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Wie Sie reagieren, wenn der Kunde einmal laut wird

Reklamation — Ihre Chance!

Eine breit angelegte Studie im Endkonsumentenbereich belegt, dass sich große Chancen auftun, wenn ein Kunde reklamiert. In dieser Studie wurden Verbraucher befragt, wie häufig sie sich tatsächlich beschweren, wenn etwas nicht zu Ihrer Zufriedenheit geschieht oder ein Produkt Mängel aufweist. Was denken Sie? Wie viele von 100 Kunden, die einen berechtigten Reklamationsgrund hätten, haben sich tatsächlich beschwert? – 10, 20, 50 oder gar 80?

Die Wahrheit ist: Gerade einmal 4 Prozent raffen sich tatsächlich auf, um das Produkt oder die Dienstleistung beim Verursacher zu bemängeln. Sicher ist auch, dass es im Wintergartenbau, wo es um größere Investitionen geht einige Prozentpunkte mehr sein werden. Aber dennoch: Aktiv Kritik zu üben ist nicht die Regel, sondern die Ausnahme.

Und noch etwas passiert: Der Kunde erzählt seine Erfahrungen durchschnittlich 9 bis 15 Freunden und Bekannten weiter. Das heißt, es könnten Ihre potenziellen Kunden sein, denen erzählt wird, dass man mit Ihnen doch lieber nicht zusammenarbeitet.

Wichtiges Reklamationsmanagement

Warum ist ein professionelles Reklamationsmanagement gut für Ihr Geschäft?

  • Ihr Kunde wandert nicht zur Konkurrenz ab und Sie können Ihn als Empfehlungsgeber nutzen.
  • Mit einer erfolgreichen Reklamationsbearbeitung verhindern Sie negative „Werbung“ Ihres Kunden mit verheerenden Konsequenzen.
  • Dritter Grund: Sie verstärken mit einer erfolgreichen Reklamationsbearbeitung die Bindung Ihres Kunden an Ihr Unternehmen.

Kunden- und lösungsorientiert

Nun geht es darum, die Reklamation kunden- und lösungsorientiert zu bearbeiten und so all die Vorteile eines professionellen und erfolgreichen Reklamationsmanagements für sich zu ­nutzen.

Jeder von uns war selbst schon einmal in der Situation, etwas reklamieren zu müssen. Welche Dinge ärgern Sie ganz persönlich, wenn Sie reklamieren? Hier eine Auswahl von negativen Erfahrungen, von denen Sie bestimmt einige kennen:

  • genervte Verkäufer
  • Verkäufer, die dem Kunden unterstellen, nicht die Wahrheit zu sagen
  • lange Wartezeiten
  • Verkäufer, die sich nicht zuständig für das Anliegen fühlen
  • sich für die Reklamation rechtfertigen zu müssen
  • Probleme werden nicht zügig gelöst etc.

All diese Punkte rühren häufig daher, dass vielen Unternehmen die Folgen ihres Handeln nicht bewusst sind. Es gilt, diese negativen Erfahrungen auf Kundenseite zu vermeiden und die in der Regel für Kunden und Handwerker unangenehme Situation für beide Seiten zu einem positiven Erlebnis zu machen.

Stellen Sie sich vor, dass ein wutentbrannter Kunde zu Ihnen kommt und richtig wütend ist, dass der neue Wintergarten den Regen nicht draußen lässt oder die Türe in den Garten nicht richtig schließt.

Was tun Sie in dieser Situation? Die meisten Handwerker/Verkäufer fragen zunächst sachlich und höflich, was denn geschehen sei. Häufig folgt erst einmal eine barsche Antwort des Kunden, dass alles einfach nicht funktioniere. Dabei wird er immer noch ungeduldiger und lauter, obwohl der Verkäufer doch alles dafür tut, um zu klären, wie er seinem Kunden helfen kann. Gespräche dieser Art eskalieren immer wieder.

Warum? Der Kunde kommt zu Ihnen und macht sich große Sorgen. Er überlegt, ob er auf dem Schaden sitzen bleibt, ob er noch mehr Geld bezahlen muss oder ob er sogar noch einen Anwalt einschalten muss. Seine Gefühle bestimmen sein Denken. Die Beziehung zwischen Kunde und Ihnen ist gestört. Zurzeit hat der Kunde das Vertrauen zu Ihnen verloren.

