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Auf der Suche nach dem ultimativen Schnäppchenangebot

Internet: Schatzkiste oder Überraschungsei?

Es war ein Raketenstart, den der Onlinehändler Exclusiv Home (EH) hinlegte. Innerhalb von wenigen Jahren war er in aller Munde, und mehr und mehr Endverbraucher nutzten das gut gemachte ­Onlineportal, um eines der vielen angebotenen Markisenmodelle zu bestellen. Die Jagd nach dem ultimativen Schnäppchen tat da sicher ein übriges, um bei den angekündigten Preisnachlässen von bis zu 60 % dem Angebot zu erliegen und online zu bestellen. Das böse Erwachen begann dieses Frühjahr mit den sich abzeichnenden Lieferproblemen von EH. Der ultimative Schock war dann der angekündigte Totalverlust der geleisteten Vorkasse durch den Insolvenzverwalter.

Kostengünstiges Internet?

Kein großer Verwaltungsapparat, niedrige Vertriebskosten durch Wegfall einer kompletten Handelsspanne, direkt vom Hersteller: Das sind die Hauptargumente, die von Onlineanbietern am meisten genannt werden, um die günstigen Preise im Internet zu erklären.

Das Angebot an Markisen ist vielfältig und für den Verbraucher fast undurchsichtig. Die Homepages der verschiedenen Onlineanbieter unterscheiden sich in ihrer Aussagekraft und Qualität erheblich, und suggerieren in den meisten Fällen neben der einfachen Auswahl des Markisenmodells eine vollkommen unproblematische Anbringung der Markise.

Schwierig wird es hier für den Nutzer z.B. zwischen den verschiedenen „Zertifikaten” und „Siegeln” auf den Homepages zu unterscheiden, bzw. diese richtig zu interpretieren. TÜV-Siegel, die nach dem allgemeinen Verständnis als technische Bescheinigungen für die „guten” Eigenschaften der angebotenen Markisen stehen sollten, entpuppen sich bei genauen Hinsehen z.B. als Auszeichung für das System des Onlineshops.

Was leisten Bewertungsportale?

Eine sehr wichtige Rolle spielen bei der Beurteilung von Internetshops die Online-Bewertungen anderer Kunden. Gerade diese Informationen sind für Neukunden ein auschlaggebendes Entscheidungskriterium bei der Bestellung. Kritisch werden diese Beurteilungen, wenn wie im Fall von EH nicht nur Markisen, sondern wie in einem Gemischtwarenladen auch viele andere und vor allem sehr preisgünstige Produkte wie Leuchtmittel verkauft werden. Die hohen Bewertungszahlen mit Äußerungen wie „Alles bestens, gerne wieder” oder „Alles gut gelaufen” mit 4/5 oder 5/5 Sternen sehen sicher erst mal gut aus, nutzen in ihrer Aussagekraft aber nicht so viel, da nicht zweifelsfrei zu erkennen ist, um welches Produkt es sich hier wirklich handelt. Besonders deutlich werden die Diskrepanzen bei den Beurteilungen im Fall von eKomi. Stehen auf der Homepage von eKomi die eingegebenen Bewertungen von 1/5 bis 5/5 Sternen zur Verfügung, so werden auf ­Facebook gefiltert über eine App aus Kundenbewertungen ganz einfach Kundenmeinungen und so ausschließlich positive Bewertungen gezeigt (Bild oben rechts). Zusätzlich werden Kundenschlichtungen betrieben, das heißt Kunden mit negativen Aussagen werden kontaktiert und auf eine Rücknahme ihrer Bewertung angesprochen, bzw. bei „zu negativen” Äußerungen nicht veröffentlicht. Eine Praxis, die vom Oberlandesgericht Düsseldorf mit Urteil vom 19.02.2013 ­ (Az. I – 20 U 55/12) im Falle eines Unternehmens für Zahnersatzprodukte verboten worden ist, wenn dort nicht sämtliche Kundenbewertungen aufgeführt werden.

Internetforen als Sprachrohr

Ein untrügliches Zeichen für die Probleme mit Produkten sind auch bei den Markisen die Internetforen. Hier äußern Endverbraucher relativ unverblümt ihre Meinungen und suchen nach Informationen anderer Markisenkäufer oder Ersatzteilen. Natürlich tummeln sich dort mehr oder weniger verdeckt Mitarbeiter von Herstellern oder Onlinelieferanten.

Hier wäre mehr Offenheit wünschenswert, da fast alle Diskussionen unter Pseudonymen geführt werden, und so in der Aussagekraft sehr oft nicht zielführend in Bezug auf die Fragen sind. Leider wurden in der Vergangenheit Foren dazu benutzt, um Stimmung gegen Hersteller zu machen oder wie vereinzelt geschehen, Warnungen gegen bestimmte Produkte auszusprechen, nur weil der Kunde mit der Auftragsabwicklung seines Auftrages insgesamt unzufrieden war. Auch hier sollte Augenmaß bewahrt werden, wenn Hersteller auf den Fachbetrieb als rechtlichen Ansprechpartner verweisen müssen.

