sich eine Investition in neue Fenster ökonomisch amortisiert ist projektabhängig. Ökologisch und mit Blick auf den thermischen Komfort lohnt sie sich in jedem Fall.

Ein Fenstertausch ist jedoch nicht so einfach wie er scheint. Nachfolgend werden anhand von Beispielen aus der Praxis des Fassadensachverständigen einige der kritischen Aspekte beleuchtet, die Planern und Ausführendem begegnen können. Dabei werden bauphysikalische Herausforderungen betrachtet sowie typische Probleme beim Einbau von PVC-Fenstern dargestellt.

In der Regel sind alte Fenster mit U-Werten um die 3,0 W/m2K die kältesten Flächen im Raum. So fällt Tauwasser meist an den Fenstern aus, was baukonstruktiv traditionell zu verschmerzen war, da man das Tauwasser dort sieht und abwischen kann, und weil die Fensterkonstruktion relativ wasserbeständig ist. Werden nun neue Fenster mit einem U-Wert von 1,0 W/m2K eingebaut, sind diese oft wärmer als die alten Außenwände mit U-Werten um 1,5 W/m2K. Tauwasser und Schimmel treten nun nicht mehr am Fenster, sondern an geometrischen Wärmebrücken (Ecken), konstruktiven Wärmebrücken (Unterzüge und Stützen in der Wand) oder hinter Möbeln auf. Dieses Problem (aus Wohnhäusern hinlänglich bekannt) tritt mit Fenstern nach EnEV 2009 auch in Verwaltungsgebäuden auf, obwohl hier ein deutlich niedrigerer Feuchteeintrag vorliegt.

Bild 01 zeigt eine Bürofassade, bei der im Jahr 2000 die Fenster getauscht und in eine alte Fassadenkonstruktion eingesetzt wurden. Die Aluminiumkassetten stammen noch aus dem Jahr 1964 und weisen eine „der Bauzeit entsprechende Wärmedämmung“ auf. In diesem Beispiel fällt an allen Fensteranschlüssen Tauwasser in solchen Mengen aus, dass inzwischen auf den Alu-Profilen schwarzer Schimmel wächst (02). Hier liegt ein gravierender Planungsfehler vor. Die Situation ist nur so zu lösen, dass die gesamte Kassetten-Fassade demontiert und ausgetauscht wird. Eine genauere Bestandsanalyse und Isothermenberechnung hätte frühzeitig auf diesen kritischen Punkt hingewiesen.

Die Kunst der Fuge

In einem anderen Fall wurden neue Fenster in eine massive Wand eines Bürohauses eingesetzt. Der Fensteranschluss wurde umlaufend mit Silikon verfugt. Dabei wurde dieser Punkt als Dreiecksfuge ausgeführt. Bei einer solchen Fugengeometrie ohne parallele Flanken treten am Schnittpunkt der Kanten unendlich große Spannungen auf. Die Einheit der Spannung ist Kraft/Fläche. Bei Dreiecksfugen ist die Fläche am Schnittpunkt der Flanken Null. So wird die Spannung „unendlich“ groß. Die Fuge reißt zwangsläufig von innen auf (03). Jetzt kann durch die offene Fuge feucht-warme Innenraumluft ins Mauerwerk strömen. Im Winter friert das Wasser in der Mauer, was zu den sichtbaren Frostschäden an der Außenseite führt (04).

Abhilfe schafft nur eine fachgerechte innere Abdichtung mit Folien oder zumindest einer Verleistung mit L-Winkeln, die zum Fenster und zur Laibung jeweils eine parallele Fugenausbildung ermöglichen. Dabei muss dem Gebäudeigentümer allerdings mitgeteilt werden, dass „dauer­elastische Fugen“ eben nicht dauerhaft elastisch sind, sondern gewartet werden müssen.

„Fest“ ist nicht gleich „steif“

Ein weiterer Fall trat bei einer Fenster-Fassade auf, ­ wie sie gern als Giebelverglasung eingebaut wird: Hier wurden Kunststoff-Profile mit einer Länge von bis zu 4 m verwendet. Gerade in Verbindung mit der dunkelbraunen Profilfarbe zeigten sich bei der Konstruktion Probleme mit starker thermischer Ausdehnung. In der Folge sind zum einen die Anschlussfugen aufgerissen. Zum anderen traten in den Kreuzungspunkten der Rahmenprofile gravierende Undichtigkeiten auf, wie die Nebelprobe deutlich zeigt (05).

Solche Schäden sind bei großen Kunststoff-Fenstern bedingt durch die Labilität des Materials und dessen Ausdehnungsverhalten leider nur schwer zu vermeiden. Ab einer gewissen Fenstergröße muss daher neben der Stabilität von Öffnungsflügeln auch das thermische Verhalten die Wahl des Rahmenmaterials bestimmen.

Ausblick

Die Qualität der heutigen Fenster führt bei der energetischen Sanierung oft zu großen bauphysikalischen Herausforderungen und eröffnet häufig unerwartete Nebenschauplätze. Gerade beim Bauen im und mit dem Bestand werden diese offensichtlich. In Kombination mit der Bandbreite an verfügbaren Profilsystemen und den vielen Möglichkeiten des Einbaus, ergeben sich fast unbegrenzte Gelegenheiten für Planungs- und Ausführungsfehler.

Diesen kann man allerdings mit nur drei grundsätzlichen Tipps begegnen: Am Beginn der Planung muss eine gewissenhafte Analyse des gegebenen Bestands stehen. Bei der Planung sollte man ein kleines bisschen mehr Zeit für den gesunden Menschenverstand einräumen. Wenn zu guter Letzt auf der Baustelle noch Ausführende und Planende miteinander sprechen, besteht durchaus die Chance, dauerhafte und gute Lösungen zu realisieren.—

Die Autoren

Rudolf Evers ist öffentlich bestellter und vereidigter Sachverständiger für Fenster und Fassaden aus Metall. Er ist Spezialist für Glasdächer und die Modernisierung von Bürogebäuden. sachverstaendiger@r-evers.com

Dr.-Ing. Thiemo Ebbert promovierte an der TU Delft über die Sanierung von Bürofassaden. Bis Mitte 2011 war er als Fassadenplaner tätig, heute ist er Projekt- und Bauleiter bei der Goldbeck Bauen im Bestand GmbH, Bielefeld. mail@th-e.de

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