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Glasverarbeitung (Teil 02): Mitarbeiter im Workflow

Der Mitarbeiter schafft die Qualität

_ Die aktuelle Lage auf dem Arbeitsmarkt macht es dem Inhaber einer Glasfirma schwer, wenn er auf der Suche nach qualifizierten Mitarbeitern ist. Denn die in der Glasveredlung benötigten Qualifikationen sind nicht einfach zu finden.

Im Gegensatz zu früheren Jahren, ist heute bei der Glasverarbeitung mit reinen Produktionshelfern bzw. Mitarbeitern ohne spezifische Ausbildung im Regelfall sehr schwer zurechtzukommen: Sowohl die eingesetzte Technik als auch die geforderte Qualität stellen steigende Anforderungen an die Mitarbeiter: Zeitgemäße Bearbeitungsmaschinen, Scanner, rechnergestützte BDE u. a. verlangen nach Bedienern, die in der Lage sind, immer komplexere Steuerungen zu handhaben und zu beherrschen.

Und auch die zunehmend komplexeren Glas-Aufbauten – bedingt durch höhere Ansprüche der Kunden – erfordern ein fundiertes Knowhow.

Leider bleiben gegenwärtig im Ausbildungsbereich freie Ausbildungsstellen häufig unbesetzt. Was sind die Gründe? Das Berufsbild des Flachglasmechanikers ist zum einen der Allgemeinheit relativ unbekannt, im Gegensatz zu anderen Berufsbildern im technischen Bereich, wie etwa dem Kfz-Mechatroniker.

Zum anderen trifft die bisherige Berufsvorbereitung nur noch teilweise die Anforderungen einer modernen Fertigung mit immer mehr CNC Maschinen, Steuerungen und Computern. Es wird zu sehr an traditionellen Glasbearbeitungs und -veredelungstechniken festgehalten.

Dazu kommt, dass neue „Glas-Berufsbilder“ gerade erst im Entstehen sind, wie z. B. die Ausbildung zum Glasingenieur als dreijähriger, dualer Studiengang an der Hochschule Weserbergland, der dem Wirtschaftsingenieurwesen zugeordnet ist.

Zur Zukunftssicherung setzten viele Firmen zunehmend auf eigene, interne Aus- und Fortbildungsmaßnahmen. Wichtig ist bei allen Überlegungen bezüglich solcher Aus- und Weiterbildungsaktivitäten, dass sich die Glasindustrie und das -handwerk selbst um die Details kümmern und diese nicht völlig aus der Hand geben. Sonst wird es letztendlich bald keine glasspezifischen Ausbildungsberufe mehr geben.

Qualität nur mit guten Fachkräften

Ohne entsprechende Ausbildung und weiterführende, regelmäßige Schulungen fehlen die Voraussetzungen, welche die Mitarbeiter in die Lage versetzen, um überhaupt qualitativ hochwertige Produkte fertigen zu können.

Mit Blick auf die steigenden Anforderungen sind hier auch die Verantwortlichen in den Betrieben gefordert, entsprechende Maßnahmen zu ergreifen: Denn ohne Kenntnis der ISO- und Glasprodukte, ihrer Eigenschaften und der Folgen von Fehlern oder Unachtsamkeiten, können die Mitarbeiter kaum positiv in den Fertigungsprozess eingreifen, geschweige denn ihn verbessern.

Das einfache Voraussetzen, dass der Mitarbeiter das schon „hinbekommt“ reicht nicht und führt häufig zu Frustration auf beiden Seiten. Häufig hört man dann: „Mit diesen Mitarbeitern oder mit diesen Vorgesetzten lässt sich nicht arbeiten.“

Aber genau die Mitarbeiter an der Linie sind es, die für die Qualität verantwortlich sind und diese erzeugen – sie haben das Glas in der Hand und bauen das Isolierglas zusammen.

Werden sie nicht regelmäßig weitergebildet und geschult, werden diese Mitarbeiter künftig nicht in der Lage sein, das Qualitätsniveau in der Firma zu verbessern oder zu halten. Um hier erfolgreich zu sein, braucht es jedoch nicht unbedingt große Schulungsprogramme.

Oft reichen Erklärungen im Rahmen der „normalen“ Arbeitsprozesse aus, um die notwendigen Informationen zu vermitteln. Beispielsweise kann die Firmenleitung die gesammelten Reklamationsscheiben auf einem A-Gestell einmal pro Woche den Mitarbeitern zeigen.

So wird einerseits die Zahl der Reklamationen für alle deutlich sichtbar. Weiter lassen sich dann gut gemeinsam die Fehler sowie die Ursachen erörtern und Möglichkeiten diskutieren, die entstandenen Fehler abzustellen.

