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serie: technische fensterentwicklung

Die Wege des Schalls

_ Schallschutz im Hochbau ist in Deutschland in der DIN 4109 beschrieben; die erste Fassung stammt aus dem Jahr 1944. Im Jahr 1989 wurde eine komplette Überarbeitung der Hauptschallschutznorm vorgelegt[1]: Erstmals wurden nun auch Anforderungen an die Schalldämmung von Fenstern und Türen im Gebäudeinneren gestellt. In einer Beispielsammlung in Beiblatt 1 der Norm[3] werden Konstruktionsbeispiele für Fenster und Rollladenkästen gezeigt, bei Innentüren muss der Nachweis der Schalldämmung aber über eine Labormessung der begehbaren Konstruktion erfolgen. Ein Forschungsvorhaben zur Schalldämmung von Innentüren sollte die Möglichkeiten eines Nachweisverfahrens anhand allgemeiner Konstruktionsmerkmale von Innentüren untersuchen.

Aufgabe des Forschungsprojekts war die Untersuchung der Schallübertragungswege bei Innentüren mit dem Ziel, für Türen ein ähnliches Tabellenverfahren für den bauaufsichtlichen Nachweis zu schaffen. Das auf 3 Jahre ausgelegte Forschungsvorhaben startete im Jahr 1994.

Der Lärm hat 5 Übertragungswege

Die Analyse der Schallübertragungswege durch eine betriebsfertige Innentür ergab insgesamt 5 voneinander unabhängige Schallübertragungswege (Bild 1).

Die Analyse zeigte, dass die Schallübertragungswege durch das Türblatt sowie über Falz- und Bodenfuge den größten Einfluss haben.

Bei der Analyse des Schalldurchgangs durch das Türblatt (Weg 1) zeigte sich, dass dieser sehr stark von Konstruktion und Aufbau des Türblatts abhängt. Konkrete konstruktive Vorgaben waren nur für einschichtige Türblätter in Abhängigkeit der flächenbezogenen Masse möglich, die jedoch nur eine eher eingeschränkte Verwendbarkeit bis zu einer Schalldämmung von Rw = 32 dB (Laborprüfwert des betriebsbereiten Türelements) erlauben. Damit wäre maximal die Schalldämmung einer Wohnungseingangstür von erf. Rw = 27 dB nach DIN 4109:1989 nachzuweisen. Für höherschalldämmende Türblattaufbauten sind mehrschichtige Aufbauten zu wählen, deren konstruktive Details deutlich komplexer sind.

Die Schalldämmung des Türblattes ist erst einmal das bestimmende Element zur Schalldämmung der Tür. Die weiteren Komponenten nach Bild 1, speziell die Falz- und Bodenfuge (Weg 2 und 5), müssen so gestaltet sein, dass die Schalldämmung der Innentür so wenig wie möglich reduziert wird.

Hierzu waren von der Industrie bereits Dichtprofile und Dichtautomaten entwickelt worden. Im Rahmen des Forschungsprojekts wurde der Schalldurchgang durch die mit Dichtungen ausgestatteten Fugen untersucht. Da es sich um linienförmige Konstruktionen handelt, hat sich eine Beschreibung des Schalldurchgangs über ein Fugenschalldämm-Maß Rs angeboten.

Dieses Maß war früher bereits in verschiedenen Publikationen definiert worden. Um den Praxisbezug sicherzustellen, wurde ein vereinfachtes Verfahren zur Kombination der verschiedenen Kenngrößen vorgeschlagen, das z. B. über ein Nomogramm (Bild 2) die Schalldämmung des Türblatts mit den Fugenschalldämm-Maßen von Falz- und Bodenfuge kombiniert.

Der Abschlussbericht des Forschungsprojekts zur Schalldämmung von Innentüren wurde im Jahr 1996 veröffentlicht. Er dokumentiert den Stand der Technik zur Schalldämmung von Innentüren aus den frühen 1990er-Jahren, der mit einigen Anpassungen auch heute noch aktuell ist. Ein Ergebnis der Untersuchungen war, dass eine Prognose der Schalldämmung von Innentüren prinzipiell möglich ist, wobei die schalltechnische Eignung der Einzelkomponenten (Türblatt, Falz- und Bodendichtungen, Zarge) über die akustischen Kenngrößen nachzuweisen ist.

