Springe auf Hauptinhalt Springe auf Hauptmenü Springe auf SiteSearch
Normen für hohe Gebäude

Erhöhte Prüf­anforderungen

Der kurz vor der Fertigstellung stehende DC Tower ist das höchste Gebäude in Wien und das einzige Hochhaus in Österreich, das über 200 m Höhe misst. Die Fassadenmontage durch die Strabag AG ist fast abgeschlossen. Die Elementfassade besteht aus vertikalen und bis zu 5,7° nach außen oder innen geneigten Elementen (Regelachsraster 1400 mm), wobei zwei Hauptfassadentypen zum Einsatz kommen: Der Typ FT01, eine Vertikalfassade mit öffenbaren Paneelelementen und der Typ FT02, eine Schrägfassade aus Fixelementen mit in den Pfosten integrierten Lüfterelementen. Bei beiden Systemen übernimmt die raumhohe 2-fach-Verglasung die Absturzsicherung. Nachfolgend die wichtigsten Prüfanforderungen:

Bewitterungsprüfungen: In der Produktnorm für Vorhangfassaden EN 13830 sind für Fassaden im Gegensatz zu Fenstern und Türen (EN 14351-1: Produktnorm für Fenster und Außentüren) auch die Bauanschlussfugen, die Deckenanbindung und mindestens ein Elementkreuzstoß zu prüfen. Bezüglich der Luftdurchlässigkeit gilt für ­ das Gesamtelement (Flügel und Fassade) die Klasse 4 (±600 Pa).

Hinsichtlich Schlagregendichtigkeit gilt für die Fassade die hohe Anforderung der Klasse RE 1200 (1200 Pa Druck) und für die öffenbaren Flügel bzw. Pfostenlüfter die Klasse 9A (600 Pa Druck).

Maßgebend für die Auslegung der Fassade in Bezug auf den Windwiderstand sind die durch Windkanalversuche bestimmten Windlasten von +1,47 kN/m2 bzw. –3,1 kN/m2. Bei diesen Windlasten darf nach EN 13830 die maximale frontale ­Durchbiegung der Pfosten und Riegel L/200 der Spannweite bzw. 15 mm nicht überschreiten, je nachdem, welcher Wert kleiner ist. Zum Abschluss der in der EN 13830 vorgegebenen Prüfreihenfolge wurde ein Sicherheitsversuch mit der 1,5-fachen Windlast (2,21 kN/m2 / –4,65 kN/m2) durchgeführt und ­bestanden.

Schall: Zur Bestimmung des vertikalen Flankenschalldämm-Maßes musste für die Elemente der Fassaden FT 01 und FT 02 die Prüfung nach EN ISO 10848-1 (Dn,f,w– Wert) durchgeführt werden. Gefordert war für das Regelelement eine Norm-Flankenschallpegeldifferenz Dn,f,w ≥ 58 dB. Aufgrund der sehr hohen Anforderungen und den architektonischen Vorgaben waren umfangreiche Prüfungen notwendig. Gutachtliche Stellungnahmen bzw. Ableitungen von ähnlichen Prüfungen waren aufgrund den Anforderungen nicht möglich.

Die optischen Anforderungen der Architektur ließen nur wenige Optionen zur schalltechnischen Verstärkung der Konstruktion zu. Um diese möglichst wirtschaftlich zu erreichen, wurde die Fassade im Deckenbereich schrittweise verstärkt: Die geforderte Flankenschallpegeldifferenz wurde mit einer zusätzlichen Kammer im Riegelprofil und Stahlsandwich­elementen aus 3 und 4 mm Stahlblech mit zwischenliegendem Blockhausband erreicht (siehe Fassadenschnitt). Ergänzend musste die vordere Profilkammer und das Deckenstirnprofil mit Stahlsandwichelementen verstärkt werden.

Statik der Gebäudeecken: Die bis zu 6000 mm hohe Eckelemente sind vierseitig mechanisch gesichert. Die Stabilisierung des vertikalen Eckprofils erfolgt über eine SG-Verklebung mit dem Glas. Da der rechnerische Nachweis der Stabilisierung über die SG-Verklebung mit den nötigen Sicherheiten gegen Versagen nicht erbracht werden konnte, waren Bauteilversuche notwendig. Um Systemreserven beurteilen zu können, wurden die Versuche mehrstufig durchgeführt: Bei Stufe 1 konnten bereits 100 % der Windlasten, jedoch mit großen Verformungen der Ecke, übertragen werden. Bei Stufe 2 wurden 130 % der geforderten Windlasten mit erkennbaren Verformungen übertragen. Im Ausführungsstandard (Stufe 3) wurde der Versuch bei 265 % der geforderten Lasten ohne erkennbare bleibende Verformungen und Beschädigungen der Elemente beendet. Es zeigt sich, dass das gewählte System über ausreichende Tragreserven verfügt, auch bei Ausfall der Verklebung.

