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Im Interview mit Dirk Jantz und Christian Glatte

BIM wird das Bauen stark verändern

Glaswelt – Was hat das Planungstool BIM mit dem Verarbeiter zu tun?

Christian Glatte – Die Methode BIM unterstützt die Zusammenarbeit aller Beteiligten in allen Phasen eines Bauvorhabens. Wenn es um den Austausch von Informationen über die geplanten oder verbauten Bauelemente und ihre Eigenschaften sowie ihren Zustand geht, ist der Verarbeiter zugleich Bereitsteller als auch Nutznießer von diesen Informationen.

Dirk Jantz – BIM versucht möglichst umfassend Informationen über ein Bauprojekt zusammenzufassen und in unterschiedlicher Form nutzbar zu machen. Das geht weit über die 3D Modellierung zur Klärung der Geometrie hinaus. Allerdings sind die Informationen, die man aus einem BIM Modell herausziehen kann, immer nur so gut wie die Infos, die eingespeist wurden.

Prinzipiell kann ein BIM Modell den gesamten Lebenszyklus eines Projekts erfassen und für alle Beteiligten nutzbar machen. Das erfordert jedoch eine klare Zuordnung der Verantwortlichkeiten und die klare Definition der Anforderungen der Informationen. Ein Verarbeiter braucht ganz andere Infos als der Architekt oder ein Stadtplaner. Beim traditionellen Bauablauf liefert der Architekt die Informationen, die es dem Verarbeiter erlauben, seine eigenen Werk-/Detailpläne zu erstellen. Letztlich muss eine vergleichbare Abgrenzung in BIM erforderlich sein.

Glaswelt – Wo ist/wird BIM für Handwerker und Architekten relevant?

Glatte – Mittels BIM werden Anforderungen kommuniziert und der Handwerker erfährt vieles über ein Bauprojekt aus den BIM-Daten. Weiter lässt sich der Baufortschritt mittels BIM dokumentieren, sodass BIM für die Vergabe, die Projektarbeiten selbst sowie für die Abrechnung relevant sein kann. Auch Behinderungen oder Mängel- und Einwand-Behandlungen lassen sich mittels digitaler Methoden leicht anzeigen.

Jantz – Zunächst ist es für den Architekten wichtig, ganz klar zu definieren ob überhaupt eine BIM Information geteilt wird. Wenn ja, ist so eindeutig wie möglich vertraglich zu vereinbaren, welche Informationen geteilt werden, wer diese erhalten soll und welche Anforderungen die Empfänger haben. Es ist für den Architekten meist unmöglich die Information so aufzubereiten, dass sie z. B. für einen Facility Manager optimiert ist – insbesondere wenn die Anforderungen (noch) nicht definiert sind. Für den Handwerker ist zunächst die 3D Darstellung der Gebäudegeometrie bzw. der Konstruktion hilfreich. Auch bestimmte bauphysikalische und brandschutztechnische Eigenschaften können im BIM Modell repräsentiert werden.

Grundsätzlich sollte aber wie beim traditionellen Verfahren der Handwerker seine eigene Zeichnung und sein eigenes Modell erstellen. Allgemein kann man sagen, je mehr computergestützte Fertigungsprozesse in einem Gewerk Anwendung finden, desto größer ist das Potenzial.

Glaswelt – Was bedeutet das in der Praxis?

Glatte – Bereits heute verfügen viele Software-Lösungen für das Bauhandwerk über Funktionen für die BIM Methode, wie z. B. die Metallbaulösung „SchüCal“. Die Lösungen bieten zumindest die Möglichkeit, für einen Datenaustausch mittels des Standardformats IFC. Erste Erfahrungen in der Praxis zu sammeln ist nicht schwer und dann werden sich Umfang sowie Komplexität der ausgetauschten und im Projektalltag genutzten Informationen schrittweise weiterentwickeln.

Jantz – Wir versuchen so klar wie möglich abzugrenzen, ob, und wenn ja in welcher Form, BIM Informationen oder nur 3D Geometrie-Informationen geteilt werden und zu welchem Zweck und für wen. Das beginnt ganz früh im Prozess, schon bevor der Auftrag angenommen wird. Wenn wir BIM Informationen teilen, ist das meist zu Koordinationszwecken mit Fachingenieuren und um das Design hinreichend zu erläutern. BIM bietet Herstellern eine Möglichkeit, ihre Produkte als Elemente verfügbar zu machen und so in das Design einzufließen. Oft sind solche Elemente aber schwierig zu nutzen, wenn sie z. B. zu viel Infos enthalten, die für den Planer nicht relevant ist.

