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Warum bauen wir Häuser nicht wie Autos?

Wohin entwickeln sich Fassaden? Die fünfte Auflage der Konferenz “The Future Envelope“ am 19. Mai in Delft zeigte, wie sich Bauprozesse verbessern und Fassaden durch Wissenstransfer weiterentwickeln lassen. Fachreferenten aus verschiedensten Disziplinen gaben Anregungen für neue Fassadenmodelle und -anwendungen.

Die Veranstalter Prof. Ulrich Knack (l.) und Tillman Klein freuten sich über die gelungene Konferenz und das positive Feedback der 180 Teilnehmer. - Matthias Rehberger, GLASWELT - © Matthias Rehberger, GLASWELT
Die Veranstalter Prof. Ulrich Knack (l.) und Tillman Klein freuten sich über die gelungene Konferenz und das positive Feedback der 180 Teilnehmer. - Matthias Rehberger, GLASWELT
„Wir von der Fassaden-Research-Gruppe (der TU Delft) sehen gegenwärtig zwei große Trends bei der Weiterentwicklung von Fassaden: Energie und Material“, so Prof. Ulrich Knaack, vom Institut für Bautechnik der TU Delft. „Wobei wir bei den Materialien in Zukunft noch erstaunliche Möglichkeiten entdecken werden.“

„Ein kalter Tag im Winter erfordert ganz andere Fassaden-Eigenschaften als ein heißer Sommertag, darauf muss die Gebäudehülle reagieren“, so Prof. Andreas Fuchs, FH Rhein-Main in Wiesbaden (www.fat-lab.de): Ein solches System sei das 2 ° Concept von Schüco, das er mit entwickelt hat. Es diene der Wärmedämmung, dem Sonnenschutz und der Energiegewinnung.

Durch flexible Layer-Technologie (Schichten-Technologie) kann man das Gebäude entsprechend Jahres -und Tageszeiten mehr oder weniger öffnen oder schließen, um die Heiz- und Kühlenergie zu minimieren. Dies erfolge mittels lichtdurchlässiger Funktionselemente mit integrierten PV-Modulen, die gleichzeitig zur Verschattung und Stromgewinnung genutzt werden können.

Man muss nicht alles selbst entwickeln
Nach jeder der 4 Sessions gab es eine Diskussionsrunde mit den Referenten. - Marcel Bilow - © Marcel Bilow
Nach jeder der 4 Sessions gab es eine Diskussionsrunde mit den Referenten. - Marcel Bilow
Produktdesigner Prof. Wim Poelman, Uni Twente (NL), unterstrich die Notwendigkeit, die Entwicklungszyklen zu beschleunigen. Dazu sei der Technologietransfer aus unterschiedlichen Bereichen sinnvoll und notwendig: „Schauen Sie nach rechts und links, bevor Sie etwas Neues im Bereich Fassade entwickeln wollen. Vielleicht gibt es ja bereits in einem anderen Umfeld genau die Anwendung, die Sie brauchen.

Anne Beim, Kopenhagen, untersuchte die Frage, wie man industrielle Prozesse in nachhaltige Designstrategien um- bzw. übersetzt. Die Entwicklungsprozesse am Bau dauern zu lang. Das Minimum liegt bei 10 Jahren: „Warum können wir Häuser nicht so bauen wie Autos?“

Die Anwort: Auch wenn es bei Fassaden zunehmend Bestrebungen gebe, Fertigungsweisen aus der Automobilindustrie zu adaptieren, Gebäude sind keine Massenprodukte, sondern Maßanfertigungen, die vielfach in Handarbeit erstellt werden. Gleichzeitig arbeiten aber auch ganz verschiedene Gruppen zusammen, die sehr oft in ihren Arbeitsweisen nicht vergleichbar sind, etwa der Beton- und der Fassadenbauer. Für die Optimierung werde die Vorfertigung zunehmen interessanter. Dazu brauche man künftig aber genaue definierte Schnittstellen, die koordiniert werden müssen.

Nicht für den GU planen
An diesem Punkt setze Fassadenberater Lars Anders von Priedemann, Berlin (www.priedemann.de) an. Von der Planung bis zur finalen Umsetzung darf nichts verloren gehen, sobald das Projekt dem Generalplaner übergeben wird. Die planenden Ingenieure sollten deshalb in Zukunft für die praktische Umsetzung mehr Verantwortung übernehmen. Allerdings muss der Ingenieur wissen, wovon er spricht, damit die Planung im Bauprozess nicht gekippt wird. Anders: „Wir bauen oft auf eigene Kosten ein Fassaden-Mock-up (1:1 Modell). So belegen wir, was man umsetzen kann und haben auch die Kostenfrage im Griff.“

Prof. Dirk Broer, TU Eindhoven, zeigte Potenziale von organischen Nano-Materialen auf: Man könne Nano-Oberflächen zur Energiegewinnung und Steuerung von Bauteilen nutzen. Sowie Anwendungen, die bei Regen elektrische Impulse ausstoßen, um die Fenster zu schließen oder bei zu hoher CO₂-Konzentration diese öffnen. Man arbeite an Materialien, die sich bei hoher Sonneneinstrahlung aufstellen und bei Strahlungsrückgang zusammenziehen. Solche Systeme könnten für selbsttätige Sonnschutzlammellen eingesetzt werden. Die Herausforderung werde darin liegen, die Nano-Anwendung aus dem Labor in die Fassadenpraxis zu überführen.

Matthias Rehberger

Fassadenfachbücher bestellen
Die Fassaden-Research-Gruppe der TU Delft gibt neben den Büchern zu den Fachkonferenzen “The future envelope“ auch eine Reihe weiterer Bücher heraus.
Die Fassaden-Research-Gruppe der TU Delft gibt neben den Büchern zu den Fachkonferenzen “The future envelope“ auch eine Reihe weiterer Bücher heraus.
Die Fassaden-Research-Gruppe des Bautechnik-Lehrstuhls an der TU Delft gibt neben den Büchern zu den bislang fünf Fachkonferenzen „The future envelope“ auch die imagine- Buchreihe heraus. Diese konzentriert sich nicht nur auf technische Themen bei Fassade und Fassadenentwicklungen, auch Strategiefragen und Analysen der Anforderungen werden darin diskutiert.

Und die Buch-Serie "Prinzipien der Konstruktion" von U. Knaack, T. Klein, M. Bilow und Th. Auer, erschienen bei Birkhäuser, umfasst zwei Bücher: Fassaden sowie Komponenten und Verbindungen. Das dritte Buch zu Systemen wird in Kürze erscheinen. Erhältlich Sind die Bücher in den drei Sprachen: Deutsch, Englisch und Niederländisch; Chinesisch ist geplant.

Infos zu den Veröffentlichungen des Lehrstuhls findet man unter Fachbücher .

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