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Sonnen- und Blendschutz

Ganzheitliche Planung ist ein Muss

Fassaden als Energiemanager sind heute eine integrale Komponente eines komplex funktionierenden, energieeffizienten Gebäudes.

Die Zeiten, in denen Planer sich mit der Optimierung von Einzeleigenschaften befassen und sich erst nach Beschwerden durch die Nutzer Gedanken über blendfreie Arbeitsplätze, über einen funktionierenden Sonnenschutz oder eine ausreichende Versorgung mit Tageslicht machen, sollten der Vergangenheit angehören. Ziel muss eine ganzheitliche Planung sein, die die Faktoren, die den visuellen und thermischen Komfort beeinflussen, umfassend berücksichtigen. Die hierfür erforderlichen Planungstools sind vorhanden.

An Glas, Fenster und Fassaden werden u.a. die folgenden bauphysikalischen Anforderungen gestellt:

  • Wärmeschutz,
  • Sonnenschutz für behagliche Innentemperaturen,
  • ausreichende Beleuchtung des Raumes mit natürlichem Tageslicht und
  • Blendfreiheit im Innenraum, insbesondere von Arbeitsplätzen (visueller Komfort),
  • Sichtverbindung nach außen.

Hierbei sind die vom Planer gestellten Anforderungen teilweise entgegengesetzt. So wirkt bei konventioneller Planung ein Sonnenschutz immer der Anforderung einer ausreichenden Versorgung mit Tageslicht entgegen.

Erschwerend kommt hinzu, dass die Fassade auf die tages- und jahreszeitlichen Schwankungen des solaren Strahlungsangebotes und der Außentemperatur reagieren muss, um ein behagliches Klima im Innenraum zu gewährleisten.

Statische, konservative Systeme sind hierzu meist nicht in der Lage, da sie eine Größe zu Ungunsten einer anderen Größe optimieren und sich nicht variabel auf die veränderten Bedingungen einstellen können. So kann mit einem Rollladen ein sehr effektiver Sonnenschutz umgesetzt werden. Ergebnis dieser Optimierung sind jedoch dunkle Innenräume, die im Zweifelsfall mit Kunstlicht beleuchtet werden müssen. Für bestimmte Wohnungsnutzungen im Privatbereich, wo der Nutzer am Tag abwesend ist, kann diese Strategie aber durchaus sinnvoll sein. Entscheidend ist immer die Verwendung des Raumes bzw. des Gebäudes. Im Regelfall sind jedoch Konzepte gefordert, die eine uneingeschränkte Nutzung des Raumes zulassen.

Ohne den Nutzer geht es nicht

Ein weiterer, wesentlicher Faktor ist der Nutzer selbst. Selbst wenn eine sachkundige Bedienung unterstellt wird, ist er bei Abwesenheit nicht in der Lage, auf veränderte Umweltbedingungen zu reagieren. So sind in den Wintermonaten und in der Übergangsjahreszeit passive solare Gewinne durchaus gewünscht. Ein Zuviel führt jedoch zu einer Überhitzung des Raumes. Auf diese Situation kann der Nutzer in Abwesenheit nicht reagieren.

Bei der zunehmenden Anzahl von Single-Haushalten und Haushalten mit berufstätigen Paaren sind automatische Steuerungssysteme eine interessante und wünschenswerte Entwicklung, die auch im Wohnungsbau zu einer weiteren Steigerung der Energieeffizienz führt.

Was ist nun behaglich? Behaglichkeit als subjektives menschliches Empfinden lässt sich nicht eindeutig durch eine Größe angeben. Es kann jedoch ein Bereich angegeben werden, den eine überwiegende Anzahl von Nutzern als behaglich empfindet. Zur Beschreibung dient die operative Temperatur, die nicht nur die Lufttemperatur, sondern auch die Wärmestrahlung der raumumschließenden Flächen berücksichtigt.

Auch die Blendung durch ein Zuviel an Licht ist zu berücksichtigen. So ist die Sonne eine der intensivsten Lichtquellen. Hier hilft nur, den unmittelbaren Sichtkontakt zu verhindern. Eine Reduzierung der Transmission ist in diesem Fall nicht ausreichend. Weiterhin ist die Blendung durch Reflexion, wie sie zum Beispiel bei Bildschirmarbeitsplätzen vorhanden ist, zu berücksichtigen.

Wohin mit Sonnewärme und Licht?

Die Aufgabe eines Sonnenschutzsystems ist die Reduzierung der solaren Einstrahlung in den Raum. Weitere Funktionen wie Blendschutz und Tageslichtlenkung können ggf. noch als zusätzliche Funktion integriert sein.

Sonnenschutzgläser sind die klassische Antwort der Glasindustrie zum Thema Sonnenschutz. Hierbei wurden in den letzten zehn Jahren hochselektive, neutrale Beschichtungen mit einer Lichttransmission entwickelt, die doppelt so hoch ist wie der jeweilige Gesamtenergiedurchlassgrad. Es lässt sich daher durchaus eine hohe Lichttransmission mit einem niedrigen g-Wert kombinieren. Die im Scheibenzwischenraum integrierte Beschichtung ist hinsichtlich der Werte nicht variabel. So sind die einmal gewählten strahlungs-physikalischen Werte statisch festgelegt.

