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Im Gespräch mit Holger Rexhausen Von Flachglas Wernberg

Seit 75 Jahren erfolgreich

Glaswelt – Flachglas Wernberg feiert sein 75-jähriges Bestehen. Was für eine Verpflichtung bedeutet das für Ihr Unternehmen?

Holger Rexhausen – Wir wollen und wir müssen ein zuverlässiger Arbeitgeber und guter Ausbildungsbetrieb sein. Da wir fest in der Region verankert und eng mit den Menschen hier verbunden sind, haben wir damit für unsere Mitarbeiter eine entsprechende Verpflichtung und richten unseren Fokus auf Nachhaltigkeit, nicht auf kurzfristige Gewinnmaximierung. Und das zahlt sich durch die Treue der Mitarbeiter aus, wir haben Jubilare, die seit über 40 Jahren im Betrieb arbeiten.

Glaswelt  – 1999 wurde das Werk aus dem Pilkington-Konzern gelöst und mit einem einzigartigen Modell der Mitarbeiterbeteiligug selbstständig. Wie bewerten Sie heute diesen Schritt?

Rexhausen – Es war die richtige Entscheidung, sonst gäbe es uns heute nicht mehr. Die entstandene Eigenverantwortung und unsere Konzernunabhängigkeit empfinde ich als sehr positiv. Meine Kollegen, die meisten davon sind Miteigner, sehen das genauso.

Heute hält eine Mitarbeiter-GmbH 51 % der Anteile, 49 % liegen bei Pilkington. Ausgangspunkt war, dass sich 1999 unsere Mutter auf die Glasherstellung konzentrieren wollte und das Veredlungsgeschäft in Deutschland abgestoßen hat. Um ihre Arbeitsplätze zu sichern, haben die Mitarbeiter den Betrieb übernommen.

Die Mehrheit der Kollegen sind zu gleichen Anteilen stille Teilhaber in der Mitarbeiter-GmbH und gleichzeitig Eigentümer über eine GbR. Die Mitarbeitereinbindung als Mehrheitseigentümer wird im Aufsichtsrat durch externe Wirtschaftsfachleute wahrgenommen. Grundsätzlich ist das Modell interessant, denn die Motivation ist deutlich höher. Wir müssen uns jedoch mit den selben wirtschaftlichen Zwängen wie der Wettbewerb ohne Mitarbeiterbeteiligung auseinandersetzen.

Glaswelt – Welche künftige Tendenzen sehen Sie bei der Glasveredlung?

Rexhausen – Das Interieur wird weiter wachsen. Als Themen stehen Design, Farbe und Druck im Vordergrund. Bei den Fassaden wird man am Green Building und an Energieeinsparung und -gewinnung (Gebäudeintegrierte PV) nicht mehr vorbeikommen. Allerdings sind bei den zugehörigen Isoliergläsern einfache Systeme gefragt, die Kosten spielen hier die entscheidende Rolle. Die Entwicklung hin zu 3-fach-Isolierglas sehen wir als ISO-Hersteller nicht unbedingt positiv, da die Produktionskosten in Relation zum Erlös gestiegen sind. Ob leichtes 3-fach-ISO zum Trend wird ist fraglich, da die Fensterbauer sich bereits mit ihren Profilen auf Standard-3-fach-ISO eingeschossen haben.

Glaswelt – Wo sehen Sie heute Gefahren für Veredler und ISO-Hersteller, und wo die Chancen?

Rexhausen – Die größte Gefahr für die Branche liegt im mangelhaften Verkaufen. Wir fertigen Hightech-Produkte, die die Branche teils unter Wert verschleudert. Ein niedriger Float-Preis bedeutet aktuell immer einen niedrigen Veredlungs-preis, statt eine bessere Marge daraus zu generieren. In der DACH-Region werden die Glasveredler nie die Kostenführerschaft erlangen. Ihr Ziel muss es sein, für Fensterbauer und Verarbeiter einen Mehrwert zu generieren. Mehr denn je sind Zuverlässigkeit, Qualität und Dienstleistungen für den Kunden gefragt, etwa bei der technischen Beratung, Logistik, Baustellenorganisation etc.

Glaswelt – Wie sehen Sie als europaweit tätige Firma die EU-Baukrise, wann wird es besser?

Rexhausen – Nach wie vor ist bei uns der Glasmarkt von Überkapazitäten geprägt. Weiter wird sich in den kommenden Jahren am Baumarkt in (Süd-)Europa nichts oder wenig ändern, es fehlt dort einfach an Geld. Wenn jetzt noch Billiganbieter in die DACH-Region schwappen, können wir dem nur mit besserem Service gegenübertreten.

Glaswelt – Dazu braucht es gute Mitarbeiter, die rar sind. Welche Strategie verfolgen Sie hier?

Rexhausen – Wir haben in der Region Vollbeschäftigung, deshalb legen wir großen Wert auf die Ausbildung eigener Fachleute. Der Anteil unserer 60 Auszubildenden macht über 10 % an der Belegschaft aus und zieht sich durch alle Bereiche. Weiter sind wir mit Hochschulen und Universitäten in enger Kooperation, um gute Führungskräfte zu gewinnen. Dabei setzen wir auch auf ein Duales Studium sowie Trainee-Maßnahmen.

Glaswelt – Die Flachglas Gruppe ist in den letzten Jahren stark gewachsen, was steht für das Jahr 2014 an?

Rexhausen – Wir sind mit unseren Tochterunternehmen gerade noch in einer Phase der Konsolidierung. Das muss sich erst fest etablieren, bevor wir an weitere Expansionen denken.

Die große Herausforderung wird für uns allerdings die Entwicklung der EEG-Umlage werden; diese kann für uns Kosten in Millionenhöhe bedeuten. Wir erarbeiten aktuell Energiekonzepte, um die EEG-Umlage positiv zu beeinflussen sowie um Energieverschwendung und -verbrauch noch weiter zu minimieren. Und last but not least wollen wir einfach Geld verdienen.—

Die Fragen stellte Matthias Rehberger, Chefredakteur der GLASWELT

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