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Interview mit Prof. Niemöller und Prof. Sieberath

Ein ganze Menge Neues am Start

Glaswelt – Die europäische „Ecodesign Preparatory Study on Window Products" wurde im Frühjahr abgeschlossen. Was gibt es Neues zum Thema Energy Label in Europa?

Prof. Ulrich Sieberath – 10 Länder haben ihre Vorschläge für ein Energy Label eingereicht, Italien präsentierte dabei gleich drei verschiedene Versionen für Nord-, Mittel- und Süditalien, um damit auch Rücksicht auf die verschiedenen Klimaregionen zu nehmen. Nachfolgende Diskussionen mit den Fachkreisen führten zu sehr kontroversen Standpunkten, aufgrund derer entsprechende Empfehlungen und erste Vorschläge für Design und Inhalte des Labels zusammengestellt worden sind. Bei einer Einstufung in Klassen sollen dabei die Fälle für Heizen und Kühlen in einer einfachen und einheitlichen Darstellung unter Berücksichtigung aller relevanter Daten Anwendung finden.

Glaswelt – Was passiert mit der Berücksichtigung von Sonnenschutz und wie geht das Ganze Prozedere weiter?

Prof. Sieberath – Wir haben bei unserer Lösung den Sonnenschutz ja komplett integriert. Im Rahmen der Erstellung eines Working Documents bei der Impact Assessment Study, die im Juli beginnt, wollen wir die Berücksichtigung des Sonnenschutzes nochmals einbringen und die Wichtigkeit dieser Variablen klären. Es gilt eine gemeinsame europäische Position zu finden und vor allem bei der weiteren Entwicklung mitzubestimmen, die mit einem Consultation Forum Ende September abgeschlossen werden sollen.

Glaswelt – Welche konkreten Maßnahmen unternehmen Sie dazu?

Prof. Sieberath – Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht, und werben bei den Fensterherstellern weiter sehr intensiv für die kostenlose Nutzung des Energy Labels vom ift Rosenheim, das direkt von unserer Homepage aus erstellt werden kann. Natürlich würde eine stärkere Verbreitung bei der Durchsetzung des ift-Energylabels helfen und damit auch die Chancen für eine Berücksichtigung des Sonnenschutzes und der Rollläden auf europäischer Ebene deutlich verbessern.

Glaswelt – Die Glasfassadenentscheidung des BGH vom Juli 2014 sollte für Klarheit sorgen, welcher Vertragspartner das Risko von Glasbrüchen zu tragen hat. Ist diese Frage denn jetzt eindeutig geklärt?

Prof. Christian Niemöller – Im besagten Fall bei dem es immerhin um Schadensersatzansprüche von 2,1 Mio Euro gegangen ist, hatten ja bereits Landgericht und Oberlandesgericht unterschiedliche Standpunkte eingenommen und entsprechend unterschiedliche Urteile gefällt. Der BGH hat nun für Klarheit gesorgt und beim Urteil des OLG kritisiert, dass hier das Risiko des Glasbruchs abstrakt dem Auftragnehmer zugeordnet worden ist. Die Entscheidung des BGH sagt dazu, dass der bloße Umstand des Glasbruchs nichts darüber aussagt welche Partei dieses Risiko zu tragen hat. Es komme vielmehr darauf an, ob die Parteien als Funktion vereinbart haben, dass keine Glasbrüche, außer durch Fremdeinwirkungen, auftreten dürfen. Auch komme es wie so oft in der Juristerei auf die richtige Formulierung an, welche Ansprüche an wen gerichtet und durchgesetzt werden können.

Glaswelt – Auch das Gerichtsurteil des EuGH zur Bauregelliste hat im Oktober 2014 für Furore gesorgt. Welche direkten Auswirkungen sind damit verbunden?

Prof. Niemöller – Das EuGH-Urteil ist ein Feststellungsurteil, das die betreffenden nationalen Regelungen, die nach Auffassung des EuGH gegen Gemeinschaftsrecht verstoßen, nicht aufhebt, sondern den Mitgliedstaat dazu verpflichtet, von sich aus und nach seiner Entscheidung die Maßnahmen zu ergreifen, die sich aus dem Urteil ergeben. Alle direkt benannten Regelungen in der Bauregelliste B Teil 1 wurden dazu in einem ersten Schritt außer Vollzug gebracht. In diesen Fällen wird eine allgemeine bauaufsichtliche Zulassung ab sofort nicht mehr erteilt. Verzichtbar gewordene Zusatzanforderungen sollen so voraussichtlich zum 31. Juli 2015 ersatzlos entfallen und bis Oktober die Bauregelliste B Teil 1 dann aufgehoben werden.

Prof. Sieberath – Natürlich müssen wir mit der Aufhebung der Bauregelliste die bauwerksbezogenen Anforderungen konkretisieren. Für die über diesen Zeitpunkt (15.10. 2016) hinaus geltenden Zulassungen sollen laut DIBt gesetzliche Übergangsregelungen geschaffen werden. Mit diesen soll erreicht werden, dass die fortgeltenden Zulassungen bis zum Ende ihrer Geltungsdauer noch als Nachweis für bauordnungsrechtliche Anforderungen herangezogen werden können. In den zuständigen Gremien der Bauministerkonferenz wird derzeit intensiv beraten, wie sich die Feststellungen des Urteils auf die Bauproduktenverordnung (305/2011) übertragen lassen.

Glaswelt – Ü-Zeichen werden ja bisher auch bei den Rollladenkästen gefordert. Wie sieht es denn hier zukünftig aus?

Prof. Sieberath – Der Rollladenkasten gehört zu den ungeregelten Bauteilen. Damit muss hier solange der Rollladenkasten als einzelnes Bauteil geliefert werden, das Ü-Zeichen auch weiterhin vorhanden sein. Prüft und kennzeichnet ein Unternehmen Rollladenkasten und Fenster zusammen, darf das Ü-Zeichen nicht mehr gefordert werden.—

Die Fragen stellte Redakteur Olaf Vögele

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