Ucw-Wert der Fassade: Zum Nachweis des Ucw- Wertes wurde ein vereinfachtes Beurteilungsverfahren rechnerisch mit der Software ­flixo 6.0 (nach EN 13947, wärmetechnisches Verhalten von Vorhangfassaden) durchgeführt. Mit diesem Verfahren wird der Wärmedurchgangskoeffizient der Fuge in einem einzigen Parameter erfasst, der alle Einflüsse von Wärmebrücken (Uf-Wert und ψ-Werte), die durch die Herstellung von Fugen zwischen Füllungen entstehen, berücksichtigt.

Beim DC Tower zeigte sich, dass die errechneten ψ-Werte der Fassadensysteme um bis zu 20 % höher liegen als die vergleichbaren standardisierten Werte von Fenstern. Die deutlich höheren ψ-Werte resultieren aus den geringeren Uf-Werten der Aluminiumfassadenprofile im Vergleich zu Fensterprofilen. Mit einem 2-fach-Isolierglas (Ug-Wert ≤ 1,0 W/m2K) und thermisch verbesserten Dämmstegen im Aluprofil, lies sich der geforderte Ucw-Wert ≤ 1,5 W/m2K erreichen. Die parallel durchgeführten Isothermenberechnungen zeigten in einzelnen Bereichen einen kritischen Verlauf mit der Gefahr einer Kondensatbildung. Um die Berechnungen abzusichern, wurde ein Element mit den Abmessungen 2800 x 3500 mm in der Klimakammer der gbd Lab geprüft. Die Versuche zeigten, dass bei den nach Norm geforderten Bedingungen kein Kondensat auftritt.

Ausblick

Anhand des DC Towers wird deutlich, welche höhere und komplexere Anforderungen im Objektbau an die Fassaden gestellt werden können. Gerade die hohen bauphysikalischen Anforderungen (Schall, Kondensatfreiheit, Wärmedurchgang usw.) unter Berücksichtigung der Architektur verlangen eine ganzheitliche Betrachtung der Fassade. Die einzelnen Fachbereiche wie Architektur, Statik, Bauphysik, Planung usw. können nicht mehr getrennt voneinander betrachtet werden, sondern müssen von Beginn an koordiniert erfolgen. Um eine wirtschaftliche und technisch anspruchsvolle Fassadenkonstruktion umzusetzen, ist eine Kombination aus Berechnungen und Prüfungen in einem möglichst frühen Stadium der Planung anzustreben. —

Tipp der Redaktion: Auf https://www.glaswelt.de/ finden Sie den Beitrag inklusive weiterer Detailbilder. Einfach im Suchfeld den Webcode 1141 eingeben.

Heinz Pfefferkorn

Das gbd als externe Entwicklungsabteilung

Die Ingenieure von gbd sind auch in der Entwicklung tätig und fungieren auch als externe F+E-Abteilung für Fenster- und Fassadenbauer. So wurde vor Kurzem das Aluminiumfenster AL3 in Passivhausqualität für die Schweizer Firma SwissStarFenster entwickelt. Dabei kombiniert eine neuartige Verbindungstechnik eine Clipsverbindung mit einer mechanischen Verriegelung in Form eines aushärtenden Mediums. Durch die Optimierung der Querschnitte zeigt das Profilsystem sehr niedrige U-Werte. Ein einflügeliges Fenster (1230 x 1480 mm) mit 3-fach-ISO (Ug = 0,5W/m2K) erreiche einen Uw ≤ 0,7W/m2K.

SwissStarFenster stellt das Fenster auf der Bau 2013 München vor.

http://www.gbd.at|www.swissstarfenster.ch

Halle C4, Stand 531

Der Autor

Heinz Pfefferkorn ist Geschäftsführer der gbd Gruppe in Dornbirn, Österreich, einer akkreditierten und notifizierten Prüf-, Inspektions- und Zertifizierungsstelle. Weiter ist er Ingenieurkonsulent für Bauwesen und gerichtlich vereidigter Sachverständiger für den Glas- und Fassadenbau.

http://www.gbd.at

Jetzt weiterlesen und profitieren.

+ Glaswelt E-Paper-Ausgabe – jeden Monat neu
+ Kostenfreien Zugang zu unserem Online-Archiv
+ Fokus GW: Sonderhefte (PDF)
+ Weiterbildungsdatenbank mit Rabatten
+ Webinare und Veranstaltungen mit Rabatten
uvm.

Premium Mitgliedschaft

2 Monate kostenlos testen