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Umbau ohne Barrieren: Die Individuelle Kundenansprache ist entscheidend

Zufriedene Kunden als oberstes Ziel

_ Mittlerweile hat es sich auch in der Baubranche herumgesprochen, dass der Anteil älterer Menschen – Stichwort Generation 50plus – in unserer Gesellschaft wächst und eine zunehmend interessante Zielgruppe, gerade für Sanierungs- und Umbaumaßnahmen, darstellt. Dass diese Menschen andere Bedürfnisse hinsichtlich der Wohnungs- und Gebäudeausstattung als junge Kunden/innen haben, liegt auf der Hand. Auch die Kaufkraft dieser Gruppe ist groß, daher ist es folgerichtig, sich als Handwerker auf diesen wachsenden Absatzmarkt einzustellen.

Im Hinblick auf diese Entwicklung werden neben der Generation 50plus jedoch Menschen mit einer körperlichen Beeinträchtigung oder einer Behinderung leider häufig nicht als Chance und neue Zielgruppe wahrgenommen. Aber gerade hier bietet sich ein großes Potenzial für die Umsetzung von barrierefreien Maßnahmen, da auch diese Menschen den Wunsch nach einem schönen Wohnumfeld haben, das nicht die Anmutung einer Krankenhauseinrichtung hat.

Die barrierefreie Anpassung einer Wohnung für Menschen mit Einschränkung erfolgt immer individuell und sollte genau auf die jeweilige Person (und das Gebrechen) abgestimmt werden.

Und an diesem Punkt sind die Verkäufer gefordert: Denn es funktioniert nicht mehr, wenn Handwerker diesen Kunden einfach Standardprodukte vorschlagen. Hier ist zuerst einmal die Umsetzung nach DIN 18040-2 Barrierefreies Bauen gefordert, aber das alleine reicht noch nicht aus.

Natürlich lassen sich alle Umbaumaßnahmen konkret nach der aktuellen DIN 18040-2 umsetzen, jedoch bedeutet dies nicht automatisch eine Verbesserung für den Kunden. Jedes Gebrechen und/oder Behinderung erfordert andere Lösungen. Dies gilt es als oberste Regel zu berücksichtigen.

Auch muss bedacht werden, dass Kunden aus der Gruppe der sogenannten „Silver Ager“, also der Generation 50plus, andere Anforderungen und Wünsche haben, als Kunden, die mit starken körperlichen Einschränkungen leben müssen. Dies ist ein Punkt, der bei der Beratung auch ins Gewicht fällt.

Im Verkaufsgespräch geht es deshalb zuallererst einmal darum, aufmerksam zuzuhören, um ganz genau zu erfahren, was diese Kunden bzw. Betroffenen wünschen oder brauchen. Ziel muss es dabei sein, die Lebensqualität der Auftraggeber zu steigern, nicht die neuesten technischen Lösungen zu verkaufen.

Daher sind es auch oft einfache Lösungen, die eine große Hilfestellung sein können, etwa ein verlängerter Fenstergriff oder eine leichtgängige, gläserne Schiebetür. Hier gilt es für den Handwerker ein Gespür zu entwickeln und die Auftraggeber gezielt zu befragen.

Weiter gilt es für den Baufachmann zu berücksichtigen, dass es nicht immer zielführend ist, wenn einer Person innerhalb einer Familie konkret geholfen wird, dann aber die Familienmitglieder ohne körperliche Einschränkungen dadurch Erschwernisse erfahren. Daher muss bei entsprechenden Baumaßnahmen manchmal ein Kompromiss gefunden werden.

Welches Know-how ist nötig?

Damit Handwerker aus der Fenster-, Glas-, und Fassadenbranche in Sachen Barrierefreiheit gegenüber ihren Kunden sicher auftreten können, sind unterschiedliche Punkte relevant. Neben der Kenntnis der aktuellen DIN 18040-2 für barrierefreies Bauen und ihre Anwendung ist unter anderem Fachwissen über Null-Schwellen und deren Ausführung notwendig. Und der Handwerker sollte auch Kenntnisse über automatische Türantriebe für Haus-, Wohnungs- und Zimmertüren mitbringen sowie über mechanisch öffnende (Schiebe-)Türen, die sich mit geringem Kraftaufwand bedienen lassen.

Know-how über schwellenlose Fenstertüren ist nötig, ebenso sollte sich der Verkäufer mit elektrisch betriebenen Fenstern und Sonnenschutzelementen (Rollos, Rollläden etc.) auskennen.

