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BF & GGF: Glaskongress 2019 in Stuttgart

“Wir arbeiten mit dem schönsten Werkstoff“

_ Der Bundesverband Flachglas (BF) und die Gütegemeinschaft Flachglas e. V. (GGF ) hatten am 3. und 4. April zu ihrem Glaskongress 2019 nach Stuttgart eingeladen. Neben der Mitgliederversammlung drehte sich das Tagungsprogramm am zweiten Tag um Themen wie Industrie 4.0, Nachhaltigkeit und neue Glasarchitekturen.

Der Mittwoch (3. April 2019) war den Mitgliederversammlungen der beiden Verbände gewidmet. Im Rahmen seiner Hauptversammlung mit nur einer Enthaltung wurde Hans-Joachim Arnold von den Glaswerken Arnold aus Remshalden zum neuen Vorsitzenden gewählt. Er löst Thomas Dreisbusch ab, der nach 20 Jahren Verbandsarbeit im BF-Vorstand, davon 19 Jahre als dessen Vorsitzender, nicht mehr zur Wahl antrat.

Die neuen Vorstandsmitglieder

Der neue BF-Vorstandsvorsitzende Hans-Joachim Arnold (siehe Interview-Kasten) aus Stuttgart steht heute den Glaswerken Arnold vor. „Die Wahl zum neuen Vorsitzenden des BF freut mich ganz besonders. Ich fühle mich dem Verband seit vielen Jahren eng verbunden und bin froh, in meiner neuen Funktion die Belange dieser überaus umtriebigen Branche weiter voranbringen zu können“, so Arnold. „Wir müssen uns Gehör verschaffen und das müssen wir gemeinsam tun, denn es ist unser BF und jeder muss sich im Verband einbringen. Es geht nur gemeinsam.“

In den erweiterten Vorstand wurden neu gewählt: Lutz Gethke (Gethke Glas), Klaus Köhler (Köwa Isolierglas) und Hannes Spiß (Isolar Glasberatung). Sie lösen Reinhard Cordes und Dr. Klaus Huntebrinker ab, die nicht mehr zur Wahl standen.

ESG ist sicherer als angenommen

Der zweite Tag begann mit dem Referat „Spontanbrüche von ESG: Der Heißlagerungstest ist besser als gedacht“ von Dr. Andreas Kasper aus dem R&D Centre von Saint-Gobain in Herzogenrath.

Kasper startete mit einigen Grundlagen: So kann Nickelsulfid nur dann einen Bruch auslösen, wenn es in der Zugspannungszone des Glases liegt. Tritt bis zu 10 Jahren nach dem Einbau kein Nickelsulfid-Bruch im Glas auf, ist eine künftige Bruchgefahr sehr unwahrscheinlich. Zudem führe nicht jeder Nickelsulfid-Einschluss zum Bruch. Etwa 3/4 der Einschlüsse sind harmlos und nur die restlichen 1/4 sind als kritisch zu betrachten.

Ein probates Mittel dagegen sei der Heat-Soak-Test. Aber wie sicher ist dieser Test? Nach zwei Stunden Haltezeit im Vorspannofen seien über 98 % der möglichen Brüche schon in der Ofenkammer erfolgt. Nach den Erfahrungswerten bei Saint-Gobain liegt die Effektivität des Heat-Soak-Tests bis dato bei 99,94 %.

Das Fazit des Referenten: Der Heat-Soak-Test ist noch besser als gedacht. Man könne allgemein sagen, dass ESG-H ein sehr sicheres Produkt ist, auch hinsichtlich der geforderten EN-Norm.

Vorgespannte ESG-H-Scheiben seien um Größenordnungen besser, als dies bisher mit einer Restversagenswahrscheinlichkeit von 10–5 angenommen worden sei. Dr. Kasper unterstrich, dass ESG-H bei Sicherheitsfragen mit Baumaterialien wie Stahl und Beton vergleichbar sei.

So gewinnt man neue Mitarbeiter

Erfrischend und ermunternd war der Beitrag „Fachkräftemangel und neue Fachkräfte gewinnen“ von David O’Sullivan, dem kaufmännischen Leiter der wiko Metallbautechnik aus Lübbecke.

Dieser Metallbauer hat keine Probleme mehr Mitarbeiter zu finden, denn das Unternehmen hat eine Strategie erfolgreich umgesetzt, um aus Migranten, motivierte Fachkräfte zu machen, die sich nicht nur für den Betrieb einsetzen, sondern auch zuverlässig sind und sich ins Team integrieren. „Die Hautfarbe und die Herkunft spielen bei uns im Betrieb heute keine Rolle.“

Vor drei Jahren stand auch die wiko Metallbautechnik vor dem Problem von zu viel Arbeit für zu wenig Fachkräfte. Was tun? „Wir versuchen es mit Migranten“, so David O’Sullivan. Warum? Die Aufnahme von Langzeitarbeitslosen hätte sich mehrfach nicht bewährt und ein Abwerben beim Wettbewerb, sei für seinen Betrieb keine Alternative.

