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Bauelemente immer sicherer machen

_ Die Steigerung der Einbruchkriminalität im Jahr 2012 um 8,7 Prozent hat in der Politik dazu geführt, dass über eine verpflichtende einbruchhemmende Ausführung von Bauteilen in Deutschland diskutiert wurde. Zwar wurde dieses „holländische Modell“ vorerst abgelehnt, eine immer größer werdende Bedeutung von WK- bzw. RC-Elementen in der Praxis ist jedoch schon jetzt mit stark steigender Tendenz sehr gut erkennbar.

Einbruchhemmende Bauteile müssen durch gestiegene Einbruchdelikte immer häufiger ihre Fähigkeiten auch in der Praxis unter Beweis stellen. Dass aktuell 42 Prozent der Einbruchversuche durch mechanische Sicherungen verhindert werden, zeigt, dass mit den Dokumenten der Normenreihe DIN EN 1627 bis DIN EN 1630 sehr praxisnahe und erfolgreiche Anforderungs- und Prüfnormen vorliegen.

Einsatzmöglichkeiten und Grenzen

Durch die in DIN EN 1627 erweiterten Aufbauten geeigneter Wände für die Montage von einbruchhemmenden Bauteilen wurde ein weiterer Schritt für die bessere Umsetzung in der Praxis erreicht und mit sehr guter Resonanz bestätigt (lesen Sie dazu auch den Beitrag von Jürgen Küenzlen über die einbruchhemmende Montage in der Dämmebene auf Seite 96).

Kritisch ist der Einbau von einbruchhemmenden Elementen in Wände mit hochwärmedämmenden, sehr porösen Steinen, da die Mindestanforderungen nicht erfüllt werden und das umgebende Material die benötigte Druckfestigkeit nicht aufweist. Aber auch hier versuchen die Hersteller, diese Lücke zu schließen und praktikable Lösungen durch Prüfnachweise zu finden.

Auch einbruchhemmende Fenster und Türen werden zunehmend mit verdeckten Beschlägen, schmalen Profilen mit optimierten oder sogar ohne Verstärkungen erfolgreich geprüft. Somit kann auch der Spagat zwischen Sicherheitstechnik und architektonischen sowie energetischen Anforderungen erfüllt werden. Speziell bei öffentlichen Ausschreibungen ist die Widerstandsklasse RC 2 nahezu zum Standard geworden. Höhere Widerstandsklassen sind dort aber auch keine Rarität mehr. Die richtige Auswahl der benötigten Widerstandsklasse ist von mehreren Faktoren abhängig.

Wichtig ist hier jedoch der Begriff der „Einbruchhemmung“ – mit dem Zeitfaktor als Täterabwehr.

Einen hundertprozentigen Schutz wird es nicht geben.

Durch die Kombination von Mechanik und Meldeanlagen kann aber selbst im Hochsicherheitsbereich ein sehr hohes Niveau erreicht werden.

In Einzelfällen wurden jedoch auch bereits geprüfte einbruchhemmende Elemente überwunden. Die Ursachen sind jedoch meist leicht erklärbar und zu vermeiden.

Bei Fenstern ist es beispielsweise unabdingbar, den abschließbaren Fenstergriff auch abzuschließen und den Schlüssel abzuziehen, um somit eine Manipulation von außen vermeiden zu können oder zumindest zu erschweren.

Normanforderung und Prüfpraxis

Als positiver Nebeneffekt kommen „kindersichernde Eigenschaften“ durch ebendiese abschließbaren Fenstergriffe und das eingesetzte Sicherheitsglas zur Geltung. Bei der Prüfung einbruchhemmender Bauteile soll die Sicherheitsscheibe (z. B. Klasse P4 A) auf der Angriffsseite angebracht werden. In der Praxis kann diese im Normalfall entweder auf der Innen- oder der Außenseite eingesetzt werden. Üblicherweise wird die Sicherheitsglasscheibe auf der Innenseite eingesetzt und hat somit auch einen Schutzeffekt für den Innenraum. Die Floatscheibe auf der Angriffsseite hat den Nebeneffekt, dass Glasbruch und daraus resultierende Scherben den Täter abschrecken könnten.