Glaswelt – Wie können sich Fassaden-/Metallbauer für BIM fit machen?

Jantz – Der BIM Arbeitsablauf erfordert mehr Information in den frühen Planungs- und Bearbeitungsphasen. Handwerker müssen ihre Mitarbeiter entsprechend qualifizieren, mit BIM Software umzugehen und – ganz wichtig – sie dafür sensibilisieren, dass der Prozess sich mehr zur Vorplanung hin verlagert. Das betrifft nicht nur die Lösung der Konstruktion, sondern auch die ganzen sekundären Informationen, die traditionell nicht unbedingt auf einer Zeichnung repräsentiert werden. Je mehr und besser die in BIM eingespeisten Informationen sind, desto besser sollte das Endergebnis sein.

Glatte – Es gibt vielfältige Weiterbildungsangebote rund um das Thema BIM seitens der Handwerkskammern oder spezialisierter Weiterbildungsanbieter. Für Metallbauer bieten die Software-Häuser zudem Webinare an.

Glaswelt – Braucht der Fassadenbauer spezielle Hardware?

Glatte – BIM stellt nicht direkt erhöhte Anforderungen an die Hardware. Mit einer zeitgemäßen 64-Bit-Computer-Ausstattung mit schnellem Multi-Core-Prozessor, ordentlichem Hauptspeicher und einem schnellem Solid-State-Drive (kurz SSD) ist man für BIM mit seinen steigenden Datenmengen gut gerüstet.

Glaswelt – Wo sehen Sie Bereiche, die noch nicht klar geregelt sind?

Jantz – Ganz wichtig ist, dass alle Parteien eine möglichst klare Vorstellung davon haben, was sie vom Einsatz von BIM erwarten können. Wie beim traditionellen Vertrag gilt, je klarer und eindeutiger Details geregelt sind, desto besser. Es gibt derzeit wahrscheinlich ähnlich viele Vorstellungen davon, wie und wofür BIM genutzt werden sollte wie es Nutzer und Auftraggeber gibt. BIM ist ein ganzheitlicher Ansatz, wobei die Informationen immer für alle bereitgestellt bzw. von allen geteilt werden. Anders als bei einer traditionellen Planzeichnung, die einen klar definierten Projekt-Bereich abdeckt. Wenn bestimmte Teile des Projekts weiter entwickelt sind als andere, diese Information jedoch als Ganzes geteilt wird, sind Unklarheiten und Widersprüche fast unvermeidbar. BIM ist ein Quantensprung, da der Informationsgehalt viel weiter reicht als bei herkömmlicher CAD Software, die eher auf die digitale Repräsentation der traditionellen Techniken von Zeichnung und Modell abzielt, um Geometrien und Konstruktionsdetails zu klären.

Glaswelt – Kann der Handwerker auch nach der Fertigstellung eines Projekts von BIM profitieren und wenn ja, wie?

Glatte – Ja, er kann sogar stark profitieren, denn der Löwenanteil der Lebenszykluskosten fällt in der Nutzungsphase an. Häufig werden hierfür über 80 % veranschlagt. Die Informationen über die tatsächlich eingebauten Bauelemente (sogenannte „as build“-Gebäudedatenmodelle) können die Grundlage für Wartungsverträge bilden. Werden diese systematisch genutzt und fortgeschrieben, entsteht ein hoher Nutzen für alle Seiten: für den Eigentümer, den von ihm beauftragten Betreiber, den Nutzer und teils auch für den Handwerker und für den Metallbauer, der beispielsweise die automatischen Türantriebe von Brandschutztüren regelmäßig wartet.

Jantz – Da gibt es vielfältige Möglichkeiten. Das fängt bei Folgeleistungen und Wartungsverträgen an. Die Information hat der Handwerker ja schon zur Hand und via Smartphone oder Tablet abrufbar. Mit der rasanten Entwicklung der Sensortechnik und dem Internet of Things ist es bald möglich, die Leistung und den Wartungszustand von Bauelementen konstant zu überwachen und so den Service zu verbessern und Daten zu erheben, die helfen, die eingebauten Produkte zu verbessern. Und das ist erst der Anfang. —

Die Fragen stellte Matthias Rehberger.

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