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Interview mit Melanie Schaumann

Nachhaltigkeit — Strohfeuer oder lang anhaltender Trend?

Glaswelt – Sehen Sie im nachhaltigen Bauen einen kurzfristigen Trend?

Melanie Schaumann – Nein, auf keinen Fall. In vielen Gesprächen mit am Bau Beteiligten wie Architekten und Planern wurden unsere Eindrücke bestätigt, dass nachhaltiges Bauen auch international einen wichtigen Stellenwert einnimmt. Es geht ja nicht nur um die Umwelt und ein gutes Gewissen. Die zunehmende Knappheit an Ressourcen, die Verteuerung von Energie und der zukünftige Anspruch an eine hohe Recyclingfähigkeit der Produkte wird unsere Wirtschaft in den kommenden Jahrzehnten tiefgreifend beeinflussen.

Glaswelt – Was heißt das für die Bauindus­trie, insbesondere für die Bauproduktehersteller?

Schaumann – Als Hersteller sind wir gefordert, mehr Informationen zu unseren Produkten, deren Inhaltsstoffe und Bestandteile zu liefern als früher. Dies geschieht z.B. durch EPDs, also Umweltproduktdeklarationen. Bei Ausschreibungen ­ und Anfragen spüren wir diesen zunehmenden Informationsbedarf deutlich. Unsere Kunden und Partner erwarten mehr Informationen, übrigens auch über gesundheitliche Aspekte von Produkten, Kosten im Lebenszyklus oder chemische Inhaltsstoffe. Zertifizierungssysteme wie LEED, Green Star oder das der DGNB spielen aus unserer Sicht die Rolle eines Schrittmachers beim nachhaltigen Bauen. Der Trend verankert sich auch unabhängig von diesen Labels in der Breite. Wir möchten dieses wichtige Thema in unserem Marktumfeld voranbringen und so haben wir vor einem Jahr einen eigenen Bereich für das Thema Nachhaltigkeit geschaffen.

Glaswelt – Was sind dort Ihre Aufgaben?

Schaumann – Wir wollen zur Nachhaltigkeit von Gebäuden mit innovativen Produkten, umfassender Beratung und Service beitragen, dies betrifft u.a. die Energieeffizienz und Kosteneinsparungen im Lebenszyklus. Bei uns als internationalem Anbieter mit einem breiten Produktportfolio hat diese Stelle eine intern koordinierende Aufgabe und unterstützt den Informationsfluss der am Vertriebsprozess beteiligten Mitarbeiter und Partner für den Bereich Nachhaltigkeit.

Ein Beispiel: Gewerbliche Neubauten werden heute zunehmend unter Nachhaltigkeitsgesichts­punkten geplant und zertifiziert. Dabei werden neben dem Bauprozess vor allem die Bauteile unter die Lupe genommen. Allein, um uns an internationalen Ausschreibungen erfolgreich beteiligen zu können, ist u.a. ein Nachweis der Umweltverträglichkeit von Produkten wichtig, daher steuern wir alle Aktivitäten inklusive des EPD-Programms von hier. Dorma bietet mittlerweile EPDs für alle strategischen Produkte wie Türschließer, Drehflügeltürantriebe, automatische Schiebetüranlagen oder mobile Trennwände an.

Glaswelt – Lohnen sich die eigenen EPDs?

Schaumann – Wir sehen dies als großen Wettbewerbsvorteil. Unser Ziel ist es, bis zum Jahresende weitere produktspezifische EPDs anzubieten. Auch stellen wir fest, dass diese Transparenz durch Umweltdeklarationen bei Kunden sehr gut ankommt. Dies gilt auch für den nordamerikanischen Markt. Hier erleben wir eine dynamische Entwicklung, was Nachfragen zu nachhaltigem Bauen und Zertifizierung anbelangt. Die EPDs nutzen wir auch als internes Instrument, um die Ökobilanz unserer Produkte zu verbessern und Anstöße für Innovationen zu bekommen.

Glaswelt – Was für Anforderungen sehen Sie auf Glas- und ­Fensterverarbeiter im deutschsprachigen Markt ­zukommen?

Schaumann – Verarbeiter, die im Objektgeschäft tätig sind, müssen sich bereits mit Anforderungen zum nachhaltigen Bauen befassen, da sie sonst bei Angeboten für zertifizierte Projekte im Nachteil sind. Das Zertifizierungssystem der DGNB vergibt unter anderem Punkte für die Baustelle, den Bauprozess oder die Barrierefreiheit. Entsprechend steigen die Anforderungen an das Know-how der Firmen, da diese wissen müssen, welche Elemente des nachhaltigen Bauens für ihr Gewerk relevant sind. Diese Entwicklung bietet Verarbeitern auch Chancen. Sie können sich im Wettbewerb besser positionieren, gerade bei Fragen zur Qualität der Ausführung – denn ohne eine gute Ausführung erreicht ein Gebäude nie die von seinen Planern anvisierte Leistungsfähigkeit. Auch geht es um Know-how und Beratungskompetenz im Gespräch. Das betrifft mittelfristig auch private Bauherren im Einfamilien- und Wohnungsbau. So berichten Bauherren-Zeitschriften zunehmend über Nachhaltigkeitsthemen und sensibilisieren den Markt. Diese Sensibilisierung können Verarbeiter aufnehmen und zu ihrem Vorteil nutzen.­—

Die Fragen stellte Matthias Rehberger, Chefredakteur der GLASWELT.

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