Der Tabelle 2 auf Seite 22 ist zu entnehmen, dass die Widerstandsklasse RC 2 in zwei unterschiedliche Klassen aufgeteilt ist. Der Zusatz „N“ bei den Widerstandsklassen „RC 1 N“ sowie bei „RC 2 N“ steht für „nationale Anforderung“ und bedeutet, dass die Anforderung an die Verglasung national festgelegt werden kann.

In Deutschland ist beispielsweise der Einsatz von Normalglas ohne angriffshemmende Eigenschaften möglich. Somit existiert eine „normierte Klasse 2“, die einen Grundschutz gegen Hebelwerkzeug aufweist, jedoch den Einsatz von Normalglas möglich macht. Die Glasanbindung oder/und der Aufbau der Paneele müssen allerdings der geprüften Variante entsprechen. In anderen Ländern wird z. B. eine P2 A-Verglasung in der RC 1 N vorgeschrieben.

Möglichkeiten der mechanischen Nachrüstung

Fenster- und Türelemente im Bestand können auch durch Beschläge nach DIN 18104-1 für Aufschraubsicherungen und DIN 18104-2 für verdeckt liegende Beschläge nachgerüstet werden. Beide Normen wurden nach DIN EN 1627 ebenfalls aktualisiert und sind als Neufassung mit Ausgabedatum Mai 2013 erhältlich.

Da noch immer ein Großteil der verbauten Elemente mit Standardbeschlägen ausgestattet wird, wartet hier eine enorme Anzahl von Fenstern und Türen darauf, nachgerüstet zu werden.

Zwar lässt sich durch eine Nachrüstung keine Widerstandsklasse mehr erreichen, dafür kann man ohne den kompletten Austausch von Bauteilen ebenfalls einen sehr guten Widerstand gegen den Gelegenheitstäter erzielen. Nach den statistischen Auswertungen sind auch an solchen Bauteilen die Täter in der Regel gescheitert. Wichtig sind auch hier eine fachkundige Beratung und speziell die Umsetzung und die Montage in der Praxis.

Setzt man auf einen zertifizierten Fachbetrieb, weiß man, dass es sich um einen geschulten Errichter handelt, der auch einmal jährlich fremdüberwacht wird.

Angepasstes Zertifizierungsprogramm für Errichterbetriebe

Aktuell ist eine hohe Nachfrage nach zertifizierten Fachbetrieben für mechanische Sicherheitseinrichtungen festzustellen. Um auch die Spezialisierung der Betriebe im komplexen Gebilde der mechanischen Nachrüstung besser darzustellen, wurde das ift-Zertifizierungsprogramm „Fachbetrieb für mechanische Sicherheitseinrichtungen“ in drei Teile bzw. Module gegliedert.

Je nach Tätigkeit und Ausrichtung des Unternehmens stehen folgende Möglichkeiten zur Qualifizierung zur Verfügung:

  • Zertifizierter Fachbetrieb für mechanische Sicherungseinrichtungen – Nachrüstung mit Beschlägen aus dem Anwendungsbereich der DIN 18104-1 und/oder
  • Zertifizierter Fachbetrieb für mechanische Sicherungseinrichtungen – Nachrüstung mit Beschlägen aus dem Anwendungsbereich der DIN 18104-2 und/oder
  • Zertifizierter Fachbetrieb für mechanische Sicherungseinrichtungen – Montage und Einbau von geprüften und zertifizierten Bauelementen.

Die im Rahmen der Zertifizierung erforderliche Überprüfung von durchgeführten Nachrüstmaßnahmen an unterschiedlichen Objekten stellt sicher, dass die erstellten Sicherheitskonzepte hinsichtlich Angebotsphase, Planung und Konzeption sowie der Umsetzung auch entsprechend den zugrunde liegenden Normen durchgeführt wurden. Der Endverbraucher hat die Sicherheit, Unternehmen entsprechend ihrer Fähigkeiten zu finden. Die Errichterbetriebe können Inhalt und Umfang der Zertifizierung entsprechend ihrer Fähigkeiten auswählen.

