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Fenstersanierung oder reicht Glasaustausch

Glas oder Rahmen?

Die Reduzierung des Energiebedarfs gilt in besonderem Maße für den Austausch energetisch veralteter Fenster und ­Verglasungen. Vereinfacht gerechnet können jährlich rund 1,2 Liter Heizöl pro m2 eingespart werden, wenn der U-Wert um 0,1 W/(m2K) ­verbessert wird. Das entspricht bis zu 720 Liter bei einem Haus mit 30 m2 Fensterfläche und ­Fenstern, die einen Uw-Wert von 1,0 anstatt 3,0 W/(m2K) aufweisen. In Deutschland könnten so pro Jahr bis zu 8,6 Mrd. Liter Heizöl gespart werden. Das geht aus der „Studie zur energetischen Modernisierung alter Fenster“ des VFF und des BF vom Dezember 2007 hervor.

Neben dem U-Wert muss vor allem der Gesamt­energiedurchlassgrad (g-Wert) des Glases nach DIN EN 410 beachtet werden. Dieser gibt an, wie hoch der Anteil der Sonnenstrahlung ist, der durch die Verglasung in den Raum gelangt und als passiver Solargewinn genutzt werden kann. Mit neuen Isoliergläsern werden auch die unangenehmen kalten Oberflächen alter Verglasungen vermieden. Oft kann nach dem Glas- bzw. Fenstertausch die Raumtemperatur um ­ 2 bis 3 °C gesenkt werden, sodass sich pro Grad der Energieverbrauch um etwa sechs Prozent reduzieren lässt.

Wann reicht es, nur das Isolierglas auszutauschen?

Bei der Suche nach der idealen kosten- und ener­gieeffizienten Maßnahme wird von Bauherren oft die Frage gestellt, ob der Austausch der Verglasungen sinnvoll ist oder besser das gesamte Fens­ter ausgetauscht werden soll.

Um dies zu beantworten, sollte zuerst der U-Wert des Glases Ug geschätzt werden, um das energetische Verbesserungspotenzial zu bestimmen (Flammentest: Feuerzeug ). Danach muss die Eignung des Fensterrahmens, der Beschläge und des Baukörperanschlusses geprüft werden, um die Wirtschaftlichkeit der Maßnahme bewerten zu können.

Ein Austausch alter Einfach-Verglasungen, Floatglas aber auch Sicherheitsgläser (ESG/VSG) oder Drahtglas) lohnt immer aufgrund der hohen Ener­gieverluste.

Sind im Gebäude aber bereits Isoliergläser vorhanden, muss zwischen beschichteten und unbeschichteten Gläsern unterschieden werden. Unbeschichtete Isoliergläser ohne Gasfüllung wurden noch bis zur zweiten Novellierung der Wärmeschutzverordnung 1995 (WSchVo) eingesetzt und haben einen U-Wert von etwa ­ 2,7 W/(m2K).

Sind zudem keine Lieferunterlagen, Produktnamen oder eine Stempelung auf dem Abstandhalter im Scheibenzwischenraum vorhanden, die Aufschluss über den Ug-Wert geben, kann man den U-Wert der Verglasung über das Einbaujahr und mit dem „Flammentest“ abschätzen, bei dem die beschichtete Glasscheibe in der Reflexion durch eine andere Flammenfärbung sichtbar gemacht werden kann. Eine Aussage zu den Eigenschaften der Beschichtung ist nicht möglich. Vorsicht ist dennoch geboten, da bei einigen Beschichtungen (z.B. pyrolytischen) keine Verfärbung der Flamme auftritt.

Mit geeigneten Messgeräten kann man jedoch eindeutig bestimmen, ob eine Beschichtung vorhanden ist und so den U-Wert der Verglasung abschätzen.

Kriterien für den Glastausch

Auch beim Glastausch müssen Fragen der Bauphysik, Wärmebrücken und Kondensatbildung geklärt werden. Wird die alte Verglasung durch ein Isolierglas mit besserem U-Wert ersetzt, ist die Glasfläche vielleicht nicht mehr die kälteste Fläche des Raumes. Der Tauwasserausfall kann nun an anderen Flächen der Außenwand auftreten und Bauschäden verursachen.