Aus dieser Konstellation lässt sich eine wichtige Grundregel der Kommunikation ableiten. Es muss in jeder Konfliktsituation immer zuerst die Beziehungsebene zwischen beiden Gesprächsparteien geklärt werden, bevor gemeinsam auf der Sachebene Details und Lösungen kommuniziert werden können.

Es müssen also zuerst alle negativen Gefühle des Kunden auf der Beziehungsebene „behandelt“ werden, bevor der Kunde rationalen Argumenten folgen kann. Was heißt das im Einzelnen?

Sieben Schritte auf dem Weg zum glücklichen Reklamierer

Nun ist es die Frage, wie Sie es schaffen, das die Emotionalität und der Ärger aus dem Kopf des Kunden verschwindet und Sie ein sachliches, ­lösungsorientiertes Gespräch mit dem Kunden führen können.

1. Dampf ablassen. Ihr Kunde, der laut wird, steht unter Druck. Geben Sie Ihrem Kunden die Möglichkeit, seinem Ärger Luft zu machen. Schenken Sie ihm Ihre volle Aufmerksamkeit. Ihr Kunde spricht und Sie schweigen – zeigen Sie ihm, dass Sie offene Ohren für seine „Bauchschmerzen“ haben. Dies ist die wichtigste Phase im Gespräch. Die Reaktion des Kunden wird häufig als persönlicher Angriff empfunden und löst das Gefühl der Selbstverteidigung aus. Aussagen wie: „Jetzt lassen Sie mich mal ausreden, regen Sie sich doch nicht so auf, das kann ja gar nicht sein„– bewirken dann aber genau das Gegenteil.

2. Verständnis zeigen: Geben Sie Ihren Kunden das Gefühl, das seine Sorgen und sein Ärger ganz normal sind und das Sie auf seiner Seite stehen. Wählen Sie eine ausführliche Formulierung, denn Ihre Worte müssen, bildlich gesprochen, vom Ohr bis in den Bauch vordringen, dort wo das Gefühl sitzt. Trauen Sie sich, den Fehler noch einmal zu schildern, denn das zeigt Ihrem Gegenüber, dass Sie aufmerksam zugehört haben. Das könnte sich beispielsweise wie folgt anhören: „Herr Mustermann, dass Sie darüber verärgert sind, dass es in Ihren Wintergarten reinregnet kann ich gut nachvollziehen. An Ihrer Stelle würde ich genauso verärgert sein“.

Aber: Sie sollten sich an dieser Stelle keinesfalls entschuldigen, denn noch ist nicht klar, wer für das Problem verantwortlich ist. Wenn Sie sich jetzt entschuldigen, ist dies quasi ein verbales Schuldeingeständnis, das Sie im Nachhinein nur schwer revidieren können.

3. Informationen sammeln: Dazu nutzen Sie bitte offene Fragen (also keine Fragen, die mit Ja oder Nein zu beantworten wären), denn dann erfahren Sie mehr über das Problem und den eigentlichen Reklamationsgrund. Auch hier sollten zu keinem Zeitpunkt Schuldzuweisungen eine Rolle spielen, denn sie sind beim Finden der Lösung völlig unbrauchbar. Wenn Sie glauben, alle elementaren Informationen gesammelt zu haben, versichern Sie sich beim Kunden, dass Sie alles richtig verstanden und aufgenommen haben.

4. Lösung aus Kundensicht: Jetzt ist es Ihr Ziel, eine Lösung für das Problem zu finden. Hier hat es sich als hilfreich erwiesen, nicht direkt Vorschläge zu machen, sondern erst einmal den Kunden zu fragen, was aus seiner Sicht eine gute Lösung ist. Beispiel: „Sagen Sie, was ist aus Ihrer Sicht die beste Möglichkeit, um die Kuh vom Eis zu bekommen?“ Bei diesem Schritt werden viele meiner Seminarteilnehmer etwas blass um die Nase – besonders dann, wenn es sich um Geschäftseigentümer handelt, die um Ihre Gewinne fürchten. Denn viele gehen davon aus, dass die „bösen“ Kunden weit ausholen und unverschämte Forderungen stellen. Aber es hat sich herausgestellt, dass Kunden ganz häufig mit einer viel kleineren oder einfacheren Lösung glücklich zu machen sind, als im ersten Moment zu befürchten ist.