Ausblick

Der Einsatz von einbruchhemmenden Bauteilen und deren Komponenten gewinnt zunehmend an Bedeutung. Diese Tatsache stellt sowohl eine Herausforderung bei der Umsetzung als auch eine große Chance auf dem Markt dar. Durch eine fachkundige Beratung hinterlässt der Anbieter nicht nur einen professionellen Eindruck beim Kunden, sondern bekommt mitunter auch einen lukrativeren Auftrag durch den Einbau von Sicherheitsbauteilen.

Viele Bürger denken bei neuen Fenstern nicht an einen Schutz gegen Aufhebeln; spätestens jedoch wenn im Bekanntenkreis eingebrochen wurde, rückt dieser Wunsch an vorderste Stelle.

Auch Systemgeber haben durch eine Auswahl von Standard- und Sicherheitsbauteilen bessere Möglichkeiten, einen Zuschlag zu bekommen, bei dem teilweise nur eine geringe Anzahl von einbruchhemenden Elementen gefordert wird.Sollte es zum Angriff kommen und das Bauteil hat dem Täter Widerstand geleistet, wurde wohl die beste Visitenkarte abgegeben.

Da es jetzt sogar schon nahezu Ganzglaslösungen in einbruchhemmender Ausführung gibt, sollte es nicht an den Varianten scheitern, um auch in Zukunft dem Treiben der „bösen Buben“ entgegenzuwirken. —

Hinweise zur Einbruchhemmung

 
  • Aktuell werden 42 % der Einbruchversuche durch mechanische Sicherungen verhindert.
  • Richtige Handhabung als oberste Priorität für den Anwender: Einbruchhemmende Bauteile können nur im geschlossenen, verschlossenen und verriegelten Zustand ihre Eigenschaften erfüllen. Ein gekipptes Fenster zählt nach wie vor als offenes Fenster.
  • Die beste Sicherung ist wirkungslos, wenn sie nicht richtig angewendet wird. Türen und abschließbare Fenstergriffoliven müssen „abgesperrt“ werden. Zusätzlich soll der Schlüssel abgezogen werden, um eine Manipulation von außen zu vermeiden.
  • Ein RC 2 Fenster mit abschließbarem Fenstergriff und Sicherheitsglas auf der Innenseite weist auch kindersichernde Eigenschaften auf.
  • Auf fachgerechte Montage und exakte Einstellung des Beschlags ist bei einbruchhemmenden Elementen besonders zu achten.
  • Am besten bereits bei der Planung an Einbruchhemmung denken und geprüfte, zertifizierte Bauteile einsetzen.
  • Auch Fenster und Türen im Bestand können nachgerüstet werden, um einen besseren Schutz gegen Aufhebeln zu erreichen.
  • Durch Kombination von mechanischer Sicherungstechnik und Meldeanlagen lässt sich auch mit normal bedienbaren Bauteilen ein sehr hohes Schutzniveau erreichen.
  • Der Verbraucher kann sich bei den kriminalpolizeilichen Beratungsstellen über sinnvolle Sicherungsmaßnahmen informieren.

Der Autor

Der Schreiner und Holztechniker Jens Pickelmann ist Prüfingenieur im ift Zentrum Türen, Tore, Sicherheit bzw. Labor Mechanik mit dem Aufgabengebiet Einbruchhemmung an Fenstern, Fassaden, Türen, Toren, Gittern und sonstigen Abschlüssen. Er ist Produktingenieur am ift im Geschäftsbereich A für Außenbauteile und Sicherheitstechnik. Dazu ist er fachlicher Seminarleiter und Referent für Einbruchhemmung und für die Ausbildung zum mechanischen Errichter.

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