Es empfiehlt sich deshalb, einen Fachplaner hinzuzuziehen, der geeignete Vorschläge für eine Gesamtsanierung erstellen kann. Aus energetischer Sicht ist der Austausch gegen ein Dreifach-Isolierglas mit Ug-Wert 0,7 W/(m2K) und mit einem g-Wert von etwa 60 Prozent sinnvoll. ­Dies erfordert jedoch eine geeignete Fensterkonstruktion, die in der Lage ist, ein 3-fach-ISO mit einer Einbaudicke von mindestens 36 mm aufzunehmen. Die Beschläge müssen dabei in der Lage sein, das höhere Glasgewicht zu tragen. Aber auch mit dem Austausch gegen moderne Zweifach-Isoliergläser, Ug-Wert 1,1 W/(m2K), lassen sich erhebliche Verbesserungen erreichen.

Der Ersatz von Isoliergläsern (Ug von 1,7 bis 1,3 W/(m2K)) ist nur dann sinnvoll, wenn andere Gesichtspunkte wie das Alter der Verglasung, Farbneutralität oder veränderte Nutzungsanforderungen eine Rolle spielen (Sicherheit, Schallschutz etc.). Bei der Beurteilung der Energieeinsparung sollte immer der g-Wert der Verglasung berücksichtigt werden, da passive Solargewinne durch optimierte g-Werte der Verglasung den Energieverbrauch spürbar senken können.

Die EnEV 2009, die seit 1. Oktober in Kraft ist, fordert auch für den Glastausch einen deutlich verschärften Höchstwert. Für die Isolierverglasung wurde der Wert gegenüber der EnEV 2007 von 1,5 auf 1,1 W/(m2K) heruntergesetzt, für das gesamte Fenster von 1,7 auf 1,3 W/(m2K).

Falls das Fenster eine Verglasung mit einem Ug-Wert von 1,1 W/(m2K) aus technischen Gründen ­ nicht aufnehmen kann, so kann nach Anlage 3 Abschnitt 2 der EnEV 2009 auch eine Verglasung mit einem Wärmedurchgangskoeffizienten von 1,3 W/(m2K) eingesetzt werden. Die Anforderungen der EnEV nach Abschnitt 3 sind immer dann einzuhalten, wenn die Fläche der geänderten Bauteile – also hier der Verglasung – mehr als zehn Prozent der jeweiligen Bauteilfläche des Gebäudes betreffen. Die einfache Reparaturverglasung fällt also nicht unter die EnEV.

Zu beachten sind auch die Regelungen der EnEV für Sonderverglasungen in Anlage 3 Tabelle 1 Absatz 3b, z.B. Schallschutz- oder Sicherheitsgläser.

Systemeingriff Fenstertausch

Neben den energetischen und funktionalen Gründen gibt es auch gestalterische Motive, die für einen Austausch des gesamten Fensters ­sprechen. Mit neuen Fenstern sind andere Abmessungen, Formen und Materialien realisierbar und mit raumhohen Fenstern lässt sich die Ausleuchtung der Innenräume mit Tageslicht erheblich verbessern. Beim Austausch der Fenster können auch Schwachstellen des Baukörperanschlusses behoben werden, z.B. Wärmebrücken oder undichte Abdichtungen, sodass das Gesamtsystem „Fenster-Fassade“ sich deutlich verbessert.

Die Fenstererneuerung im Bestand bedeutet ­­allerdings einen erheblichen Eingriff in das vorhandene Gleichgewicht des Gebäudes, z.B. ­ergibt sich ein reduzierter nutzerunabhängiger Luftwechsel aufgrund dichterer Fensterkon­struktion und Einbaufugen oder es sind zusätzliche Sonnenschutzmaßnahmen notwendig, wenn die Fensterfläche vergrößert wird. Deshalb ist die sorgfältige Planung und Bauaufnahme durch ­einen Architekten, Gebäudeenergieberater oder den Fensterhersteller bzw. -lieferant notwendig. Auch die Montage ist komplexer und auf­wendiger und sollte durch qualifizierte Firmen ausgeführt werden, um unliebsame ­Bauschäden zu vermeiden. Dabei kann der vom ift Rosenheim erarbeitete „Leitfaden zur Planung und Ausführung der Montage von Fens­tern und Haustüren“ mit vielen Checklisten, Zeichnungen und Erläuterungen eine wertvolle Hilfe leisten.

Die Autoren

Jürgen Benitz-Wildenburg leitet am ift Rosenheim die Unternehmens-Kommunikation.

Michael Rossa leitet als Physiker am ift die Bereiche Glas, ­Baustoffe und Bauphysik.

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