Besonders niedrige g-Werte haben zudem den Nachteil, dass die natürliche Ressource Tageslicht nicht optimal, insbesondere in der Raumtiefe, genutzt werden kann. Positiv sind jedoch die optimale Sichtverbindung nach außen und die Wartungsfreiheit des Sonnenschutzes, da sie im Scheibenzwischenraum geschützt liegt. Ein Blendschutz ist bei direkter Sonneneinstrahlung nicht gegeben und muss zusätzlich sichergestellt werden. Die elektrochrome Verglasung ist als Sonnenschutzglas variabel. Es ist ein Verbundglas mit einer ionenleitfähigen Polymerfolie, auf dessen innerer und äußerer Floatglasscheibe eine transparente, elektrisch leitfähige Beschichtung (TCO) aufgebracht ist. Diese dient als Elektrode zur Ansteuerung der elektrochromen Verglasung. Hierdurch sind der Gesamtenergiedurchlassgrad und damit auch der Lichttransmissionsgrad elektrisch in einem weiten Bereich steuerbar.

Wärmeschutzgläser mit ihrem hohen g-Wert und der hohen Lichttransmission erfordern immer einen zusätzlichen Sonnenschutz und je nach Nutzung auch einen Blendschutz. Das Fehlen solche Einrichtungen kann sicherlich als Planungsfehler bezeichnet werden.

Der Sonnenschutz kann hierbei auf der Witterungsseite, im Scheibenzwischenraum oder innen liegend angeordnet sein. Physikalisch gesehen ist ein außen liegender Sonnenschutz am wirkungsvollsten. Diese Regel gilt aber nicht mehr uneingeschränkt, da optimierte Lamellensysteme mit spezieller Lamellengeometrie durchaus eine vergleichbare Sonnenschutzwirkung erzielen. Entscheidend ist, dass der innen liegende Sonnenschutz, der auch die Funktion des Blendschutzes und der Tageslichtlenkung übernehmen kann, reflektierend ist. Besondere Lamellengeometrien, wie etwa die vom Fraunhofer-Institut entwickelte Genius-Lamelle, hat die Effizienz dieser Produkte deutlich verbessert.

Systeme zur Tageslichtlenkung erzeugen kein zusätzliches Licht. Das vorhandene Licht wird nur optimal in die Raumtiefe verteilt und erzeugt so einen erhöhten visuellen Komfort. Die künstliche Beleuchtung wird heute leider immer noch zu oft ohne das Potenzial Tageslicht geplant. Sonnenschutz, Blendfreiheit und Tageslichtlenkung können als Aufgabenstellung nur in Verbindung mit einer innovativen Steuerung und einer künstlichen Beleuchtung für den Nutzer gelöst werden. So werden wertvolle Energieeinsparpotenziale genutzt. Nicht ein „Entweder-oder“, sondern ein „Sowohl-als-auch“ muss der Grundsatz für die Planung sein. —

Michael Rossa

Wissenswertes in Kürze

  • Fenster und Fassaden sollten immer mit Sonnenschutz geplant werden, wobei auf eine ausreichende Sichtverbindung von innen nach außen zu achten ist.
  • Ein außen liegender Sonnenschutz oder im Isolierglas integrierter Sonnenschutz ist am wirksamsten.
  • Auskunft über die Wirkung des Sonnenschutzes gibt der Abminderungsfator F<sub>c</sub>: Je niedriger der F<sub>c</sub>-Wert, desto besser ist der Sonnenschutz in seiner Wirkung. Zu beachten ist, dass der F<sub>c</sub>-Wert immer nur für eine bestimmte Kombination von Isolierglas und Sonnenschutz gilt.
  • Wird der Sonnenschutz innen liegend ggf. auch als Blendschutz geplant, ist auf einen nach au&szlig;en reflektierenden Sonnenschutz zu achten, da die absorbierte Solarstrahlung aufgrund des hohen Wärmedurchlasswiderstandes des Isolierglases im Raum bleibt. Generell gilt: Reflektieren ist besser als Absorbieren.
  • Für einen Rollladen (F<sub>c</sub> = 0,3) sind die Anforderungen an einen ausreichenden sommerlichen Wärmeschutz erfüllt. Diese Form des Sonnenschutzes ist nur für Räume geeignet, die tagsüber nicht genutzt werden, da der Rollladen lichtundurchlässig ist.
  • Eine automatische Steuerung des Sonnenschutzes bei Abwesenheit des Nutzers sorgt für verbesserten thermischen Komfort.
  • Ideal für eine verbesserte Energieeffizienz sind Systeme zur Tageslichtlenkung, die auch den Sonnen- und Blendschutz übernehmen. Diese Systeme erzeugen kein zusätzliches Licht, sorgen aber für eine verbesserte Lichtverteilung am Fenster und in der Raumtiefe und damit für einen deutlich verbesserten visuellen Komfort.

Der Autor

Michael Rossa ist im ift Rosenheim Prüfstellenleiter für den Glasbereich und ­Lehrbeauftragter an der Hochschule Rosenheim für den Bereich Glas und PV.

E 1212 + E 1213

Die ift-Sonderschau „effizient + sicher“ auf der R+T 2012 im Eingangsbereich Ost ­beleuchtet das Themenfeld Sonnenschutz und Automation.

https://www.ift-rosenheim.de

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