Verstehen, was dem anderen fehlt

Es gäbe aktuell viele Migranten, die als mögliche Bewerber infrage kommen, lautete die Überlegung der Verantwortlichen im Betrieb. Gleichzeitig funktioniere die beste Integration auch durch Arbeit. Wenn Menschen sinnvoll beschäftigt sind und eine Aufgabe, sprich Arbeit haben, integrieren sie sich schneller in das Umfeld.

Zu Beginn hätte sich die Betriebsleitung drei Fragen gestellt: Gibt es Erfahrungen mit Migranten? Wer kann mir dabei helfen? Wie gelingt eine erfolgreiche Integration? Herausforderungen seien u. a. die Sprachbarriere, Bewusstsein für neue Arbeitsweisen sowie auch kulturelles Verständnis.

David O’Sullivan: „Wir wollten nur eine fremde Sprache und haben daher nur Syrer ausgewählt. Über das Arbeitsamt wurden dann 20 Interessenten in deutscher Sprache eingeladen. Als wir das hörten, wurde unsererseits noch eine Ausschreibung auf syrisch verfasst. Hierbei hat uns ein Bekannter geholfen, der die Sprache kennt und als Übersetzer tätig ist. Dieser war auch später in alle Maßnahmen mit involviert. Im Vorfeld haben wir eine Belegschaftsversammlung einberufen und den Kollegen unser Vorhaben erläutert, um Bedenken um den eigenen Arbeitsplatz zu entkräften“.

Von den eingeladenen Syrern seien dann 13 Mann für zwei Probearbeitstage eingeladen worden. Gleichzeitig wurden Paten unter den Kollegen benannt, die dann bei der Bewertung mit eingebunden waren. Sechs syrische Kollegen aus der ersten Runde arbeiten noch im Betrieb.

Bei den Probearbeitstagen war der Dolmetscher den ganzen Tag vor Ort. O’Sullivan: „Zuerst haben wir Gruppen von zwei oder drei Mann zusammen arbeiten lassen. Das hat nicht funktioniert, da die Syrer nur unter sich geblieben sind und nicht den Kontakt zum Paten gesucht haben, wie das geplant war. Danach mussten sie 1 : 1 mit ihrem Paten und weit weg voneinander arbeiten. Und das hat dann funktioniert. Gleichzeitig hatten wir noch Unterstützung von Schüco in Form eines Assistenz-Systems erhalten.“

Gelungene Integration

Das Resümee von David O’Sullivan: „Mit einem guten Konzept ist die Gewinnung und Beschäftigung von Asylbewerbern gar nicht so schwierig, wie man vielleicht zu Anfang meint, man muss sich nur trauen. Wir haben ein sehr gutes Feedback von den syrischen Mitarbeitern erhalten und diese sind sehr motiviert und auch dankbar über die Stelle. Es braucht natürlich auch etwas Mut und es gilt, sich gut vorzubereiten. Rückblickend kann ich guten Gewissens sagen, aller Aufwand hat sich gelohnt. Heute haben wir keinen Fachkräftemangel mehr.—

Matthias Rehberger

Interview mit Hans-Joachim Arnold, dem neuen BF-Vorstandsvorsitzenden

GLASWELT – Wie fühlt man sich als frisch gewählter BF-Vorstandsvorsitzender?

Hans-Joachim Arnold – Gute Frage. Ich fühle mich gut.

GLASWELT: – Was war der Auslöser das Amt zu übernehmen?

Arnold – Vorab haben wir uns, das heißt die BF-Geschäftsleitung und der Vorstand, entsprechend abgestimmt, was die Ziele und die Entwicklung des Verbands angeht. Außerdem mussten wir schauen, ob die Chemie stimmt.

GLASWELT: – In welchen Bereichen muss die Glas-Branche aktiver werden?

Arnold – Die Branche muss generell mehr zusammenrücken und enger zusammenarbeiten.

GLASWELT – Wo sehen Sie wichtige Punkte, die der Verband angehen sollte?

Arnold – Der Verband leistet gute Arbeit und diese gilt es fortzuführen. An dieser Stelle auch noch einmal mein Dank an Thomas Dreisbusch, meinen Vorgänger. Das ist für mich ein guter Ansporn hier anzusetzen. Allerdings bin ich ein ganz anderer Typ und das wird sich auch bei der Arbeit zeigen.

GLASWELT – Was erwarten Sie als Team-Player vom Team?

Arnold – Für mich ist es wichtig, dass wir uns mit Themen kritisch auseinandersetzen und dass wir keine Scheu haben, kritisch und auch konträr zu diskutieren, immer mit dem Ziel einer guten und tragbaren Lösung vor Augen. Und wir haben auch einen gut funktionierenden Verband, dank einer guten Geschäftsleitung, die ein starkes Team ist.

GLASWELT – Sie suchen die Zusammenarbeit mit anderen. Mit welchen Organisationen und bei welchen Themen soll der BF künftig mehr zusammenarbeiten?

Arnold – Hier stehen in erster Linie bereits die vorhandenen Verbindungen, etwa zum VFF und den Beschlagsverbänden. Wobei wir bei aller Zusammenarbeit jedoch unsere eigenen Interessen bezüglich Glas nicht vergessen dürfen.

GLASWELT – Was wünschen Sie der Branche?

Arnold – Das wir unsere Chancen als Branche erkennen und nutzen, denn Glas ist der schönste Werkstoff der Welt.

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