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“Das Täterverhalten hat sich verändert“

_ Bauherren und Sanierungswillige teilen ihre Baumaßnahmen eher in mehrere Schritte auf und entscheiden sich dann ganz gezielt für das hochwertige einbruchhemmende Bauteil. Dies ist nicht zuletzt auch eine Folge der aktualisierten Einbruchstatistik, die aufzeigt, dass Haus- bzw. Wohnungseinbrüche im letzten Jahr deutlich angestiegen sind.

Leider kommt es jedoch für den Kunden immer wieder zu verwirrenden und unterschiedlichen Aussagen seitens der Fachleute. Vor allem der Unterschied zwischen einem geprüften und nach DIN EN 1627-1630 klassifizierten einbruchhemmenden Fenster oder einer Tür und einem ungeprüften Bauelement mit Bauteilen, die über einbruchhemmende Eigenschaften verfügen, wird dabei oft nicht klar kommuniziert. Gerade beim Einbruchsversuch oder beim stattgefundenen Einbruch zeigen sich aber dann die Unterschiede bei der Qualität und der Widerstandsfähigkeit der unterschiedlichen Elemente. Je nach Rahmenmaterial ist eine Instandsetzung des beschädigten Bauteils gar nicht mehr möglich.

Ein weiteres, großes Problem ist die Montage von einbruchhemmenden Bauteilen im Baukörper. Leider wird viel zu häufig ein einbruchhemmendes Fenster genauso montiert und befestigt, wie ein Standardfenster ohne sicherheitsrelevanten Anspruch. Aber: Gerade bei Bauteilen, die den Langfingern viel Zeit beim Einbruchsversuch abverlangen sollen, ist die spezielle Montage bzw. Befestigung am Baukörper sehr wichtig, denn die sicherheitsrelevanten Eigenschaften können nur erreicht werden, wenn auch die Montage gemäß der DIN EN 1627-1630 und den Vorgaben aus dem jeweiligen Prüfzeugnis eingehalten werden. Der Streitfall ist schon vorprogrammiert, wenn ein Einbruch stattgefunden hat und im Rahmen einer Beweissicherung festgestellt wird, dass zwar geprüfte Fenster mit einer definierten Widerstandsklasse vorgefunden werden, diese aber trotzdem aufgrund von Montagemängeln vom Täter in kürzester Zeit überwunden werden konnten. In mehr als 30 Fällen haben wir diese Probleme bereits feststellen können. Einige Versicherungen lehnen dann auch entsprechende Forderungen ab – der Geschädigte muss dann also für den Schaden selbst aufkommen.

Auch Einbrecher schauen sich die Anschlussfugen an

Das Täterverhalten hat sich in den letzten zwei Jahren stark verändert. In fast 80 Prozent aller Fälle hat der Täter einen kleinen Kuhfuß oder ein anderes größeres Hebelwerkzeug als Tatwaffe eingesetzt. Verglasungen werden nach wie vor nur ganz selten beim Einbruchsversuch zerstört. Verschiedene Tätergruppen widmen sich aber mittlerweile auch der Anschlussfuge – und das bei modernisierten oder neu gebauten Häusern: Innerhalb kürzester Zeit wird das gesamte Bauteil aus der Fassade entnommen. Die WDVS-Systeme, die den Fensterrahmen umgeben, werden einfach mit einem Messer durchgeschnitten und entfernt. Dazu werden die Dübel beispielsweise mit einer Stahlschere durchtrennt. Dieser Vorgang lässt sich ohne große Geräuschentwicklung durchführen – für die Langfinger ein ganz wichtiger Aspekt. Besonders leicht wird es den Einbrechern gemacht, wenn keine umlaufende Befestigung am Baukörper vorhanden ist. Deshalb ist es zwingend nötig, das Bauteil trotz darüber liegendem Rollladenkasten oben und unten zusätzlich zu befestigen.

Ein weiteres Problem tritt gerade bei Holzfenstern auf, wenn die einbruchhemmende Scheibe auf der Außenseite liegt. Nachdem der Täter den Glaseinstand mit dem Messer eingeschnitten, das Silikon und den kompletten Glaseinstand entfernt hat, liegt der Randverbund und die Kannte der Scheibe frei. Mit geringem Aufwand schält der Täter die Scheibe vom Randverbund ab. Das letzte Hindernis – die Innenscheibe – ist dann auch sehr schnell überwunden.

Ähnlich problematisch kann es beim Holz-Alufenster werden, wenn die Aluschalen nur simpel angeklipst und nicht fest mit dem Flügelrahmen verbunden sind: Hier könnte dann die gesamte Vorsatzschale des Flügels abgenommen werden.

Vorsicht ist auch geboten bei der Instandsetzung von beschädigten Holzfenstern: Innere Beschädigungen an Rahmen oder Flügel sind oft nicht festzustellen – meist bleibt es dann bei oberflächlichen Schönheitsreparaturen und das Element kann an Standfestigkeit deutlich eingebüßt haben.

Fazit

Die einbruchhemmende Klasse RC2 gerät durch das veränderte Täterverhalten an ihre Grenzen. Es empfiehlt sich an besonders schwierigen Stellen im Erdgeschoss mindestens die Klasse RC3 zu verwenden. Selbstverständlich ist dies je nach Gebäudelage und Ort unterschiedlich.

Reparaturen sollten wirklich nur bei sehr geringen Beschädigungen durchgeführt werden. Die Montagesituation ist eine Planungsaufgabe des Fachplaners, ggf. in Kombination mit angrenzenden Gewerken. Es gibt für fast jede Anschlusssituation zwischen Fenster und Baukörper Lösungsmöglichkeiten – diese müssen nur geplant und umgesetzt werden.

Wird dies nicht getan – da der Kunde z. B aus Kostengründen dies nicht wünscht – lassen Sie sich dies von dem Kunden schriftlich bestätigen und weisen Sie, ebenfalls schriftlich, auf Ihre Bedenken hin. Vielleicht wäre es aber auch in manchem Fall besser, den Auftrag abzulehnen, denn der Streitfall wird dann sehr kostspielig werden. —

Der Autor

Der Tischlermeister Alexander Dupp ist Vorsitzender des Fenster- und Fassadenausschusses im rheinland-pfälzischen Fachverband und des Bundesfachbeirats Fenster und Fassade von Tischler/Schreiner Deutschland. Gleichzeitig betätigt er sich als ö.b.u.v. Sachverständiger für das Tischler- und für das Rollladen- und Sonnenschutzhandwerk. Spezialisiert hat er sich auf das Themengebiet der einbruchhemmenden Bauteile und die Montage von Fenstern und Türen.

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