Sollte der Kunde allerdings keinen eigenen konkreten Lösungsvorschlag haben, sind selbstverständlich Sie als Experte gefragt.

5. Konkrete Schritte aufzeigen: Wenn Sie schon mal reklamiert haben, kennen Sie diesen Satz: „Wir werden uns darum kümmern“. Hatten Sie damit das Empfinden, da sind Sie in guten Händen und alles wird gut?

Damit Ihre Kunden nicht mit Zweifeln und Misstrauen das Gespräch beenden, machen Sie bitte Folgendes: Beschreiben Sie detailliert die nächsten Arbeitsschritte die Sie jetzt gehen werden, um das Problem aus der Welt zu schaffen. Beispiel: „Herr Mustermann, ich werde jetzt sofort den Lieferanten anrufen, die neuen Dichtungen bestellen und spätestens heute Nachmittag ruft Sie unser Monteur an und macht mit Ihnen dann sofort einen Termin.“

6. Verabschiedung: Zum Schluss des Gesprächs bedanken Sie sich bei ihm für seine Reklamation – egal, ob der Fehler nun tatsächlich bei Ihnen lag oder nicht. Danken Sie ihm dafür, dass er mit seinem Problem gleich zu ihnen gekommen ist und Sie sich freuen, eine Lösung für ihn gefunden zu haben. Das wird ihn ermutigen, auch in Zukunft auf Sie zuzukommen, sollte es wieder einen Reklamationsgrund geben. Die Verabschiedung ist denn auch der richtige Zeitpunkt, sich für die entstandenen Unannehmlichkeiten zu entschuldigen – natürlich nur, wenn der Fehler tatsächlich auf Ihr Konto ging.

7. Nachfassen: Der letzte, aber entscheidende Schritt folgt nach der erfolgreichen Bearbeitung der Reklamation. Jetzt sollten Sie sehr zeitnah Ihren Kunden noch einmal anrufen und fragen, ob nun alles zu seiner Zufriedenheit geregelt ist. Dieser Schritt hat zwei Funktionen: Einerseits signalisieren Sie Ihrem Kunden, dass er und seine Zufriedenheit mit Ihrem Produkt Ihnen am Herzen liegen. Darüber hinaus stellen Sie sicher, dass alles wie geplant verlaufen ist und sich nicht durch unvorhersehbare Zufälle schon die nächste Reklamation anbahnt. Sie werden erstaunt sein, wie erfreut Ihr Kunde über diese Form der intensiven Betreuung ist. Wichtig dabei ist: Es sollte derjenige nachfassen, der auch das Reklamationsgespräch geführt hat. Denn er kennt den Ablauf genau und kann auf die bereits bestehende Vertrauensbasis zurückgreifen.

Es lohnt sich, professionell und damit kunden­orientiert mit Reklamationen umzugehen, sowohl in finanzieller Hinsicht als auch dahingehend, dass Sie Ihre Nerven gehörig schonen. —

Expertentipp

Verabschieden Sie sich von der Sichtweise, nach der eine Reklamation eine Niederlage, lästig oder gar unnötig ist! Betrachten Sie die Beschwerde Ihres Kunden als Geschenk, denn er ist einer von ganz wenigen, die Ihnen die Möglichkeit geben, den Produkt- oder Servicemangel zu beheben und darüber hinaus etwas aus diesem Vorgang zu lernen!

Wichtige Überlegungen:

  • Überprüfen Sie Ihre Haltung zum Thema ­„Reklamation“.
  • Verdeutlichen Sie sich das wirtschaftliche Ausmaß, die Reklamationen annehmen können, die nicht zur Zufriedenheit Ihres Kunden bearbeitet werden.
  • Sie schaffen sich durch eine kundenorientierte Reklamationsabwicklung die Chance, die Kundenbindung mit einfachen Mitteln zu verdreifachen!

Der Autor

Norbert Hellwich von proVendere hat bereits für den Bundesverband Wintergarten Fachseminare zum ­Thema Angebots- und ­Reklamationsmanagement durchgeführt. Dabei bringt er den Teilnehmern ­Methoden und Techniken des Verkaufs sowie Strategien des ­Vertriebs näher.

Kontakt: hellwich@provendere.de

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