Ein anderes Beispiel: Der Produktionsleiter bespricht einmal die Woche zum Schichtende die aufgetretenen Fehler und Schwierigkeiten mit den Bedienern und gemeinsam wird dann nach entsprechenden Lösungsansätzen gesucht.

Mitarbeiter müssen „entwickelt“ werden

Entscheidend ist, dass die Verantwortlichen im Betrieb und in der Fertigung dabei das Ziel haben, die Mitarbeiter in ihrem Kenntnisstand weiterzuentwickeln. In diesem Zusammenhang zeigen auch kleine praxisnahe Seminare auf Dauer große Wirkung und verbessern die Motivation der Kollegen in der Fertigung.

Ein weiterer wichtiger Punkt: Die Führungskräfte müssen die „Erzeugung“ von Qualität aktiv unterstützen und vorantreiben: Hierzu sind klare Regeln und Anweisungen hilfreich, um die einzelnen Arbeitsschritte zu organisieren und durchzuführen.

Die Anleitung zur Einhaltung dieser Regeln muss die Produktionsleitung (oder Schichtleitung oder...) geben, damit die Mitarbeiter eine Orientierung und Unterstützung erfahren.

Dabei müssen diese Regeln immer wieder angepasst und überdacht werden, da sie immer nur eine Momentaufnahme darstellen können. Gleichzeitig muss sich auch die Organisation organisch (weiter-)entwickeln, damit sie neuen Kundenansprüchen und den steigenden Anforderungen auch gewachsen ist.

Die Verantwortung für die Einarbeitung und die Weiterqualifikation liegt eindeutig bei den Vorgesetzten.

Schulungen sind auch für Vorgesetzte wichtig

Auch für die Verantwortlichen selbst gilt, dass Weiterbildung Not tut: Personalführung sowie didaktische und methodische Kenntnisse zur Wissensvermittlung sind den Wenigsten in die Wiege gelegt. Und im Rahmen des Berufsaufstiegs vom guten Facharbeiter zum Vorgesetzten werden solche Fertigkeiten ebenfalls nicht automatisch vermittelt.

Organisatorisch muss ein Betrieb in der Lage sein ein System zu schaffen, das die „1000“ kleinen Fehler, die bei den Produkten und im Fertigungsprozess auftreten, konsequent und andauernd erfasst mit der Zielsetzung, diese auch zeitnah zu beheben.

Einen „großen Wurf“ für gute Qualität gibt es nicht. Die Aufgabe und Arbeit aller am Prozess Beteiligten – allen voran der Führungsmannschaft – besteht darin, die vielen – immer wieder neu auftretenden – kleinen Fehler zu erkennen und nachhaltig zu beheben.  

Diese Systematik muss von allen Prozessbeteiligten gelebt und erkämpft werden. Eine einfache Kalkulationstabelle mit den Festlegungen „wer, was, bis wann“ zu erledigen hat, die regelmäßig zusammen durchgegangen wird, erweist sich hierbei häufig schon als große Hilfe, Dinge im Produktionsalltag nicht zu vergessen.

Weitere Unterstützung für den Alltag bringen Bedarfspläne sowie Schulungspläne, die einmal im Jahr erstellt werden. Sie helfen, die Aufgaben und Bedürfnisse der Fertigung und der Mitarbeiter systematisch zu erfassen und zu bewerten (siehe Info-Kasten) sowie die anfallenden Arbeiten zu erfassen, zu priorisieren und umzusetzen.

Qualität lässt sich nicht allein auf das Produkt selbst reduzieren. Qualität ist eine Grundeinstellung, die sich von der Firmenleitung bis hin zu jedem Mitarbeiter durchziehen muss. Stimmen dann noch die Maschinen und das eingesetzte Basismaterial, lassen sich auch qualitativ hochwertige Isoliergläser produzieren.—

Praktische Helfer für den Alltag

  • In <b>Bedarfsplänen</b> wird festgelegt, wie viele und mit welcher Qualifikation ausgerüstete Mitarbeiter an welchem Arbeitsplatz benötigt werden.
  • In <b>Schulungsplänen</b> ist hinterlegt, welcher Mitarbeiter in welchem Bereich geschult werden muss.

Beide Pläne dienen dazu, die Aufgaben und Bedürfnisse in der Fertigung ebenso wie die der Mitarbeiter, systematisch zu erfassen und zu bewerten, um die anfallenden Arbeiten zu priorisieren und dann konsequent umsetzen zu können.

Der Autor

Dr. Thomas Schmidt berät Firmen bei der Umstellung ihrer Produktion und bei Investitionen. Er ist zudem als Berater bei der KfW und Bafa gelistet.

https://www.glasberater.com/

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