Weiter gibt es für den Umbau im Bad interessante Potenziale für Glasbauer, da bodengleiche Duschen ja auch Glasabtrennungen benötigen; hier lohnt es Grundlagenwissen mitzubringen.

Differenzierte Angebote – ein Muss

Barrierefreiheit hat viel mit Komfort zu tun. Bei Kunden, die auf diesen Faktor setzen, spielen deshalb die Kosten häufig eine untergeordnete Rolle. Solche Kunden sind in der Regel auch offen für Designprodukte, etwa für hochwertige Türbeschläge oder gestaltete Glastüren.

Dennoch, Komfort muss nicht automatisch gleichbedeutend mit aufwendigen und kostenintensiven Anwendungen sein. Es gibt durchaus auch Lösungen, die zweckmäßig und günstig sein können. Dies ist vor allem bei Kunden interessant, die kein großes Budget haben. Das Design spielt bei diesen Endkunden hingegen eine untergeordnete Rolle.

Vorsicht Kostenfallen

Kostenfallen entstehen beim barrierefreien Umbau unter anderem dann, wenn mögliche Nebenarbeiten nicht einkalkuliert werden. Beispiel: Wenn ein Handwerker eine Terrassentür schwellenlos ausführen soll und sich im Vorfeld keine Gedanken über die Wasserabführung macht, wird es zu Problemen beziehungsweise zu deutlichen Kostensteigerungen gegenüber der ursprünglichen Kalkulation kommen.

Ein weiteres Beispiel: Wird eine automatische Eingangstür gewünscht, erfordert dies auch Arbeiten an der Elektroinstallation. Hier ist dann ein Elektriker bzw. eine Fachkraft mit entsprechender Ausbildung gefragt und muss mit einkalkuliert werden. Kurz gesagt, muss bei allen Baumaßnahmen vorher genau geprüft werden, welche weiteren Arbeiten zur Erreichung des Solls notwendig sind.

Dazu kommt, dass viele Häuser aus den 1950ern und 60ern so manche böse Überraschung bieten und sobald eine Baumaßnahme vorgenommen wird, fallen plötzlich viele weitere Arbeiten an, da der Bauwerkszustand vorher möglicherweise bei der Planung nicht klar ersichtlich war. Hier sollte der beteiligte Handwerker ggf. entsprechende Puffer mit einplanen.

Fallstricke beim aktuellen Umbau-Projekt in Köln

Im jüngsten Projekt von Wohnberater Martin Cordsen wurde das Reihenhaus einer Familie renoviert und den Bedürfnissen des Sohnes angepasst, der körperlich eingeschränkt ist. Dieser benötigt einen Rollator und manchmal einen Rollstuhl, um sich selbstständig in der Wohnung bewegen zu können. Allerdings gab es dort im wahrsten Sinn des Wortes, noch einige Hemmschwellen, die jetzt abgebaut wurden.

Unter anderem wurden die Eingangstür durch eine automatische Haustüranlage mit Fernbedienung ersetzt und bei der Tür vom Haus zum Wintergarten wurde die Schwellenhöhe für den Rollator angepasst (< 2 cm) sowie Türen verbreitert und ein Bad barrierefrei ausgestattet.

Die automatische Eingangstüranlage besteht aus einer Aluminiumrahmentür mit ferngesteuertem Drehtürantrieb. Die Bauherren wollten gerne eine Tür einbauen, die das Kind selbst öffnen und schließen kann, ohne die Hände vom notwendigen Rollator zu nehmen.

Diese Nachrüstung erhöhte den Preis der Tür um ca. 30 Prozent. Hinzu kamen noch eine separate elektrische Zuleitung und Absicherung und der elektrische Anschluss der Tür.

Leider gab es einige Schwierigkeiten mit den Terminen, die auf die Zulieferer zurückzuführen waren. So war der Trafo für die automatisierte Haustüranlage wesentlich größer als beschrieben. Die ursprüngliche Planung sah vor, den Trafo mit in die Unterverteilung einzubinden.

Der mit der Tür gelieferte Trafo hatte jedoch wesentlich größere Außenmaße. So kostete es den Türlieferanten einige Zeit ein kleineres Modell am Markt zu finden, das passte. Allerdings fielen dadurch Mehrkosten für den Trafo an, für die jedoch eine einvernehmliche Lösung gefunden werden konnte.

Wintergarten und Barrierefreiheit, wie geht das zusammen?

Der Übergang vom Wintergarten zur Terrasse war bereits schwellenlos ausgeführt. Hier wurde nichts verändert, da es sich um eine Tür mit Absenkdichtung handelt, die in dieser speziellen Situation mit einem stärkeren Gefälle von der Tür weg funktioniert.