Umsetzung der Forschungsprojekte

Aus dem Projekt ergaben sich folgende Ziele für die Umsetzung der Ergebnisse des Forschungsvorhabens:

  • Die Ergebnisse des Forschungsvorhabens sollten der Branche zugänglich gemacht werden, und der Branche und den Anwendern dienen, ihre Produkte zu verbessern, Baufehler zu verhindern und die Prognose der Schalldämmung zu erleichtern.
  • Erarbeitung von Messvorschriften für die Fugenschalldämmung: Die Falz- und Bodenfuge eines Türblatts besitzt einen wesentlichen Einfluss für die Fugenschalldämmung. Um diese Schallübertragung zu quantifizieren, wurde als Kenngröße das Fugenschalldämm-Maß gewählt; für die Messung des Fugenschalldämm-Maßes wurde eine allgemeine Messvorschrift als ift-Richtlinie [4] entwickelt und publiziert.
  • Überführung der Ergebnisse in die nationale und internationale Normung

Schalldämmung von Türen heute

Der Nachweis von Schalldämmung von Innentüren für die neue DIN 4109 enthält nun ein Tabellenverfahren, mit dem die Schalldämmung von Innentüren auf Basis der Kenngrößen für die Einzelkomponenten (Türblatt, Boden- und Falzdichtung) ermittelt werden kann. Dieses Nachweisverfahren orientiert sich direkt an den Analysen und Ergebnissen aus dem ift-Forschungsvorhaben [5] und separiert nach den in Bild 1 dargestellten Schallübertragungswegen. Aus der dargestellten Tabelle können ausgehend vom Planungswert für das Türelement im funktionsfertigen Zustand (erf. Rw) die Mindestvorgaben an die Schalldämmung des Türblatts sowie die Fugenschalldämmung (bewertetes Fugenschalldämm-Maß RS,w) für Falz- und Bodendichtung entnommen werden.

Die Ermittlung der Schalldämmung für den Nachweis im CE-Kennzeichen zeigt neben der nationalen Normung die große Bedeutung der harmonisierten und im Umfeld der EU-Gesetzgebung (Bauproduktenrichtlinie bzw. Bauproduktenverordnung) erarbeiteten Produktnormen.

Diese Produktnorm dient einer einheitlichen Kennzeichnung der Leistungseigenschaften von Innentüren. Zudem wird ein Tabellenverfahren zur Prognose der Schalldämmung dargestellt. Auch dieses Verfahren arbeitet ähnlich wie die Nachweisverfahren der DIN 4109 mit den schalltechnischen Kennwerten der Einzelkomponenten der Tür, nämlich der Schalldämmung des Türblatts und der Fugenschalldämmung von Falz- und Bodenfuge. Somit kann vom Hersteller mit den Schalldämmmaßen der einzelnen Komponenten die Schalldämmung der Tür für die CE-Kennzeichnung ermittelt werden.—

Literaturnhinweise:

[1] DIN 4109:1989-11 Schallschutz im Hochbau, Anforderungen und Nachweise. Beuth Verlag

[2] DIN 4109:1962 Schallschutz im Hochbau Beuth Verlag

[3] Beiblatt 1 zu DIN 4109:1989-11 Schallschutz im Hochbau; Ausführungsbeispiele und Rechenverfahren.Beuth Verlag, Berlin

[4] ift-Richtlinie SC-01/2 Bestimmung des Fugenschalldämm-Maßes. ift, 2002

[5] ift-Forschungsbericht Konstruktionsmerkmale für schalldämmende Wohnungseingangstüren und Bürotüren aus Holz und Holzwerkstoffen. ift, 1996

Fußnoten

* Wiedergegeben mit Erlaubnis von DIN Deutsches Institut für Normung e. V. Maßgebend für das Anwenden der DIN-Norm ist deren Fassung mit dem neuesten Ausgabedatum, die bei der Beuth Verlag GmbH, Am DIN Platz, Burggrafenstraße 6, 10787 Berlin, erhältlich ist.

50 Jahre ift Rosenheim

Das ift Rosenheim feiert 2016 sein 50-jähriges Bestehen. Deshalb wird in einer 10-teiligen Fachartikelserie die technische Entwicklung vorgestellt. Die einzelnen Beiträge beziehen sich auf Zeitfenster von 5 Jahren ab der Institutsgründung. Bisher haben wir über folgende Themen und Zeitfenster berichtet:

  • „Gegründet, um das Holzfenster besser zu machen“ (1966–1970): Heft 01/2016, S. 62 ff.
  • „Auf dem Weg zum energiesparenden Bauen“ (1971–1975): Heft 02/2016, S. 122 ff.
  • „Metallprofile zukunftsfähig machen“ (1976–1980): Heft 04/2016, S. 78 ff.
  • „Vom Monoglas zum Hochleistungs-ISO (1981–1985): Heft 05/2016, S. 120 ff.
  • „Kammerolympiade und andere Disziplinen“ (1986–1990): Heft 07/2016, S.76 ff.

Die Autoren

Dr. Joachim Hessinger ist ift-Prüfstellenleiter für den Bereich Bauakustik und leitet das Bauakustik-Labor. Als Physiker ist er in der Holz- und Fensterbranche als Lehrbeauftragter, Referent und Fachautor tätig.

Bernd Saß wurde 2001 Prüfstellenleiter für den Bereich Bauakustik; seit 2004 ist er stv. Prüfstellenleiter des Bauakustik-Labors. Er ist Sachverständiger für Schallschutz (Fenstern, Türen, Tore, Verglasungen.)

Gabriele Tengler, stv. Leiterin der ift-Abteilung PR & Kommunikation und war viele Jahre für die technische Auskunft zuständig.

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