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GLASWELT vor Ort: Windays 2019 in Biel

“Das Vertrauen in Fenster nicht verspielen“

_ Bei der 9. Auflage der windays standen einerseits die Referate im Zentrum. Sehr wichtig waren aber auch die aufgebaute Fachausstellung sowie die Möglichkeit zur Pflege des Netzwerkes.

Dass es noch Platz hat in der Schweiz zeigte ganz zu Beginn der Tagung Karin Hollenstein von der ETH Zürich (Institut für Raum- und Landschaftsentwicklung IRL). Gemäß einer Studie der ETH Zürich zu den Nutzungsreserven in den Bauzonen der Schweiz sind nach wie vor erhebliche bauliche Reserven in der Größenordnung von 11 000 bis 19 000 ha Geschossfläche vorhanden: 3- bis 5-mal so viel Geschossfläche wie in der Stadt Zürich bereits gebaut. Diese Geschossfläche könnte Platz für zusätzliche 1 bis 1,8 Mio. Einwohner bieten.

Was beim Fenster mit Vakuum-Glas anders ist

Der Österreicher Peter Schober von der Holzforschung Austria präsentierte mit seinem Beitrag Lösungsansätze für die Integration von Vakuumgläsern in Holz-Alu-Fenstern. Damit werden sehr schlanke Konstruktionen mit energetisch und statisch guten Werten möglich. Allerdings gilt es, die notwendigen großen Glaseinstände aufzufangen. Für Öffnungs- und Bewegungsrichtungen, die von üblichen Fenstern abweichen, bieten Vakuumgläser ebenfalls interessante Chancen, wie Schober erläuterte.

Eine weitere Innovation ist das von der Berner Fachhochschule BFH in Biel entwickelte „Autowindow“. Es soll in Wohnbauten die Einbindung des Fensters in Smarthome-Lösungen ermöglichen. Der Beschlag sitzt im Blendrahmen statt wie bisher üblich im Flügel. Das völlig neue System kommt mit viel weniger verschiedenen Beschlagteilen aus als konventionelle Konstruktionen, was Vorteile bei der Produktion bezüglich Logistik und im Service bringt. Christoph Rellstab und Urs Uehlinger von der BFH zeigten die Vorteile dieser neuen Verschlusstechnik auf, die sich bis in die Fertigung durchziehen.

Vorfertigung als Chance

Das „schnellste Mehrfamilienhaus der Schweiz“ zeigte Roman Hausammann von der BFH. Dabei ging es um die Möglichkeiten, die hinter einem extrem hohen Vorfertigungsgrad stecken. Das in Lenzburg entstehende Objekt mit 20 Mietwohnungen wird in nur fünf Monaten gebaut. Speziell entwickelte Komponenten werden schon zur Wandproduktion im Werk eingebaut. Diese Vorgehensweise verkürzt sowohl Herstell- als auch Montagezeiten und bietet Fensterbauern Chancen zur Steigerung ihrer Wertschöpfung.

Wenn ein solches System der Modularisierung konsequent umgesetzt werde, könnten in der Schweiz die Baukosten für Wohnhäuser halbiert werden, so Stefan Zetzmann von der Unternehmensberatung TCW München.

Dabei erfordert es aber einen genau festgelegten Produktionsprozess unter industriellen Bedingungen. Mit entsprechenden Konfiguratoren seien sogar Wohneinheiten möglich, die vom Kunden individuell zusammengestellt werden können. Langwierige Abstimmungsprozesse mit unterschiedlichen Gewerken sowie aufwendige Nachbesserungsarbeiten gehören beim industriellen Bauen der Vergangenheit an – zurzeit werden aber etwa 70 Prozent der Zeit auf der Baustelle nicht wertschöpfend genutzt. „Es gilt das Prinzip: Die richtigen Dinge korrekt tun und dies bereits beim ersten Mal.“

Schaffen Sie den CEO ab!

Rolf Baumann, Leiter Institut für digitale Bau- und Holzwirtschaft an der BFH, ging es anschließend darum, wie künftig Fenster und Türen produziert, vermarktet und montiert werden. Nachdem er fünf Entwicklungen aufzeigte, die jetzt schon greifbar sind, hat er den Teilnehmern der Windays noch fünf Tipps mitgegeben, wie man die Zukunft meistern wird:

  • Den CEO sollte man durch einen CDO ersetzen und die hierarchischen Strukturen im Unternehmen entflechten.
  • Eine Digitalstrategie erarbeiten und alle anderen Strategien ersetzen.
  • Die Ausrichtung im Unternehmen konsequent auf das Kundenerlebnis statt auf das Produkt fokussieren.
  • Wertschöpfungsnetzwerke knüpfen: „Gemeinsam ist man stärker.“
  • Lebenslanges Lernen: digitale und analoge Skills ständig weiterentwickeln.

Was ist ein Fenster?

Das Fenster als Bauteil ist in den letzten Jahren immer größer geworden. Deshalb gingen Peter Schober von der Holzforschung Austria und Christoph Rellstab von der BFH in einem Co-Referat auf die Frage ein, „Was ist noch ein Fenster und was ist schon eine Fassade?“ Aufgrund der Normen kamen die beiden zum Schluss, dass Fenster nur einen geschlossenen Rahmen aufweisen und wenn sie über- oder nebeneinander angeordnet sind, weder horizontal noch vertikal Lasten untereinander abtragen. Dem gegenüber besteht eine Vorhangfassade aus mehreren Rahmenelementen, die miteinander lastabtragend verbunden sind.

Weil nicht nur die Fensterflächen größer werden, sondern auch die Stürme stärker, stellt sich die Frage, ob den aktuellen Normen entsprechende Konstruktionen den auftretenden Windlasten wirklich widerstehen können. Die beiden Experten kamen zum Schluss, dass die Fenster höchsten Windlasten standhalten, wenn sie richtig bemessen und korrekt ausgeführt sind sowie richtig genutzt werden. Aber man dürfe die auftretenden Lasten keineswegs unterschätzen. Denn die Bevölkerung habe großes Vertrauen in die Sicherheit der Fenster. Dies sei ein entscheidender Vorteil, den es unbedingt zu bewahren gelte.

Die nächsten windays werden am 15. und 16. April 2021 stattfinden.—

Daniel Mund

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