Zwischen Wintergarten und Wohnzimmer gab es aber eine 8 cm hohe Schwelle, die mit dem Rollator/Rollstuhl nicht überwunden werden konnte. Durch den Austausch der Fenstertür konnte die Schwelle auf knapp 2 cm reduziert werden, womit sie für den Rollator passierbar wurde.

Aus Erfahrung des Wohnberaters sind Schwellen im Übergang von innen nach außen tatsächlich einer der großen Knackpunkte, da sie ja vor eindringendem Wasser schützen sollen.

Jedoch gibt es einen Hersteller (Alumat), der Türen mit mehrfacher Magnetabsenkdichtung anbietet. Diese genießen einen guten Ruf in Bezug auf Abdichtung und Barrierefreiheit. Hier muss jedoch baulich auf die Dichtungsebenen geachtet werden. Ein Vordach und/oder eine Abflussrinne vor der Tür können hier Abhilfe schaffen.

Ähnlich wie bei dem Gebäude in Köln findet man in vielen Altbauten zwischen den Zimmertüren noch Schwellen. Für die Schaffung einer Barrierefreiheit und die Reduzierung von Gefahrenquellen (Stolpergefahr) sollten diese Schwellen beseitigt werden.

Dies muss jedoch im Vorfeld gemeinsam mit den Bauherren genau besprochen und geplant werden. Denn auch wenn die Wegnahme von Schwellen bautechnisch umsetzbar ist, stellt sich dabei häufig die Frage, wie gestalterisch mit hierbei entstehenden Lücken umzugehen ist, da es hier einen Unterschied im Bodenbelag geben kann.—

Martin Cordsen, Matthias Rehberger

Kurzinterview mit Wohnberater Martin Cordsen

GLASWELT – Herr Cordsen, beschreiben Sie bitte, was Sie unter dem Begriff Wohnberater verstehen und welche Leistungen Sie anbieten.

Martin Cordsen – Im Rahmen meiner Beratungstätigkeit bin ich als Projektleiter, Fachplaner und Sachverständiger für Barrierefreies Bauen aktiv, vor allem für Bauherren. Ich erstelle die Planung für barrierefreie Umbaumaßnahmen, nach Vorgabe der entsprechenden DIN-Normen. Sind dann die Umbaumaßnahmen festgelegt, erstelle ich die Ausschreibungen und technische Zeichnungen und übernehme die Prüfung der Angebote. Weiter koordiniere ich die Gewerke auf der Baustelle und mache häufig gemeinsam mit den Kunden die Bauabnahme sowie die Prüfung der Rechnungen.

GLASWELT – Welchen Vorteil bringt es dem Verbraucher Sie einzuschalten??

Cordsen – Ziel ist es, meine Kunden dahingehend zu entlasten, dass sie mit mir nur einen Ansprechpartner bei der barrierefreien Sanierung haben und nicht gleichzeitig fünf verschiedene Gewerke koordinieren müssen. Dazu kommt, dass den Bauherren in der Regel dazu das notwendige Fachwissen für die einzelne Baumaßnahmen fehlt.

GLASWELT – Wenn Sie Handwerker beauftragen, bzw. mit einbinden, welchen Nutzen können die jeweiligen Handwerker daraus ziehen?

Cordsen – Die Handwerksbetriebe können mit mir auf fundiertes, externes Fachwissen rund um das barrierefreie Bauen zugreifen, ohne selbst mit dieser Materie vertraut sein zu müssen. Wobei dieses Wissen immer von Vorteil ist. Darüber hinaus kann es für den Verarbeiter sehr hilfreich sein, einen unparteiischen Mittler zwischen seinem Betrieb und dem Kunden zu haben. In dieser Funktion setze ich mich mit dem Auftraggeber auseinander und berate diesen ausführlich und helfe dabei, seine Wünsche für den Handwerker so zu formulieren, dass diese sich auch in der Praxis optimal umsetzen lassen. Nach der Festlegung der baulichen Wünsche halte ich diese in einem Pflichtenheft fest, das wiederum als Basis für die Ausschreibung dient. Durch dieses Vorgehen entsteht eine sehr viel ausführlichere Leistungsbeschreibung. Die Handwerker und die Bauherrschaft sparen durch meine gezielte Koordination auf diese Weise viel Zeit. Treten dann Probleme auf, fungiere ich darüber hinaus als Puffer, wobei ich immer darauf achte, beiden Parteien gegenüber fair zu agieren. Und das wird geschätzt.

www.wohnberatung-barrierefrei.de

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