Dubiose Helfer

Eine besondere Stilblüte sind die z.B. bei der Pleite von EH plötzlich auftretenden Helfer in den Foren, die ohne Nennung ihres Namens oder einer Firmenbezeichnung nur mit einer E-Mail-Adresse Reparaturdienste und Ersatzteile anbieten. Besonders interessant ist hier die Tatsache, dass aktuell genau die von der Rückrufaktion bei EH betroffenen Kunden angeschrieben, und entsprechende Serviceleistungen und Ersatzteile angeboten wurden. Auf der einen Seite sicher eine Hilfe für betroffene Kunden, aber auf der anderen Seite ein deutliches Zeichen dafür, wie wichtig der Service vor Ort nach dem Kauf ist, gerade dann, wenn sich die Frage nach Gewährleistung oder Reparaturen und Ersatzteilen stellt.

Fazit

Dass das Internet und der Verkauf von Markisen nicht zusammenpassen, ist mit Sicherheit zu kurz und zu einfach gedacht. Zweischneidig ist hier die Rolle der Fachhändler. Die Unternehmen, die sich neben ihrem normalen Geschäft zum Onlinehändler weiterentwickelt haben, spiegeln dies meist im Bereich des lieferbaren Zubehörs und den Hilfestellungen bei der Montage wider.

Die anderen Fachhändler sollten erkennen, dass das Internet auch aus dem Markisenhandel nicht mehr wegzudenken ist.

Hier sollten vor allem die Internetauftritte der meisten Unternehmen deutlich überarbeitet und aktueller gehalten werden, um im täglichen Wettbewerb bestehen zu können.

Für die Käufer wird das Internet auch in Zukunft eine Schatzkiste bleiben, da die Filterfunktionen für die vielfältigen und sich teilweise widersprechenden Informationen fehlen. Gerade hier fehlen die Beratungsleistung und die Ortsbesichtigung vom Fachmann, um eine sichere Befestigung der Markise auf den vielen möglichen Montageuntergründen zu gewährleisten.

Gleichzeitig wird es aber nicht nur im Bereich Sonnenschutz, sondern auch anderer Bauelemente eine Aufgabe von Verbänden und Innungen sein, für mehr Wettbewerbsgleichheit zu sorgen. Hier gilt es vor allem sicherzustellen, dass mit gleichen Mitteln um den Kunden gekämpft werden kann. Für Internetanbieter sollte deshalb, egal ob Waren oder Dienstleistungen angeboten werden, eine vollständige Impressumspflicht gelten und ggf. auch gefordert werden. Im „Offline-Business” sind gerade diese Dinge ein Muss und eine Selbstverständlichkeit. Eine Überprüfung von fragwürdigen Produkten kann wie in der Vergangenheit ohne Probleme über Tests und die CE-Prüfung vorgenommen werden.

Die letzte Entscheidung hat aber immer der Kunde. Ist er schlecht informiert oder beherzigt die genannten Punkte nicht, dann kann billig ganz schnell richtig teuer werden. Das zeigt sich bei der Insolvenz von Exclusiv Home deutlich und wurde für viele Kunden ein finanzielles Desaster mit Totalverlust. Womit wir dann auch schon bei dem Überraschungsei angekommen wären.—

http://www.sonnenschutzwelt.eu

http://www.facebook.de/sonnenschutzwelt

Olaf Vögele

Im Dialog mit der Wettbewerbszentrale

GLASWELT – Ist die hier gezeigte Praxis der Bewertungsportale wie z.B. bei ­eKomi ­für den Verbraucher förderlich beim Kauf von Produkten im Internet?

Peter Brammen – Sind diese Bewertungssysteme wie in der hier dargestellten Form für den Betreiber einer Homepage sicherlich sinnvoll und verkaufsfördernd, so wird der Endverbraucher nur teilweise mit brauchbaren Informationen versorgt. Leider werden bei diesen Portalen die negativen Bewertungen durch Einflussnahme wie z.B. Schlichtungsgesprächen, bei denen der Käufer seine geäußerte Meinung zurücknimmt neutralisiert, sodass die Gesamtbewertung nicht die wahre Meinungsbildung der Käufer wiedergibt.

GLASWELT – Welchen Sinn macht es, wenn Betreiber von Online-Shops negative Bewertungen entfernen lassen können?

Brammen – Da auch in ehrverletzenden und beleidigenden Äußerungen letztlich eine negative Bewertung von Leistungen und Produkten liegt, dürfen diese Äußerungen zumindest in der Summe und der Darstellung des Gesamtergebnisses nicht einfach unter den Tisch fallen. Wir haben vor dem OLG Düsseldorf ein Urteil erwirken können, welches einem gewerblichen Nutzer des Bewertungsportals eKomi verbietet, mit bestimmten Kundenbewertungen zu werben, wenn in der Darstellung nicht sämtliche Kundenurteile einschließlich der Negativen in dem Gesamtergebnis berücksichtigt werden. Die aktuelle Praxis bei der ­Facebookseite von Exclusiv Home hält die Vorgaben des Urteils meines Erachtens nicht ein.

GLASWELT – Kann ein Missbrauch bei Bewertungsportalen ausgeschlossen werden?

Brammen – Leider wird ein Missbrauch bei Bewertungsportalen nie ganz auszuschließen sein. Durch den entscheidenden Einfluss auf das Kaufverhalten von Kunden besteht bei vielen Anbietern das Begehren nach guten Bewertungen, was in dem einen oder anderen Fall eine gewisse Kreativität freisetzt. Wenn sich Verdachtsmomente ergeben werden wir tätig, und wie der Fall von eKomi beim OLG Düsseldorf zeigt, durchaus auch sehr erfolgreich.